Frauke Petry muss um ihre Ämter fürchten

Erstveröffentlicht: 
17.10.2016
Meineid-Ermittlungen und Ärger um die sächsiche AfD-Landesliste belasten Parteichefin Frauke Petry.
  • Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen eventueller Falschaussagen zu Wahlkampf-Krediten.
  • Juristen fordern Neuwahlen wegen einer angeblich rechtswidrigen AfD-Landesliste 2014.
Warum das wichtig ist:
Würde Petry angeklagt und verurteilt, wäre ihre politische Karriere zu Ende.

Der Sommer war für Frauke Petry vergleichsweise angenehm. Nicht nur, weil die AfD-Chefin die Wahlerfolge ihrer Partei in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin feiern konnte. Sondern auch, weil sich Petry im parteiinternen Machtkampf mit ihren Widersachern um den anderen Bundeschef Jörg Meuthen und Parteivize Alexander Gauland behaupten konnte.

 

Doch der Herbst und der Winter können für Petry sehr ungemütlich werden. Denn in Sachsen, wo sie Partei- und Fraktionsvorsitzende ist, kann gleich mehrfach ein sehr schlechtes Licht auf sie fallen. Ja, dort könnte sie selbst fallen. Wegen Meineids.

 

Demnächst muss die sächsische Generalstaatsanwaltschaft entscheiden, ob sie gegen Petry Anklage wegen einer eidesstattlichen Falschaussage vor dem Wahlprüfungsausschuss des Landtags erhebt. Käme es dazu, wäre Petry ihre Immunität los. Wenn sie verurteilt würde, könnte sie nicht mehr Landtagsabgeordnete sein und auch nicht 2017 – wie sie es derzeit beabsichtigt – für den Bundestag kandidieren. 

 

War es Meineid?


Es geht um Vorgänge rund um die sächsischen Landtagswahlen im August 2014, wo die AfD auf 9,7 Prozent kam. Weil die Partei damals finanziell klamm war, soll es im Landesvorstand Absprachen gegeben haben, dass alle Listenkandidaten der AfD vorab einen Betrag von bis zu 3000 Euro leihen mussten. Laut Medienberichten soll zu den Absprachen auch gehört haben, dass Kandidaten, die es in den Landtag schafften, ihr Geld nicht zurückfordern durften, sondern der AfD spenden mussten.

 

Hierzu wurde Petry ein gutes Jahr nach der Wahl, im November 2015, im Wahlprüfungsausschuss des Landtags befragt, unter Eid. Da gab es laut „Spiegel“ zwei Auffälligkeiten. Zum einen sei Petry gefragt worden, ob die AfD-Kandidaten nach erfolgreichem Wahlkampf ihr Geld zurückfordern konnten. Petry habe dies bejaht. Tatsächlich aber, so der Bericht, habe in den Kreditverträgen gestanden, dass das Geld nach einem Erfolg der Kandidaten nicht zurückgezahlt, sondern als Spende verbucht werde.

 

Zum andern gibt es Widersprüche bei der Frage, ob Petry wissen wollte, wer von den Kandidaten den Kredit wirklich gewährte. Petry sagte, sie habe „erst circa ein Jahr nach der Wahl von den tatsächlichen Darlehen Kenntnis erhalten“. Doch der sächsische AfD-Generalsekretär Uwe Wurlitzer sagte dem Ausschuss, Petry hätte „nachgefragt, wer schon alles bezahlt hat“. Hat Petry also die Unwahrheit gesagt? Und war das Meineid? Die Beantwortung dieser Fragen durch die Staatsanwaltschaft – und eventuell durch ein Gericht – entscheidet über Petrys politisches Schicksal. 

 

Der Fall Arvid Samtleben


Hinzu kommt ein Vorgang, der ebenfalls mit jener Landtagswahl zu tun hat. Vor ihr nämlich wurde der AfD-Listenkandidat Arvid Samtleben durch den Landesvorstand von jener Landesliste gekippt, auf deren Platz 14 ihn ein Parteitag gewählt hatte. Das war rechtlich problematisch. Dennoch tilgten die gesetzlich vorgeschriebenen Vertrauensleute der AfD Samtleben von der Liste. Und diese dann wurde rechtzeitig zur Wahl von der Landeswahlleiterin und dem Wahlausschuss zugelassen.

 

Das war falsch, meinen nun einige Staatsrechtler und fordern im „Spiegel“, dass die ganze Landtagswahl wegen der unzulässigen AfD-Liste wiederholt werden müsse. Und dass der Wahlprüfungsausschuss des Landestags, der sich mit der Sache derzeit befasst, zu dieser Forderung nicht bereit sei, wird von manchen Beobachtern so interpretiert, dass die anderen Landtagsfraktionen keine Neuwahlen wollten – weil dann die AfD noch stärker würde.

 

Das aber weisen auch solche Landespolitiker zurück, die der AfD sonst gern eins auswischen und auch auf eigene Stimmenzuwächse hoffen könnten. Gemeint sind Abgeordnete der Linken. Einer von ihnen ist André Schollbach, der Petry wegen des Meineidsverdachts angezeigt hatte, nun aber bei Samtlebens Streichung von der Liste meint, man könne rechtlich nichts dagegen machen, dass die AfD-Vertrauensleute damals die Liste änderten. Es sei zwar, so Schollbach gegenüber der „Welt“, ein „undemokratischer Vorgang, Kandidaten von der Liste zu streichen“. Aber man müsse die in Sachsen gültige „Rechtslage beachten, die den Vertrauensleuten eine sehr starke Stellung zukommen lässt“.

 

Schollbachs Parteifreund Klaus Bartl, Mitglied im Wahlprüfungsausschuss, ergänzt, dass das bloße Streichen eines Kandidaten von der Landesliste nicht reiche, um Neuwahlen herbeizuführen. „Nach der mir bekannten Rechtsprechung“, so Bartl, „kommt es für unseren Ausschuss darauf an, ob die ordnungsgemäße Proporzzusammensetzung des Landtags beeinträchtigt wurde.“ Ob also die AfD 2014 wegen Samtlebens Streichung von der Liste mehr oder weniger Prozente bekam. Danach sieht es nicht aus. Insofern ist es sehr unwahrscheinlich, dass es vorgezogene Neuwahlen gibt. Das sehen die sächsischen Grünen ähnlich.

 

Nichts ändert dies aber am Geschmäckle, dass ein gewählter Kandidat von der Liste gekickt wurde. Und ganz unabhängig davon bleibt bei Petry die Frage der Meineidermittlungen.