Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat die Ermittlungen zu den Sprengstoffanschlägen auf eine Moschee und das Kongresszentrum übernommen. Es wurde ein Verfahren gegen Unbekannt "wegen des Verdachts des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion" eingeleitet, wie die Behörde am Dienstag mitteilte. Da der Verdacht einer politisch motivierten Straftat derzeit nicht ausgeschlossen werden könne, untersucht das Sonderdezernat "Politisch motivierte Kriminalität" die beiden Fälle. Für weitere Angaben zu den Ermittlungen sei es zu früh, sagte ein Sprecher.
Die
beiden Sprengstoffanschläge kurz vor der Einheitsfeier in Dresden haben
bundesweit Entsetzen ausgelöst. An der Tür einer Moschee der
Türkisch-Islamischen Gemeinde in Dresden-Cotta und am Kongresszentrum an
der Devrientstraße in Dresden explodierten am Montagabend Sprengsätze.
Verletzt wurde niemand. Die Polizei geht von fremdenfeindlichen Taten
aus. Allein die Tatsache, dass eine Moschee attackiert wurde, lasse diese Annahme zu, sagte Dresdens Polizeipräsident Horst Kretzschmar am Dienstag. Er kündigte verschärfte Sicherheitsmaßnahmen in Dresden an.
Sachsens
Innenminister Markus Ulbig (CDU) verurteilte die Anschläge als "feige".
Der Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) sagte: "Eine solche
Tat ist kein Protest und auch keine Meinungsäußerung. Eine solche Tat
ist ein Verbrechen."
Ein Bekennerschreiben gab es zunächst
nicht. Der Polizeipräsident lehnte es am Dienstag auch vehement ab, sich
detailliert zum Stand der Ermittlungen zu äußern. Es sei zu zeitig, um
Informationen zu geben - auch um die Ermittlungen nicht zu gefährden.
Die Behörden sehen neben dem fremdenfeindlichen Hintergrund auch eine
Verbindung zu den geplanten Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen
Einheit am Wochenende.
Die Beamten in Dresden waren von einer
Rettungsleitstelle über die Detonationen informiert worden - 21.53 Uhr
über die an der Moschee und 22.19 Uhr über die auf der Terrasse des
Kongressgebäudes. Dort soll am 3. Oktober der Empfang des
Bundespräsidenten zum Tag der Deutschen Einheit stattfinden. Die Polizei
fand an beiden Tatorten die Reste von selbstgebauten Sprengsätzen. "Ab
sofort arbeiten wir im Krisenmodus", sagte Polizeipräsident Kretzschmar.
Einzeltäter mit Motorradhelm?
Nach unseren Informationen
wurde an der Tür der Moschee eine Tüte mit mehreren Flaschen mit einem
Benzin-Gas-Gemisch platziert. In der Wohnung war die vierköpfige Familie
des Imam. Die Familie sagte uns, dass nicht alle Flaschen explodiert
seien. "Wir hätten tot sein können", sagte Ibraim Turan, der Sohn des Imam.
Wie die DNN berichteten,
habe eine Anwohnerin einen Mann mit einem Motorradhelm gesehen, der
mehrfach versuchte, die Flaschen zu zünden. Anschließend fuhr er mit
einem Auto davon.
Zum Zeitpunkt der Detonation befanden sich der
Imam mit seiner Frau und den beiden sechs und zehn Jahre alten Kindern
in der Moschee. Alle blieben unverletzt. Ob er mit seiner Familie bleibt
oder geht, ließ er offen. "Das bestimmt die Gemeinde", sagte er. Durch
die Druckwelle der Explosion wurde die Eingangstür laut Polizei nach
innen gedrückt. Sie ist wie die Fassade verrußt. "Es hätte zur
Entzündung des Gebäudes kommen können", sagte der Polizeichef.
Tatorarbeit in der Kritik
Fragen
hat die Arbeit der Polizei am Tatort aufgeworfen. Gegen 08.40 Uhr waren
am Tatort keinerlei Absperrungen, Reporter und Anwohner bewegten sich
frei auf dem Gelände. Gegen 10:40 Uhr wurde der Bereich dann mit
Flatterband gesperrt. Ein Beamte ärgerte sich über einen Reporter, der
Spuren verschwischen würde. Gegen 13:30 Uhr wurden dann vor Ort Spuren
gesichert, Fotos wurden angefertigt und gelbe Schilder mit Nummerierung
aufgestellt. Bis dahin waren allerdings bereits zahlreiche Leute und
Reporter über das Gelände gelaufen.
