Dubravko Mandic ist ein AfD-Rechtsaußen. Nun durchsuchte die Polizei seine Wohnung. Auf seiner Facebook-Seite hatte er Politiker in ein Foto der Anklagebank des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses hineinretuschiert.
Von Severin Weiland und Annett Meiritz
Dubravko Mandic ist in der AfD ein bekannter Mann. Der Jurist aus Freiburg ist Vizevorsitzender des baden-württembergischen AfD-Landesschiedsgerichts, vor allem aber ist er durch seine radikalen Einträge im Internet in der Vergangenheit aufgefallen. Auf seiner Facebook-Seite nannte er einst den US-Präsidenten Barack Obama einen "Quotenneger", auch bekannte er, dass sich die AfD von der NPD "vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerumfeld, nicht so sehr durch Inhalte" unterscheide.
Vor einem Jahr hatte Mandic auch noch ein Schwarz-weiß-Bild des Kriegsverbrecherprozesses von Nürnberg auf seiner Facebook-Seite gepostet und darin die Köpfe der 1945/46 von den Alliierten angeklagten NS-Größen durch die Konterfeis heutiger Politiker ersetzt. Eine mehr oder weniger subtile Botschaft, schließlich waren in dem damaligen Verfahren zwölf Todesurteile verhängt worden. Die Gesichter von Nazi-Politikern wie Hermann Göring und Adolf Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß hatte Mandic im Bild mit Aufnahmen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und von Bundespräsident Joachim Gauck ersetzt.
Auch die Köpfe der Grünen-Politiker Claudia Roth, Vize-Bundestagspräsidentin, Anton Hofreiter, Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Cem Özdemir, Grünen-Co-Parteichef und Ex-Außenminister Joschka Fischer und von SPD-Bundesvize Ralf Stegner tauchten in dem Bild auf, zusammen mit anderen Spitzen von Regierung und Opposition.
Diese Fotomontage hat für den Anwalt nun ein Nachspiel. Denn Roth, Hofreiter, Özdemir, Fischer und Stegner stellten laut einer Pressemitteilung von Mandic Strafanzeigen gegen ihn wegen Beleidigung. Bereits am Donnerstag wurde die Wohnung - und nach Mandics Angaben auch die Räume seiner Bürogemeinschaft in Freiburg - von der Polizei durchsucht.
Die Staatsanwaltschaft in Karlsruhe bestätigte eine Durchsuchungsaktion, ohne dabei jedoch den Namen von Mandic zu nennen. Hintergrund der Durchsuchung seien fünf Strafanträge, unter anderem der Grünen-Politiker Claudia Roth, Cem Özdemir und Anton Hofreiter gewesen. Dabei gehe es um den Vorwurf der Beleidigung, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Die Behörde habe ein Bild erhalten, das das Kriegsverbrechertribunal von Nürnberg zeige - einige Gesichter darauf seien gegen die aktueller Personen ausgetauscht worden. Die Betroffenen hätten daraufhin auf Nachfrage Strafantrag gestellt. Bei der Durchsuchung der Wohnung sei ein Laptop mitgenommen worden, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft am Freitag.
Scharfe und polemische Angriffe von Mandic und Frohnmaier
Das Büro der Grünen-Politikerin Claudia Roth bestätigte gegenüber SPIEGEL ONLINE die Strafanzeige gegen Mandic. Die AfD in Baden-Württemberg wiederum stellte die Fotomontage gar nicht erst in Abrede, griff jedoch mit äußerst scharfen Worten die Vorgehensweise der Behörden an. "Herr Mandic hatte vor mehreren Monaten eine polemisch-satirisch überspitzte Kritik über sein privates Facebook-Profil veröffentlicht, in dem er mittels einer Fotomontage die Gesichter der Angeklagten im NS-Hauptkriegsverbrecherprozess durch die Gesichter bekannter Politiker der Altparteien ersetzte", schrieb der Landespressesprecher im AfD-Landesverband, Markus Frohnmaier, in einer E-Mail.
Dass Frohnmaier die Pressemitteilung verfasste und dort auch Mandic zu Wort kommt, überrascht nicht: Er ist ein enger Weggefährte des Juristen (Lesen Sie hier ein SPIEGEL-Porträt über Frohnmaier), beide sind in der "Jungen Alternative" aktiv, Frohnmaier ist zudem Vorsitzender des AfD-Nachwuchses und Pressesprecher der AfD-Co-Bundesvorsitzenden Frauke Petry. Die Durchsuchungsaktion bei Mandic verurteilte Frohnmaier als massiven Eingriff in die Meinungsfreiheit: "Unliebsame Politiker" der AfD sollten dadurch "mundtot" gemacht werden, behauptete er.
Mandic selbst reagierte ebenso rabiat: Er nannte die Hausdurchsuchung "unverhältnismäßig", Staatsanwaltschaft und Polizei hätten sich davon beeindrucken lassen, dass der Strafantrag von mehreren bekannten Politikern komme. "So operiert nur ein Unrechtsstaat", heißt es in seiner Stellungnahme. Ähnlich scharf urteilte auch Frohnmaier, der seinen Parteifreund zum Opfer staatlicher Willkür machte: "In der Türkei werden Leute für Meinungsäußerungen wie die von Herrn Mandic regelmäßig eingesperrt. Wollen Frau Roth und Konsorten jetzt türkische Verhältnisse auch in Deutschland?"
Ein Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion reagierte am Freitag kühl, bestätigte die Strafanzeigen gegen Mandic durch die Abgeordneten Roth, Özdemir und Hofreiter und verteidigte sie ausdrücklich: "Demokratische Auseinandersetzung kennt Grenzen. Wir stellen uns klar gegen Hass und Hetze."