Antifaschistischer Richter in Moskau erschossen

Eduard Tschuwaschow wurde im Stiegenhaus ermordet.
Erstveröffentlicht: 
14.04.2010

Antifaschistischer Richter in Moskau erschossen

Eduard Tschuwaschow hatte Ultranationalisten verurteilt und bekam danach keinen Personenschutz


Moskau - Mit mehreren Schüssen in die Brust und den Kopf ist Montagfrüh ein anerkannter Moskauer Richter in seinem Stiegenhaus ermordet worden. Eduard Tschuwaschow, der sich mit Prozessen gegen Rechtsradikale einen Namen gemacht hatte, war gerade auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz am Moskauer Stadtgericht. Die Polizei geht davon aus, dass Tschuwaschow wegen seiner beruflichen Tätigkeit ermordet wurde.

Erst im Februar hatte der 47-Jährige neun Ultranationalisten der faschistischen Gruppe "Weiße Wölfe" zu Haftstrafen von sechs bis 23 Jahre verurteilt. Tschuwaschow bescheinigte den Angeklagten eine "besondere Brutalität" . Die "Weißen Wölfe" , eine Gruppe jugendlicher Rechtsradikaler, hatten elf Zentralasiaten ermordet, ihre Taten mit dem Handy gefilmt und die Videos danach ins Internet gestellt.

Nach der Verurteilung der Rechtsradikalen tauchten im Internet Mordaufrufe gegen Tschuwaschow auf. Der Richter verzichtete jedoch auf Personenschutz. Schon vor einem Jahr sind im Moskauer Zentrum am helllichten Tag der Anwalt Stanislaw Markelow und die Journalistin Anastasija Baburowa von Rechtsextremen erschossen worden. Der Nationalist Nikita Tichonow hatte die beiden wegen ihrer antifaschistischen Überzeugung getötet.

Die Rechtsradikalen-Szene in Russland, die aus rund 300 Organisationen besteht, erfährt in den letzten Jahren eine stetige Radikalisierung. Die Zahl der Übergriffe durch Rechtsextreme steigt an. Laut der Menschenrechtsorganisation Sowa sind 2009 in Russland 60 Menschen in Folge rassistisch motivierter Angriffe gestorben, 306 weitere wurden verletzt. (ved, DER STANDARD, Printausgabe 13.4.2010)