AfD-Nachwuchs Frohnmaier: Ein junger Mann, der Populist werden will

Nachwuchspolitiker Frohnmaier, AfD-Chefin Petry
Erstveröffentlicht: 
09.10.2016

Frauke Petry nennt ihn "Kampfzwerg". Doch Markus Frohnmaier, Vorsitzender der Jungen Alternative für Deutschland, möchte ein Riese werden. Wer wissen will, wohin die AfD steuert, sollte ihm beim Wachsen zuschauen. Von Maik Großekathöfer

 

An einem Freitag Ende Juni läuft Markus Frohnmaier durch den Duty-free-Shop des Stuttgarter Flughafens, er ist auf dem Weg nach Moskau, ostwärts also, weil das die Richtung ist, die er für sich und seine Partei erkunden will. Frohnmaier ist 25 Jahre alt und Bundesvorsitzender der Jungen Alternative, der Nachwuchsorganisation der AfD, die Öffentlichkeit kennt ihn kaum, nicht in Deutschland und bestimmt nicht in Russland, und er möchte das ändern. Er trägt heute schwarze Turnschuhe und einen Pullover der Marke Stone Island, was wichtiger ist, als es sich anhört, doch dazu später.

Markus Frohnmaier ist nur 1,70 Meter groß, mit präzise rasiertem Vollbart und einem Brustkorb wie ein Fass, weil er früher mal Rugby gespielt hat. Frauke Petry, die Chefin der AfD und eine Art politische Patentante für ihn, hält ihn für das größte Talent ihrer Partei. Sie nennt ihn "Kampfzwerg", was wohl als Kompliment gedacht ist, sie lobt "seine Durchsetzungsfähigkeit und seinen politischen Instinkt".

Instinkt ist ein gutes Stichwort. Weil es so falsch ist, wenn es um das Werden des Jungpolitikers Markus Frohnmaier geht. Wer einem Instinkt folgt, hat keine Wahl, er tut das, was er tut, weil er nicht anders kann. Aber Frohnmaier ist jemand, der alles ausprobiert. Und dann das Mittel wählt, das sich bewährt hat, mit dem er am besten ankommt und die größte Wirkung erzielt. Frohnmaier ist auf der Suche: ein junger Mann, der Populist werden will. Er begann als Zwerg ohne Eigenschaften und möchte ein Riese werden.

Vor dem Start der Maschine nach Moskau will er noch ein paar Tafeln Schokolade für Dasha kaufen, seine Verlobte, seine ganz private Osterweiterung. Dasha ist Russin, sie studiert in Moskau Journalismus und schreibt für die regierungstreue Zeitung "Iswestija". Frohnmaier hat sie im April auf einem Wirtschaftsforum in Jalta kennengelernt. "Ich habe sie gesehen und gedacht: Die muss es sein", sagt er. Bevor er ins Flugzeug steigt, schreibt er ihr noch schnell eine WhatsApp-Nachricht: "soon I am with you." Markus Frohnmaier, im schwäbischen Weil der Stadt zu Hause, reist oft ins Ausland, meistens eben in den Osten, nach Donezk, Belgrad, Sankt Petersburg, auf die Krim, aber auch nach Paris. Er arbeitet daran, die Junge Alternative europaweit zu vernetzen, mit nationalkonservativen Jugendorganisationen in Finnland, Russland, Frankreich, Italien, England.

Frohnmaier-Sätze: "Wir sind die erste Generation junger Europäer, die nicht die Bürde der Nachkriegszeit zu schultern hat. Unsere Generation ist die erste wahrhaftige Generation Europas." Die Junge Alternative hält er für die geeignete Ausdrucksform dieser Geisteshaltung, eine Gruppe mit der so zuversichtlich klingenden Abkürzung JA. Die Junge Alternative sagt laut Ja± zum "Europa der Vaterländer", wie Markus Frohnmaier das nennt. Aber noch lauter sagt sie Nein± zu allem anderen.

Alles andere, das wäre für Frohnmaier beispielsweise: der Islam, die Europäische Union, Asylbetrug, homosexuelle Elternpaare und "dass Angela Merkel dieses Land gerade mit dem Lumpenproletariat Afrikas und des Orients überschwemmt".

Er sitzt jetzt in Reihe 13, Mittelplatz, Aeroflot-Flug 2337, und erzählt mehr oder weniger interessante Sachen. Weniger interessant: "Russland gehört zu Europa, wie die Krim historisch zu Russland gehört." Interessanter: "Meine Eltern haben mich aus einem Kinderheim in Rumänien adoptiert, als ich ein Jahr alt war."

