Schwerte. Eine Nato-Draht-Barriere an einer Flüchtlingsunterkunft führt in Schwerte zu Entsetzen. Stadt stellt einen Zaun davor und prüft rechtliche Schritte.
Handys sind für viele Flüchtlinge die einzige Verbindung in ihre Heimat. In Schwerte hat das jetzt einen bizarren Streit ausgelöst. Aus Ärger über Flüchtlinge auf seinem Grundstück, hat der Geschäftsführer einer benachbarten Firma kurzum eine Barriere errichten lassen - mit Natodraht. Bei der Stadt ist man entsetzt.
"Das erinnert mich an den früheren Todesstreifen zur DDR", sagt Ulrike Schulte, Fachdienstleiterin für Stadtplanung und Bauen in Schwerte. Auf etwa zehn Metern Breite markiert die Barriere seit wenigen Tagen die Grenze zwischen dem Hinterhof der Flüchtlingsunterkunft an der Binnerheide 27 und dem dahinterliegenden Teil der Firma H. Hesse Kaltprofile & Bearbeitung. Der Natodraht "ist rasierklingenscharf" und um Stahlprofile gewickelt, die wie eine Panzersperre aussehen, beklagt Schulte.
Handyempfang ist nur hinter der Unterkunft gut
Um die etwa 20 Bewohner zu schützen, hat die Stadt deshalb einen Bauzaun vor die Barriere stellen lassen - mit Sichtschutz. Nachbarn berichten laut örtlichen Medien, dass es mit den Menschen aus u.a. Syrien, dem Irak und Afghanistan, keine Probleme gebe. Das Gebäude hatte die Stadt Anfang des Jahres von der Stahlbaufirma gekauft, um dort auch Flüchtlinge unterzubringen.
Das Problem ist der Handyempfang. Der sei nur hinter dem Haus vernünftig, bestätigte eine Stadtsprecherin. WLan habe man in den Unterkünften nicht. Das habe wohl dazu geführt, dass sich Bewohner hin und wieder und nur für "wenige Meter" auf dem Nachbargrundstück befunden hätten, um zu Telefonieren. "Hätte uns die Firma angesprochen, hätten wir das mit einem Zaun unterbunden", sagt die Stadt. Abgesehen davon: Der Blick auf das Gelände zeigt, dass die Bewohner der Flüchtlingsunterkunft auf dem Stück Gelände, das nun mit Natodraht abgeriegelt ist, den Firmenbetrieb in keinster Weise gestört haben, weil dort schlicht gar kein Firmenbetrieb passiert...
Rolf Siegel, Geschäftsführer der Stahlprofil-Firma und Initiator der Barriere, geht bei Anfragen zwar ans Telefon, legt aber hörbar genervt rasch wieder auf: "Ich gebe keinerlei Auskünfte an die Presse!" Der Versuch, sich im Guten zu einigen, sei an ihm abgeprallt, sagt Ulrike Schulte: "Er hat gesagt, die Stadt solle ihn dann eben verklagen". Das werde nun geprüft.
Vorbild dafür könnte eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden aus dem Jahr 2003 sein, sagt die Stadt: Aus Frust über Kinder, die an einem Fußballplatz immer wieder ein Nachbargrundstück betreten hatten, um Bälle aufzusammeln, hatte die Grundstückseigentümerin den Zugang mit Natodraht versperrt. Sie musste ihn schließlich entfernen. Wegen Verletzungsgefahr.