Manchmal ist die Wahrheit ganz einfach. Das zeigt zum Beispiel ein Transparent in Friedrichshain – in einem Gebiet, in dem es noch ein paar rumpelige ehemalige Besetzerhäuser gibt. Dort, in der Rigaer Straße 94 – im Szenesprech „R 94“ genannt – hat Innensenator Frank Henkel vor ein paar Monaten mit übergroßem Polizeiaufgebot eine Kneipe in einem längst nicht mehr besetzten Haus räumen lassen. Widerrechtlich, wie sich später herausstellte. Nun hat Henkels CDU die Wahl verloren, und er wird als Senator bald Geschichte sein.
Und was schreiben seine Lieblingsfeinde an der Rigaer: „Henkel geht, wir bleiben.“ Das ist nicht nur klammheimliche Freude, sondern offene Häme nach dem Motto: Auch du Möchtegern-Hardliner hast es nicht geschafft, uns zu vertreiben.
Aber ganz so einfach ist die Sache denn auch nicht. Man muss die Punks nicht mögen, ihr Betteln, ihr öffentliches Saufen mitten auf der Kreuzung, ihre Selbststilisierung als Opfer des „Bullenstaates“. Aber der Umgang mit ihnen und der Wandel in der Rigaer zeigt exemplarisch, wie sich diese Stadt ändert.
Dieser Kiez wird seit Jahren im Schnelldurchlauf durchgentrifiziert und jede Lücke mit Luxusbauten gefüllt – übrigens nur mit Luxushäusern. Neue Sozialwohnungen? Fehlanzeige. Auch deshalb hängen an ziemlich vielen Häusern im Kiez diese „R 94“-Solidaritätsplakate. Außerdem ist der Henkel-Nachruf der Autonomen natürlich auch eine Kampfansage an den nächsten Innensenator, egal, ob der nun Grün sein wird oder ein Sozi.