Seine Mutter, Jutta heißt sie, ist gelernte Blumenbinderin, sein Vater Wolfgang hat bis zur Rente bei Daimler als Elektrotechniker gearbeitet. Frohnmaier sagt, er habe eine idyllische Kindheit gehabt. Er sagt, seine Eltern sähen es lieber, wenn er Jugendrichter würde statt Politiker. Eigentlich studiert er im zehnten Semester Jura, Schwerpunkt Kriminologie, das Studium will er noch irgendwie abschließen, aber sein Ziel ist es, nächstes Jahr für die AfD in den Bundestag einzuziehen.

In den vergangenen drei Jahren ist Frohnmaier schon ziemlich gut vorangekommen. Er hat die Junge Alternative für Deutschland mitgegründet, 2013 in Darmstadt. Er berät die AfD-Fraktion in Sachsen und arbeitet seit Mai als einer von zwei Sprechern für Frauke Petry.

Die Junge Alternative, der Frohnmaier seit 16 Monaten vorsteht, ist mehr als der Wurmfortsatz der AfD. Zwar zählt sie erst 1280 Mitglieder, aber sie ist für die Partei ein wichtiges Instrument, um junge Leute anzulocken. Auf Facebook hat die JA mehr als 17300 Fans, keine Parteijugend nutzt die soziale Plattform effizienter. Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt stimmte jeder vierte Wähler unter 25 für die AfD.

Fragt man Frohnmaier, was die JA von der AfD unterscheide, antwortet er: "Bei der AfD gibt es auch schlichtere Typen. Die JA ist akademischer. Viel von dem, was wir denken, denkt bald auch die Mutterpartei. Ein Blick in die JA ist ein Blick in die Zukunft der AfD."

Er ist in Moskau gelandet, auf dem Flughafen Scheremetjewo, es ist kurz nach halb sieben. Er schaltet sein Handy ein: 813 ungelesene E-Mails. Die Taxifahrt in die Stadt kostet normalerweise 2500 Rubel, aber der Fahrer knöpft ihm den Preis für ahnungslose Touristen ab, 8000 Rubel, mehr als 100 Euro.

In Moskau will Frohnmaier in den nächsten Tagen neue Freunde finden. Denn Feinde hat er zu Hause genug. Im April ist er wieder zu seinen Eltern gezogen, weil er in Tübingen, wo er studiert, "nicht mehr bleiben konnte", wie er sagt. Die Antifa hatte seine Adresse ins Netz gestellt, was irgendwelche Idioten als Aufforderung verstanden, seinen Briefkasten mit Bauschaum zu füllen und die Wände im Treppenaufgang zu besprühen.

Per E-Mail hat er Morddrohungen erhalten. Er sucht sie in seinem Handy und liest vor: "Mach dein Testament, rechter Krüppel", stand in einer. In einer anderen interessierte man sich konkret für seinen Kopf: "Deinen Kopf werden wir von deinem Zwergenhals abschneiden. Deinen Kopf werden wir aufgespießt ausstellen."

Er würde niemals einen Menschen so beschimpfen, sagt er nun, offenbar in der Annahme, dass man es ihm durchaus zutrauen würde. Denn Frohnmaier, muss man wissen, teilt selbst gern aus. Ein Kampfzwerg eben. In der JA trägt er den Spitznamen "Frontmaier".

An der Sprache und Rhetorik, den wichtigsten Werkzeugen eines Populisten, feilt er mit Eifer. Er testet, wann die Leute noch klatschen und wann eventuell der Verfassungsschutz aufhorcht. Ein Beispiel: Mitte Juli auf dem Bundeskongress der JA in Bingen am Rhein trug er ein Gedicht vor, das er Claudia Roth von den Grünen widmete. Es trug den Titel "Schönheit".

 

Claudia, Du Augenschmaus,
Dein Strahlen macht den Sommer aus.
Dein Schönheitsfleck ist ein Gedicht,
er passt zu Deinem Mondgesicht.
Sogar in Köln, im Winter, das ist klar,
sorgst Du für Charme aus Afrika.
Das geht an Dich und die Gestalten:
Bald wird wieder Gerechtigkeit walten!
Um den Bürger geht's, Ihr habt's versäumt,
jetzt kommen wir, jetzt wird aufgeräumt!

