Stuttgart: Nach Spaltung: AfD-Fraktionen stehen kurz vor Fusion

Erstveröffentlicht: 
10.10.2016

Die AfD und die von ihr abgespaltene Alternative für Baden-Württemberg (ABW) im Landtag beabsichtigen, an diesem Dienstag wieder zu einer Fraktion zu verschmelzen.

 

Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur in Stuttgart am Montagabend aus Parteikreisen. Die AfD-Fraktion lud überdies am Montag die Presse zu einer gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstagnachmittag (15.30 Uhr) ein. Zuvor wollen die insgesamt 22 Abgeordneten den Vorstand der Fraktion wählen und eine gemeinsame Satzung verabschieden. Die anderen Fraktionen warfen der AfD taktische Spiele vor.

 

Die ABW hatte sich unter Führung von Jörg Meuthen, der als Bundeschef gemeinsam mit Frauke Petry die AfD führt, im Streit über den Umgang mit Antisemitismus in den eigenen Reihen im Sommer von der AfD abgespalten. Diese hatte bislang 8, die ABW 14 Mitglieder.

 

Nach Fusion wäre AfD größte Oppositionsfraktion

 

Die acht AfD-Mitglieder hatten sich unter anderem über Meuthens aus ihrer Sicht autokratischen Führungsstil mokiert. Sie hatten ihm auch übel genommen, dass er sein Amt als Chef der ehemals vereinten AfD-Fraktion von dem Ausschluss des Abgeordneten Wolfgang Gedeon abhängig gemacht hatte. Als er für diesen keine Mehrheit in der Fraktion sah, verließ er diese mit 13 Getreuen. Nach einer Fusion wäre die neugeformte Fraktion wieder die größte Oppositionsfraktion noch vor der SPD, die mit 19 Mandaten im Landtag vertreten ist.

 

Nach dem Austritt von Gedeon aus der Fraktion war die Verschmelzung anvisiert worden. Dafür hatte ein Mediator wochenlang zwischen beiden Seiten vermittelt. Bei einer Klausur der beiden Fraktionen im September war der künftige gemeinsame Vorstand bereits schon einmal gewählt worden.

 

Führung soll am Dienstag bestätigt werden

 

Dabei war Meuthen, der auch Landessprecher ist, bereits als Vorsitzender der Fraktion gewählt worden. Auch seine Stellvertreter waren bestimmt worden: Bernd Gögel, Rüdiger Klos und Emil Sänze (alle AfD) sowie Rainer Podeswa (ABW). Zum parlamentarischen Geschäftsführer war der ABW-Mann Anton Baron gekürt worden. Beobachter gehen davon aus, dass diese Führung auch am Dienstag bestätigt wird.

 

Die Fusion fände wenige Tage vor Veröffentlichung eines Landtagsgutachtens zu dem von den beiden Fraktionen beantragten Untersuchungsausschuss zum Thema Linksextremismus in Baden-Württemberg statt. Die Expertise im Auftrag des für Rechtsfragen zuständigen Ständigen Ausschusses des Landtags sollte klären, ob ein Untersuchungsausschuss zulässig ist, wenn er von zwei Fraktionen beantragt wird, deren Mitglieder derselben Partei angehören.

 

Andere Fraktionen werfen der AfD taktische Spielchen vor

 

Der Landtag muss einen U-Ausschuss einsetzen, wenn zwei Fraktionen oder 25 Prozent der Mitglieder des Plenums ihn beantragen. Aus Sicht der anderen Fraktionen im Landtag widerspricht der Antrag aber dem "Geist des Gesetzes". Um künftig ähnliche Fälle zu vermeiden, hatte der Landtag - gegen die Stimmen der AfD - Ende September eine Novelle des Untersuchungsausschussgesetzes beschlossen. Der Parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen, Uli Sckerl, sagte, rund einen Monat nach der vermeintlichen Wahl eines gemeinsamen Fraktionsvorstands ringe sich die AfD dazu durch, ihr unwürdiges Possenspiel zu beenden. "Mit der schamlose Ausnutzung von Parlamentsrechten muss jetzt unverzüglich Schluss sein." Die Grünen forderten außerdem die Rückerstattung der durch die hinausgezögerte Vereinigung "fragwürdig" erlangten Fraktionszusatzmittel in Höhe von 63.000 Euro. Der Chef der CDU-Fraktion, Wolfgang Reinhart, appellierte an die Rechtspopulisten, nach ihrer Fusion von dem Antrag auf den Untersuchungsausschuss abzurücken. Er warf den beiden Fraktionen taktische Spielchen vor. "Die AfD-Splittergruppen wollten die Situation ausnutzen, um mit ihren zwei Fraktionen einen Untersuchungsausschuss einzusetzen." Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Fraktionen sich nicht schon früher wiedervereinigt hatten.

 

Der parlamentarische Geschäftsführer der oppositionellen SPD, Reinhold Gall, sagte, der beabsichtigte Zusammenschluss sei das vorläufige Ende eines unwürdigen Schauspiels. Die AfD habe gezeigt, dass sie eines auf jeden Fall nicht könne - politischer Verantwortung gerecht zu werden. Sicher würden weitere Possen folgen.

 

Der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte, die Ankündigung der AfD, sich wieder zu vereinen, heiße zunächst einmal gar nichts. "Wir haben oft erlebt, dass am nächsten Tag nichts mehr galt, was von den Rechtsradikalen am Vortag angekündigt wurde." Jedenfalls sollten die Steuergelder, die sich die AfD durch ihre Spaltung erschlichen habe, wieder in die Staatskasse zurückfließen.