Uwe Böhnhardt und Fall Peggy: DNA-Probe vermutlich nicht verunreinigt

Erstveröffentlicht: 
14.10.2016

Mit dem Fund des DNA des mutmaßlichen NSU-Terroristen Böhnhardt wird ein Zusammenhang mit dem Mordfall Peggy wahrscheinlicher. Laut BR kann die Probe nicht verunreinigt sein, weil die Fälle in unterschiedlichen Instituten untersucht wurden. Ähnlich äußerte sich das BKA.


Welche Verbindung gibt es zwischen dem mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und der 2001 ermordeten Peggy? Seit Jahren verlaufen die Ermittlungen der Kriminalisten ins Leere. Die Erklärung, dass die DNA-Probe verunreinigt sein könnte, kann nun nach Informationen von BR-Reporterin Birgitt Roßhirt mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen werden.

Demnach ist die Meldung falsch, dass beide Fälle im selben rechtsmedizinischen Institut untersucht wurden. Zwar wurden die sterblichen Überreste des NSU-Terroristen im November 2011 und auch die des Mädchens im Juli 2016 in der Rechtsmedizin in Jena untersucht. Die nun nachgewiesene DNA-Spur Böhnhardts wurde jedoch an einem Stofffetzen sichergestellt, der zu einer Decke gehören könnte und nicht unmittelbar neben dem Skelett lag. Und dieses fingernagelgroße Stück Stoff wurde von einem Rechtsmediziner des Landeskriminalamts in München untersucht.

"Völlig neue Wendung im Fall Peggy"

Damit werde es immer wahrscheinlicher, dass es eine Verbindung zwischen beiden Tatkomplexen gibt, sagt Roßhirt. "Spontan gingen alle von einer Verunreinigung aus, weil es einfach zu unwahrscheinlich erschien, dass sich zwei so große Kriminalfälle verquicken", so Roßhirt. Der Fall Peggy erhalte eine völlig neue Wendung.

Dennoch will der Leitende Bayreuther Oberstaatsanwalt Herbert Potzel die Möglichkeit einer DNA-Verunreinigung nicht ganz ausschließen. Das sei Aufgabe der laufenden Ermittlungen, sagte Potzel. Grundsätzlich gebe es verschiedene Möglichkeiten, wie es zu einer DNA-Verunreinigung kommen könne. Mehr wollte Potzel dazu aber nicht sagen.

Bundesanwaltschaft eingeschaltet

Auch die Ermittler sehen keine Hinweise auf eine Verunreinigung oder Verwechslung. Mit extrem großer Wahrscheinlichkeit sei eine DNA-Spur von Böhnhardt gesichert worden, sagte der BKA-Präsident Holger Münch. Der Fund der DNA-Spur habe auch das BKA sehr überrascht: "Der Fall NSU zeigt, dass nichts unmöglich ist."

Nach dem Fund von Böhnhardts DNA-Spuren steht die Bundesanwaltschaft in engem Austausch mit den Ermittlern vor Ort. Auch das BKA sei hinzugezogen worden, sagte ein Sprecher. Nun müsse man aber das Ergebnis der weiteren Ermittlungen abwarten.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière nannte den neuen Verdacht "unfassbar". Zugleich mahnte er zur Vorsicht: Die Ermittlungen dazu seien noch "in einem sehr frühen Stadium".

DNA-Spur am Donnerstag identifiziert

Am Donnerstagabend hatten die Polizei in Oberfranken und die Staatsanwaltschaft Bayreuth bekanntgegeben, dass am Fundort der Skelettteile des verschwundenen Mädchens Genmaterial von Böhnhardt gefunden wurde.

Bereits 1993 wurde Böhnhardt in den Zusammenhang mit dem Mord an einem neunjährigen Jungen in Jena gebracht. Er war von einem Schulfreund des Mordes an dem Kind bezichtigt worden. Bewiesen werden konnte das nie. Der Fall ist bis heute ungelöst, aber jetzt wird der Fall nach Angaben der Staatsanwaltschaft Gera neu überprüft.

Welche Rolle spielt das Wohnmobil?

Zudem erscheint ein Hinweis im Mordfall um das Mädchen in einem ganz neuen Licht: "Als Peggy vor 15 Jahren verschwand, berichteten Zeugen von einem Wohnmobil", sagt Roßhirt. Die Suche blieb erfolglos - bis heute. Über die Terroristen Böhnhardt und Mundlos weiß man, dass sie in einem Wohnmobil unterwegs waren. Kindersachen, die man in dem Fahrzeug fand, wurden jetzt näher untersucht. Doch es konnten keine DNA-Spuren von Peggy gefunden werden.

Die damals neunjährige Peggy war am 7. Mai 2001 im nordbayerischen Lichtenberg auf dem Heimweg von der Schule verschwunden. Am 2. Juli dieses Jahres fand ein Pilzsammler Teile ihres Skeletts in einem Waldstück im Saale-Orla-Kreis - nur rund 15 Kilometer vom Heimatort des Mädchens entfernt.

NSU-Wochenendhaus in Nähe des Skelett-Fundortes

Nach Informationen des BR soll es unweit der Fundstelle ein Wochendendhaus aus dem familiären Umfeld des NSU geben. "Da ergeben sich möglicherweise auch räumliche Verbindungen zwischen dem Fundort der Leiche von Peggy und zu einem möglichen Tatort oder Verbringungsort in dieser Hütte," sagte die Vorsitzende des Thüringer NSU-Ausschusses, Dorothea Marx, dem SWR. Die Verbindung komme daher "nicht aus heiterem Himmel".

Auch ein Zusammenhang zwischen dem NSU und Straftaten an Kindern sei nicht neu, sagte Marx: "Wir wissen ja spätestens seit Tino Brandt, der wegen 66-fachen Kindesmissbrauchs rechtskräftig verurteilt worden ist, dass es da durchaus Verbindungen gibt zu pädophilen Kreisen und auch zu pädophilen Straftaten."

Nebenklage fordert neue Beweisaufnahme

Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler, Vertreter der Nebenklage im NSU-Prozess, forderte Beate Zschäpe als einzige Überlebende des NSU auf, sich zu den neuen Erkenntnissen im Fall Peggy zu äußern. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa forderte er auch eine neue Beweisaufnahme im NSU-Prozess.

Das Oberlandesgericht München teilte unterdessen bereits mit, dass der Prozess gegen den NSU trotz der DNA-Spuren zunächst "ganz normal" weiter gehe.