 

Während solche Zeilen nur dumm, frauenfeindlich und rücksichtslos gegenüber dem Versmaß sind, war seine bislang erfolgreichste rhetorische Testzündung von gröberem Kaliber. Es ging dabei auch um Claudia Roth, die er verachtet, weil sie für ihn die "irrsinnige Willkommenskultur" verkörpert. Es war Anfang des Jahres, als Frohnmaier in einem Fernsehbeitrag zur Silvesternacht in Köln das Folgende sagte: "Meiner Meinung nach haben Leute wie Claudia Roth hier mittelbar mitvergewaltigt, nicht im juristischen, aber im übertragenen Sinn."

Alle außer der AfD haben sich darüber aufgeregt, Claudia Roth verklagte Frohnmaier, aber das Oberlandesgericht gab ihm recht: Die "plakativ-überspitzte, vergröbernde Darstellung des tatsächlichen Hintergrunds" sei sachbezogen und überschreite nicht die Grenze zur Schmähkritik.

Den Gegner gedisst, oft zitiert, aber nicht verurteilt: Experiment gelungen. Frohnmaier lächelt, wenn er an das Urteil denkt. "Der Satz war so gut, weil er einerseits übelst böse war und andererseits den Gutmenschen die Folgen ihrer Politik vorgehalten hat."

Er analysiert seine Äußerung, als wäre er sein eigener Extremismusforscher. Der Student Markus Frohnmaier kann neben sich treten, um den aufstrebenden Populisten Frohnmaier zu begutachten. So übt er. So sucht er nach der gerade noch akzeptablen Form sprachlicher Enthemmung. Dazu braucht es nicht unbedingt viel Rückgrat, eher das Gegenteil: Flexibilität, Anpassungsgabe, charakterliche Formbarkeit.

Er wohnt in der 20. Etage des Aparthotels Hanoi-Moscow, alle Zimmer haben eine Küche, auf dem Flur riecht es nach Frittiertem, 52 Euro die Nacht.

Am nächsten Morgen gibt er am Roten Platz dem staatlichen Sender Rossija ein Interview. Die Redaktion hat eine Praktikantin geschickt, die nicht wirklich weiß, wer er ist. Sie spricht nur schlecht Englisch, die Fragen liest sie ab. Er schwärmt ihr vom Brexit vor. Er erklärt, er wolle in Deutschland mehr Volksabstimmungen. Er sagt, die AfD sei keine rechte Partei, sondern die echte Partei der Mitte. Er würde gern noch etwas über Wirtschaftsflüchtlinge loswerden, aber ihm fällt gerade nicht ein, was "arbeitslos" auf Englisch heißt.

Warum eigentlich liegt für Menschen wie Frohnmaier die Alternative für Deutschland im Osten? Erstens gibt es rechts wie links die geopolitische Gefühlslage, die USA und die Nato hätten zu viel Einfluss in der Welt, es herrscht dort ein allgemeines Unbehagen am Westen. Zweitens ist da der Glaube, russische Werte wie Familie und Patriotismus seien auch Werte des AfD-Publikums. Und drittens gibt es diese Sehnsucht nach einer Autorität, den Wunsch nach einem Vater für das Vaterland, nach einem Anführer, einem, wie Wladimir Putin ihn spielt. Putin genießt bei fast jedem dritten AfD-Anhänger höheres Vertrauen als Merkel, wie eine Umfrage der "Zeit" kürzlich ergab.

Aber um all das geht es Frohnmaier bei seinen Expeditionen nicht allein. Seine Motive sind pragmatischer. Die russischen Fernsehsender, vor deren Kameras er sich stellt, werden nicht nur in Russland gesehen, sondern auch von vielen der 2,4 Millionen Russlanddeutschen in der Heimat. Diese Leute will er auf dem Umweg über Moskau erreichen, darum lehnt er sein Weltbild an Putins an. Die Idee hat er von der FPÖ geklaut, die in Österreich serbischstämmige Wähler gewinnen konnte, indem sie sich auf medienwirksame Weise mit den Nationalisten in Serbien verbrüderte.

In Moskau ist Frohnmaier abends mit zwei Mitarbeitern der russischen Präsidialverwaltung verabredet, wichtige Leute. Als er in die Osteria Bianca kommt, erwartet ihn aber nur eine junge Frau in rotem Kleid und mit Zahnspange, die unsicher ist, worüber sie mit ihm reden soll. Sie sprechen kurz über Sahra Wagenknecht. "Die ist bei uns beliebt, die kennen auch viele", sagt die Frau auf Englisch.

Frohnmaier fragt: "Was halten Sie von Angela Merkel?"

"Ich mag sie."

"Wollen Sie mich verschaukeln?"