Polizeipräsident Kretzschmar
verteidigte die Arbeit am Tatort. Als er nachts gegen 01:00 Uhr vor Ort
war, war der Tatort abgesperrt. "Wenn sie davon ausgehen, dass der
Tatort später verändert wurde, müssen wir das natürlich prüfen", sagte
Kretzschmar. Auch ein Reporter der DNN berichtete, dass noch am Morgen
Anwohner Reste der Sprengsätze entdeckten. Nach unseren Informationen
hat das Operative Abwehrzentrum dann am Vormittag die Sperrung des
Tatorts und die Sicherung von Spuren veranlasst.
Kritik auch an später Information
Von
den Sprengstoffanschlägen auf eine Moschee und das Kongresszentrum am
Montagabend in Dresden bis zur Erstinformation der Polizei sind rund
zehn Stunden vergangen. Ein Sprecher erklärte das mit den nötigen
Ermittlungen. Die Medieninformation datiert von 8.13 Uhr, die Anschläge
waren danach um 21.53 Uhr und 22.19 Uhr der Behörde bekannt geworden.
Die Moschee hatte noch in der Nacht Fotos von den Spuren der Attacke auf
Facebook gepostet - Stunden vor der ersten Information durch die
Polizei. Die Ermittler verteidigten ihre zurückhaltende
Informationspolitik. Der Wunsch nach schneller Information sei
verständlich, schrieb die Polizei auf Facebook. Aber: «Wir klären erst
mit gebotener Sicherheit die Fakten und gehen dann damit an die Öffentlichkeit.» Es sei schon in der Nacht nach möglichen Tätern gefahndet worden, ergänzte Kretzschmar später.
Verstärkte Sicherheitsvorkehrungen
Nach
den Anschlägen sollen die Sicherheitsvorkehrungen in Dresden verschärft
werden. "Wir werden ab sofort alle islamischen Einrichtungen mit den
Maßnahmen eines Objektschutzes versehen", sagte Kretzschmar. Dabei
handele es sich um drei Moscheen, eine Begegnungsstätte und einen
Gebetsraum. Um 18:00 Uhr ist eine Mahnwache an der Moschee in Cotta
geplant.
Am Internationalen Congress Center Dresden zerstörte die
Hitze der Explosion die Seite eines Glasquaders auf der Freiterrasse
zur Elbe. Eine Hotelbar wurde evakuiert. Die Polizei forderte Gäste mit
Zimmer in Richtung Terrasse auf, von den Fenstern wegzubleiben. In der
Nacht waren rund 50 Beamte im Einsatz, inzwischen hat das Operative
Abwehrzentrum der sächsischen Polizei die Ermittlungen übernommen.
Bundesinnenminister
Thomas de Maizière (CDU) verurteilte die Anschläge scharf. Es sei «umso
empörender», da der Angriff auf eine Moschee einen Tag vor dem Festakt
zum zehnjährigen Bestehen der Deutschen Islamkonferenz (DIK) verübt
worden sei, sagte er beim DIK-Jubiläum in Berlin. Die DIK ist ein
Gesprächsforum der Islamverbände mit Bund, Ländern und Kommunen.
BundesjustizministerHeiko Maas (SPD) erklärte: «Die Anschläge sind
erschütternd. Sie müssen jetzt sehr sorgfältig aufgeklärt und konsequent
verfolgt werden.»
Auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw
Tillich (CDU) verurteilte den «feigen Anschlag» auf die Moschee. «Dies
ist nicht nur ein Anschlag auf die Religionsfreiheit und die Werte einer
aufgeklärten Gesellschaft, sondern hier wurde auch bewusst der Tod von
den in der Moschee lebenden Menschen in Kauf genommen», sagte er.
(AS/IR/TS/MS/dpa)
Wir wundern uns etwas: @PolizeiSachsen sperrt gerade (10:40 Uhr) Tatort ab, nachdem zahlreiche Leute dort rumgelaufen sind. #Dresden #Cotta pic.twitter.com/hZ3zcE0uqL
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Pol.-präs. PD #Dresden zu Berichten ü fehlende Tatortabsperrung nach Anschlag auf Moschee & späterer Spurensicherung pic.twitter.com/Ady1OA2ayU
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Zum Vergleich: Tatort #Dresden 8.30 Uhr / 10.40 Uhr / 13.30 Uhr... pic.twitter.com/naMPRCkU8l
— Radio Dresden (@RadioDresden) 27. September 2016