Recherchen vorgestellt - Verein wirft Berliner AfD Verbindungen in die rechte Szene vor

Verein wirft Berliner AfD Verbindungen in die rechte Szene vor
Erstveröffentlicht: 
13.09.2016

Unterhält die AfD in Berlin ein Netzwerk mit persönlichen Verbindungen zu Neonazis, Bärgida-Aktivisten, Burschenschaftlern und so genannten Identitären? Das wirft ihr der Berliner Verein "apabiz" vor und sammelt entsprechende Indizien. AfD-Spitzenkandidat Pazderski weist diesen Vorwurf wiederholt zurück.

 

Die Berliner AfD hat wiederholt Vorwürfe bestritten, Verbindungen zur rechten Szene zu haben. Der Verein "apabiz" in Berlin-Kreuzberg versucht, das zu widerlegen und hat am Dienstag Recherchen vorgestellt, wonach die Partei ein weitmaschiges Netzwerk zu rechtskonservativen Gruppen bis hin zu neonazistischen Akteuren unterhalten soll.


In dem online abrufbaren Dokument veröffentlicht der Verein die Klarnamen von AfD-Mitgliedern, die Verbindungen zu rechten Gruppen haben oder gleich selbst Mitglieder dieser Gruppen sein sollen. Laut diesem Dossier existiert ein ultrarechtes Netzwerk um die Berliner AfD mit mindestens zwölf Parteifunktionären - unter anderem bei der rechtslastigen "Bärgida", der Deutschen Burschenschaft oder der vom Verfassungsschutz beobachteten "Identitären Bewegung". Letztere hatte erst am Montag für Aufsehen gesorgt, als sie eine Radioeins-Livesendung massiv mit Sprechchören gestört hatte.

 

AfD geht offiziell auf Distanz zu Rechten und "Identitären"

 

Die AfD Berlin hat auch am Dienstag den Vorwurf, man unterhalte etwa Verbindungen zu Identitären, zurückgewiesen. "Wir haben uns sehr glaubwürdig von der identitären Bewegung distanziert. Wir haben gesagt, dass es mit der identitären Bewegung keine Zusammenarbeit gibt", sagte ihr Landesvorsitzender und Spitzenkandidat für die anstehende Abgeordnetenhauswahl, Georg Pazderski, der rbb-Abendschau am Dienstag.

 

Doch der Kreuzberger Verein glaubt der Parteidarstellung nicht und versucht diese zu widerlegen, indem er einzelne Parteimitglieder genauer unter die Lupe nimmt: Zum Beispiel den AfD-Kandidat Jörg Sobolewski, der bei einer Störaktion der Identitären Bewegung in der BVV Reinickendorf mitgewirkt haben soll - offenbar unter einem Decknamen. Im Februar hielt Sobolewski eine Rede bei einer fremdenfeindlichen Demonstration in Lübben. Er ist Bundesvorsitzender des Dachverbandes Deutsche Burschenschaft, in dem mehrere Neonazis und NPD-Mitglieder organisiert sind. Sobolewski kandidiert bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus am 18. September.

 

Ein anderer ist Vorstandsmitglied und Schatzmeister der Berliner AfD-Jugendorganisation, Jannik Brämer, der für die AfD in der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf kandidiert. Laut Jentsch hat er als Aktivist der Identitären Bewegung auch an Demonstrationen teilgenommen. "Er ist dort auch Ordner, übernimmt also auch Funktionen", so Jentsch.  

 

Parteiausschlussverfahren bislang ohne Ergebnisse

 

Besonders schillernd wirken zwei Lichtenberger AfD-Kandidaten: Kay Nerstheimer soll in der Vergangenheit als rechter Milizionär und Führer der mutmaßlich rechtsextremen "German Defence League" auf seiner Facebook-Seite posiert haben. Und Heribert Eisenhardt mischte vor allem bei Aufmärschen von "Bärgida" mit, um sich gegen eine vermeintliche Islamisierung Europas einzusetzen.

 

Gegen beide Mitglieder läuft ein Parteiausschlussverfahren, das bislang keine Ergebnisse gebracht hat. "Wir haben ein unabhängiges Landesschiedsgericht, bestehend aus Juristen, das darüber entscheiden wird. Und die lassen sich nicht dazu zwingen, etwas kurzfristig zu tun", erklärte AfD-Chef Pazderski.

 

"apabiz" hält Distanzierungen für unglaubwürdig

 

Für die Vereinsmitglieder von "apabiz" klingt das wenig glaubwürdig. "Die AfD ist auch in Berlin bereit, sich offensichtlich auch von extrem rechten Aktivisten in die Parlamente tragen zu lassen", sagte Ulli Jentsch dem rbb. "Wir gehen davon aus, dass die Distanzierung auch deshalb so unglaubwürdig und halbherzig sind, weil man auf Zeit spielt und solche Brüche nicht vor der Abgeordnetenhauswahl riskieren möchte.

 

Der "apabiz e.V." - kurz für "Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum e.V." - dokumentiert seit 25 Jahren rechtsextreme Umtriebe in Berlin. Der Verein wird mit Spendengeldern finanziert und auch vom Berliner Senat unterstützt.

 

Mit Informationen von Norbert Siegmund

 


 

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Mehr Infos im Netz

 

schattenbericht.de - Das rechte Netzwerk der Berliner AfD

Die Recherchen des Vereins "Apabiz" über "personelle Verknüpfungen zu Neonazis und langjährigen extrem rechten Netzwerken".