Die Leipziger CDU-Politikerin Bettina Kudla hat mit einer Beleidigung des regierungskritischen türkischen Journalisten Can Dündar für Empörung in den sozialen Netzwerken gesorgt. Die Bundestagsabgeordnete hatte den in seiner Heimat verfolgten Journalisten als "Cansel Dünnschiss" bezeichnet. Grund war die Forderung Dündars, die EU-Beitrittsverhandlungen trotz der politischen Entwicklung in der Türkei nicht abzubrechen. Dies "wissen wir selbst", twitterte Kudla.
Zahlreiche Twitter-Nutzer empörten sich über den Tweet, darunter viele Politiker. Die Linke in Sachsen fragte: "#Mausgerutscht?". Jürgen Kasek von den sächsischen Grünen warf Kudla vor, sich beschämend und beleidigend verhalten zu haben. Die Leipziger Bundestagsabgeordnete der Grünen, Monika Lazar, schrieb: "Stil und Niveau inakzeptabel und unterirdisch". Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer, meinte dagegen, man müsse nicht jede Peinlichkeit kommentieren. "Die Kollegin ist für Ihre Tweets selbst verantwortlich", twitterte Grosse-Brömer.
Dündar - ein kritischer Journalist
Can Dündar war nach dem Putschversuch in der Türkei als Chefredakteur
der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet" zurückgetreten. Er und der
Hauptstadtbüroleiter der Zeitung, Erdem Gül, waren im Mai zu
mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.
Ein Gericht befand
sie für schuldig, geheime Dokumente veröffentlicht zu haben, die
türkische Waffenlieferungen an Islamisten in Syrien 2015 belegen sollen.
Dündar äußerte sich auch kritisch über Teile der deutschen Politik.
Sächsische Union geht auf Distanz
Laut der Nachrichtenagentur dpa geht die sächsischen Union auf Distanz. Demnach wollte sich am Samstag zwar niemand offiziell äußern, in der Führung der Partei sei man aber alles andere als glücklich mit dieser Art der Kommunikation und lehne Auseinandersetzungen in dieser Form ab.
Wer ist Bettina Kudla?
Die Leipziger CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla war im Juni in die Schlagzeilen geraten, weil sie als einzige im Parlament gegen die Armenien-Resolution gestimmt hatte. In dieser wird die Ermordung von bis zu 1,5 Millionen Armeniern im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs als Völkermord bezeichnet. Die Türkei ist der 1923 gegründete Nachfolgestaat des Reichs und weigert sich bis heute, die damaligen Ereignisse als Kriegsverbechen anzuerkennen.
Die studierte Diplomkauffrau Kudla arbeitete von 1988 bis 2004 als Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Vor ihrem Einzug in den Deutschen Bundestag 2009 war sie Bürgermeisterin und Beigeordnete für Finanzen der Stadt Leipzig. Der politische Schwerpunkt der in München geborenen 53-Jährigen sind Finanzen und Wirtschaft.