Dann fragt die Frau, ob er sich das Historische Museum angucken wolle. Er sei nicht der Typ für Museen, sagt er. Frohnmaier beendet das Gespräch. "Ich komme mir total verarscht vor", sagt er auf der Rückfahrt ins Hotel. "Die kannte die AfD gar nicht. Für jemanden von meinem Kaliber ist das peinlich." Dann versucht er dem Taxifahrer klarzumachen, dass er stoppen solle. Er wolle noch einen Drink nehmen, hier, sofort, aber der Fahrer versteht kein Wort und fährt einfach weiter.

Einerseits ist das ja schön: ein Politiker, der zugibt, dass ihm etwas Peinliches passiert ist. Andererseits ist es auch ein Rückschlag. Frohnmaier, unerkannt und unverstanden in Russland. Da hat einer das neue Europa der Vaterländer im Angebot und muss mit einer Merkel-Sympathisantin über Sahra Wagenknecht reden.

Markus Frohnmaier, das lernt man in den Gesprächen mit ihm, war nicht immer rechts. Es gab mehr als nur eine weltanschauliche Alternative für ihn, und er hat mit allen experimentiert.

Begonnen hat er als Linker. Als Jugendlicher trug er schwarze Kapuzenpullover, und er hatte zwei Ratten, die Travis und Joel hießen. Oskar Lafontaine und Gregor Gysi imponierten ihm.

Sein Weltbild rückte ein Stück nach rechts, als ihm in der Schule Flüchtlingskinder vom Balkan die Reifen seines Fahrrads zerstachen. Und als er Zeuge wurde, wie marokkanische Mitschüler in den Pausen den Terrorangriff auf das World Trade Center nachspielten. In ihm, einem Kind rumänischer Eltern, wuchs die paradoxe Überzeugung, dass ein multikulturelles Deutschland nichts für ihn sei. Er begann sich für Roland Koch zu interessieren, für Friedrich Merz und die deutsche Leitkultur.

Nach dem Abitur folgte ein liberales Zwischenspiel. Frohnmaier machte in Berlin ein Praktikum bei der FDP. Er hatte allerdings ein Problem mit den Jungliberalen, ein eher ästhetisches: "Ein furchtbarer Spießerhaufen", sagt er. "Verwöhnte Kids mit Burberry-Schal, die mit Papas Kreditkarte shoppen gehen und die Sorgen des kleinen Mannes ignorieren."

Kleiner Mann, was nun? Was blieb einem wie ihm übrig, damals, als es noch keine AfD gab? Mit 19 trat Frohnmaier in die CDU ein, weil er die Hoffnung hegte, die Konservativen würden den Konservatismus verteidigen. Er wurde enttäuscht. Die Gründe dafür zählt er an den Fingern ab. Frohnmaier reckt den Daumen, Abschaffung der Wehrpflicht, Zeigefinger, Einführung des Mindestlohns, Mittelfinger, Atomausstieg, Ringfinger, flächendeckende Kleinkindbetreuung, kleiner Finger: "2010, Christian Wulff sagt, der Islam gehöre zu Deutschland. Für mich gehörte er schon damals nicht dazu."

Am Ende dieses ideologischen Ausschlussverfahrens gab es für Frohnmaier keine Alternative mehr. Nur noch die AfD.

Es gibt Anzeichen und Verdachtsmomente, dass bei Markus Frohnmaiers langer Reise nach rechts am Ende die Bremsen versagten. Dass er über die Grenze rutschte. Wo genau für einen guten Populisten der rechte Rand liegt, der die Nützlichen von den Inakzeptablen trennt, ist ja auch nicht so leicht zu erkennen. Das muss einer erst lernen.

Es beginnt beim Pullover, den Frohnmaier trägt, Marke Stone Island, die bei Hooligans beliebt ist, was einer wie Frohnmaier weiß. Es geht weiter beim großen Lorbeerkranz, den er sich auf seine Brust hat tätowieren lassen, ein beliebtes Motiv in der rechten Szene und ein Erkennungsmerkmal der German Defence League, eines ganz widerlichen Vereins, rechtsextrem, islamfeindlich, vom Verfassungsschutz beobachtet. Es gibt Hinweise, dass Frohnmaier bei dieser Gruppierung als "Cornel Craiovesti" aktiv war. Cornel ist Frohnmaiers zweiter Vorname, der Name, den er von seinen leiblichen Eltern in Rumänien erhielt, Craiovesti könnte auf seine Geburtsstadt Craiova verweisen.

Frohnmaier, mit diesen lästigen Dingen konfrontiert, sagt, das Tattoo sei einfach nur schön, es bedeute nichts, er habe es sich mit 16 stechen lassen, und er sei froh, "dass es keine Pusteblume geworden ist". Sein Kontakt zur German Defence League sei eine harmlose Anekdote, Mitglied sei er nie gewesen, "nur einmal" habe er den Stammtisch der Gruppe in Stuttgart besucht, "mehr war da nicht".

