Wütende Demonstranten, knallende Feuerwerkskörper, Polizei in Schutzausrüstung, Flugdrohnen: Was wie eine heftige Protestaktion anmutet, ist eine Übung deutscher und tschechischer Polizisten und Zollbeamter.
Deutschneudorf. Wütende Demonstranten, knallende Feuerwerkskörper, Polizei in Schutzausrüstung, Flugdrohnen: Was wie eine heftige Protestaktion anmutet, ist eine Übung deutscher und tschechischer Polizisten und Zollbeamter. Rund 600 Bedienstete beider Länder haben an der Grenze bei Deutschneudorf und Mnisek im Erzgebirge am Mittwoch gemeinsam geprobt. Anlass dafür war der neue deutsch-tschechische Polizeivertrag, der Anfang Oktober in Kraft getreten war.
Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) nennt den Vertrag einen Baustein einer gut funktionierenden Zusammenarbeit der Behörden beider Länder. Als Beispiel nennt er den Fall vom November 2014, als es Fahndern gelang, in Leipzig 2,9 Tonnen eines Grundstoffs für die aggressive Partydroge Crystal zu beschlagnahmen. „Ohne gute Zusammenarbeit wäre das damals nicht möglich gewesen“, sagt er. Kein Verbrecher dürfe vermeintlich fehlende Kompetenzen nutzen, um grenzüberschreitende Straftaten zu begehen.
Ob Wohnungseinbrüche, Diebstähle oder Drogendelikte - mit dem neuen Polizeivertrag soll der Kampf gegen die grenzüberschreitende Kriminalität effektiver werden. „Wenn wir früher jemanden verfolgt haben, dann war 20 Kilometer hinter der Grenze für uns Schluss“, berichtet Polizeisprecher Holger Uhlitzsch. Mit dem Abkommen könnten die Verbrecher jetzt weiter ins Landesinnere verfolgt werden.
In den
ersten neun Monaten bis zum Inkrafttreten des neuen Polizeivertrages
sind die Bundespolizei und die sächsische Landespolizei nach eigenen
Angaben 10 Mal Tätern auf tschechisches Gebiet gefolgt. Auch der Einsatz
mit Fahrzeugen über die Staatsgrenze hinweg wird im neuen Vertrag
erleichtert - und der Einsatz von Schusswaffen. Die grenzüberschreitende
Nacheile - wie es im Fachjargon heißt - soll an diesem Donnerstag geübt
werden.
Für Beamte beider Seiten soll es jetzt noch einfacher sein, gemeinsam auf Streife zu gehen. Im vergangenen Jahr etwa ist die Bundespolizei in Sachsen nach eigenen Angaben zusammen mit ihren tschechischen Kollegen 175 Mal Streife gelaufen, im ersten Halbjahr 2016 waren es 110 Mal.
Seit Januar haben die Planer an dem Szenario für zwei Übungstage gefeilt. Besonders heikel sei bei solchen Einsätzen immer die Kommunikation, hieß es. Bei der Übung etwa eskortierten sächsische Polizisten den Zug der angenommenen Demonstranten - mit Wollmützen, dunklen Anoraks und Rucksäcken verkleidete Beamte - bis zur Grenzlinie. Dann wechselte im gemeinsamen Einsatzstab unmerklich die Führung: Die Sachsen gehorchten fortan tschechischen Anweisungen und rückten an die Seite. So etwas müsse trainiert werden, hieß es.
Einen Wunsch hatte Innenminister Ulbig dann noch: Das nächste Mal sollte auch die Terrorabwehr geübt werden, sagte er.