Am Montag, den 19. September, verhandelte das Suhler Amtsgericht in der Strafsache gegen den Neonazi Stefan Fahrenbach, der sich wegen Körperverletzung zu verantworten hatte und zum Prozess selbst – aufgrund einer Krankschreibung – nicht erschienen ist. Die Verhandlung dauerte weniger als eine halbe Stunde und endete mit der Einstellung des Verfahrens.
Ende November letzten Jahres wurde eine NoSügida-Aktivistin im Suhler Wohngebiet Aue II von Stefan Fahrenbach bedroht und zusammengeschlagen.
Am Nachmittag des 24. November schlug und trat Fahrenbach mehrfach auf
die Nazigegnerin ein. Weiterhin bedrohte er sie, ihre Familie umbringen
zu wollen, wenn sie sich weiter an den Gegenprotesten gegen Sügida und
Co. beteilige. Diese Drohung erweiterte er auf alle Gegendemonstranten,
die gegen die Nazis in Suhl auf die Straße gehen. Zuletzt ließ er sich
es nicht nehmen zu betonen, dass es ihm nichts ausmache, Nazigegner auf
offener Straße anzugreifen, da er selbst mit einem Bein im Knast stehen
würde.
Der Nazischläger nahm nicht nur an mehreren Sügida- und
Thügida-Aufmärschen teil, sondern sitzt derzeit – neben 14 weiteren
Angeklagten – am Landgericht Erfurt im sogenannten Ballstädtprozess
wegen gemeinschaftlicher schwerer Körperverletzung auf der Anklagebank.
Im Frühjahr 2014 überfielen mehrere vermummte Neonazis eine
Kirmesgesellschaft in Ballstädt, zehn Menschen wurden zum Teil schwer
verletzt. Seit Ende letzten Jahres wird den Neonazis in Erfurt der
Prozess gemacht.
Im Vorfeld der Verhandlung legte Fahrenbach gegen den erhaltenen
Strafbefehl, der 30 € zu 50 Tagessätzen vorsah, Einspruch ein, sodass am
19. September die mündliche Hauptverhandlung, nach dem diese mehrmals
verschoben wurde, vor dem Suhler Amtsgericht eröffnet wurde. Der
Angeklagte tauchte vor Gericht nicht auf, weil er krank sei. Auf
Nachfrage bei der Ärztin wurde allerdings klar gestellt, dass er
lediglich arbeitsunfähig, aber nicht verhandlungsunfähig sei, sodass er
vor Gericht unentschuldigt fehlte. Allerdings konnte der Prozess auch
ohne den Angeklagten stattfinden.
Er ließ sich von dem Schmalkaldener Anwalt Alexander Held
vertreten, der sich in Neonazikreisen als Anwalt bereits einen Namen
gemacht hat. Im Prozess um den Überfall auf die Kirmesgesellschaft in
Ballstädt vertritt Held den Angeklagten Tony Steinau, der mit
Nazidevotionalien, welche bei einer Hausdurchsuchung gefunden worden,
und der neusten Thor-Steinar-Kollektion aus seiner Gesinnung vor Gericht
keinen Hehl macht. Bundesweit dürfte Held mittlerweile als einer der
stellvertretenden Anwälte von Ralf Wohlleben im NSU-Prozess bekannt
sein.
Held gab zu Beginn bekannt, dass der Einspruch gegen einen Strafbefehl
bezüglich einer anderen Strafsache zurückgenommen wird. Vermutlich
handelt es sich dabei um Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte im
Nachgang einer Thügida-Demonstration am 17. August 2015
in Suhl zum Todestag von Rudolf Heß, als Fahrenbach wegen Vermummung
festgenommen worden ist. Weil dieser Strafbefehl von 90 Tagessätzen a
30€ höher liege, als der Strafbefehl wegen der Körperverletzung, führte
dieser Umstand zur Einstellung des Verfahrens. Dem Antrag, Fahrenbach
die Kosten der Nebenklage aufzuerlegen, wurde stattgegeben.
Nicht nur vor dem Hintergrund des laufenden Ballstädt-Verfahrens ist das
Urteil nicht nachvollziehbar, sondern auch weil es sich bei Fahrenbach
um einen mehrfach vorbestraften Gewalttäter handelt. Es nicht
hinnehmbar, dass ein Neonazischläger unbestraft prügelnd und drohend
durch Suhl laufen kann, ohne dafür Konsequenzen befürchten zu müssen.
Nicht einmal sein fehlendes Erscheinen vor Gericht hatte Folgen. Es hat
sich einmal mehr gezeigt, dass die Thüringer Justiz Neonazis mit
Samthandschuhen anfasst, während sie wie in Gotha
mit voller Härte gegen Antifaschisten vorgeht.
Was am Ende bleibt, ist, dass der Widerstand gegen einen
Vollstreckungsbeamten mit einer höheren Strafe bemessen wird, als eine
Körperverletzung, bei der das Opfer bedroht, mehrfach getreten und
geschlagen wurde. Damit wurde selbst im Nachgang gegenüber dem Opfer des
Übergriffs noch einmal nachgetreten.