Schwieriger zu erklären ist seine Freundschaft zu einem Rechtsanwalt aus Freiburg namens Dubravco Mandic, mit dem er vergangenes Silvester in Belgrad feierte. Mandic hat Barack Obama als "Quotenneger" bezeichnet und ist Mitglied der Studentenverbindung Saxo Silesia, die wegen feuchtfröhlicher Nazifeiern in die Schlagzeilen geriet. Auf Facebook gab es ein Bild der beiden, das Frohnmaier selbst gepostet hat, das inzwischen aber nicht mehr zu finden ist. Mandic trägt auf dem Foto ein T-Shirt mit Lorbeerkranz, Frohnmaier zeigt sein Lorbeer-Tattoo. Mandic gilt auch als Sympathisant der Identitären Bewegung - noch so eine braune Truppe, im Visier der Verfassungshüter. Mandic plädiert für eine Zusammenarbeit von JA und Identitären, weil er meint, beide würden dieselben Ziele verfolgen. Über diesen Mandic sagt Frohnmaier nun, er sei ein "guter Freund". Er möge ihn "als Menschen, obwohl ich einige seiner politischen Ansichten nicht teile".

Typisches Populistenproblem: Mit welchen Gestalten lässt man sich ein, zu welchen bleibt man auf Distanz? Mit Mandic und dessen Dunstkreis hält es Frohnmaier wie Donald Trump mit den Leuten vom Ku-Klux-Klan: Ein bisschen abgrenzen ist okay, aber wer wird denn gleich die Bande kappen? Wähler ist Wähler.

Nach sechs Tagen ist Frohnmaiers Mission in Moskau beendet. Er ist mit Dasha an der Moskwa entlangspaziert, zum Denkmal für Peter den Großen. Sie waren im Theater, Dostojewskis "Schuld und Sühne". Dasha will bald zu Frohnmaier nach Deutschland ziehen.

Irgendwann und eher zufällig hat er auf dieser Reise erwähnt, dass er eine Zwillingsschwester habe. Dass er nicht allein adoptiert worden sei, damals. Er will ihren Namen nicht nennen, zu ihrem Schutz, und er möchte nicht, dass man mit ihr spricht. Dasselbe gilt für seine Eltern, an die man natürlich viele Fragen hätte.

Und dann, als wäre es nichts, erzählt er, dass eigentlich nur die Schwester zur Adoption vorgesehen war, "weil sie die Kräftigere von uns beiden war". Er hätte im Kinderheim bleiben sollen und sei "nicht angeboten" worden. Jutta und Wolfgang Frohnmaier hätten erst in Rumänien und nur durch Zufall von seiner Existenz erfahren. Sie nahmen den kleinen Cornel auch mit, in ein besseres Leben. Seine Eltern sind offenbar gute Menschen.

In einer Sekunde unerwarteter Selbsterkenntnis sagt Frohnmaier: "Ich würde heute wohl in Bukarest auf der Straße leben und Verdünnungsmittel schnüffeln, wenn sie mich nicht adoptiert hätten."

Fünf Tage nach seiner Rückkehr aus Moskau ist Markus Frohnmaier beim AfD-Stammtisch in Heidelberg zu Gast. 19 Leute sind in die griechische Taverne gekommen, die im Erdgeschoss eines Parkhauses liegt. Weil es kein Rednerpult gibt, Frohnmaier aber gern eines hätte, bringt der Wirt ihm einen Babystuhl. Frohnmaier steht auf, legt sein Manuskript auf das Essbrett und redet.

Später beim Essen, es gibt Zigeunerschnitzel, diskutieren die Gäste über die Lügenpresse, über Boko Haram, über die Geburtenrate in Afrika und andere Dinge, von denen sie keine Ahnung haben. Markus Cornel Frohnmaier sagt: "Bei den ganzen Wirtschaftsmigranten, die illegal zu uns kommen, stelle ich mir die grundsätzliche Frage: Haben Menschen das Recht auf ein besseres Leben?"

"Und?", fragt einer.

"Nö. Ich habe ja auch kein Recht auf eine Penthouse-Wohnung in Stuttgart."

Markus Frohnmaier, der Kampfzwerg, der ein Riese werden will, das unerwünschte Kind, das nur zufällig gerettet wurde, hofft, bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr auf Platz vier oder fünf der Landesliste von Baden-Württemberg zu stehen. Er ist sich sicher, dass das reichen wird, um drin zu sein.