Castrop-Rauxel. Eine Krankenschwester aus Castrop-Rauxel hat einen üblen Drohbrief bekommen - anonym. Das will sie nicht einfach hinnehmen und geht an die Öffentlichkeit.
Sie ist hier geboren, sie ist Deutsche. Deutsche mit türkischen Wurzeln. Dass sie deshalb auf das Übelste beschimpft werden könnte, damit hat die 40-jährige Schwerinerin nie und nimmer gerechnet. Doch das Flugblatt, das sie in ihrem Briefkasten fand, lässt keine andere Interpretation zu.
Sie kam mit ihrer Familie, mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen, aus dem Urlaub zurück. Der Brief mit der per Hand geschriebenen Adresse war an sie gerichtet. Das Flugblatt, das in dem Umschlag war, ist unvorstellbar fremdenfeindlich, ekelhaft, pornografisch, der reine Dreck - mit der Hass-Botschaft, sie möge endlich aus unserem Land verschwinden.
"Seitdem bin ich völlig fertig", sagt die Krankenschwester. Der Absender kenne sie, ist sie sich sicher. Er wisse, dass sie zwei Söhne habe, das stehe ja auf dem Flugblatt. Was ihr passiert ist, möchte die Schwerinerin keineswegs verstecken. Aber ihren Namen in der Zeitung lesen, möchte sie auch nicht.
Anzeige erstattet
Sie geht mit ihrem Mann zur Polizei und erstattet Anzeige. Das Ehepaar nimmt auch Rücksprache mit dem Castrop-Rauxeler Bürgermeister Rajko Kravanja. Warum sucht die 40-Jährige jetzt den Kontakt zu unserer Zeitung?
"Weil ich das nicht runterschlucken möchte", antwortet sie. Vielleicht gebe es noch weitere Adressaten solcher Briefe. Vielleicht ergäben sich weitere Kontakte zu anderen Bürgern, die solche Schmähbriefe bekommen haben.
Von der Ayasofya-Moschee im Castrop-Rauxeler Stadtteil Ickern und von der Mevlana-Moschee auf Schwerin weiß die Frau, dass dort auch Briefe angekommen sind - mit anderem Inhalt. Auch die türkisch-islamische Gemeinde auf Schwerin hat nach Informationen unserer Redaktion die Polizei eingeschaltet.
Staatsschutz ist involviert
"Mein Vertrauen ist gebrochen", beschreibt die 40-Jährige. Sie könne ganz gut wegstecken, das bringe ihr Beruf mit sich. Aber so etwas Unfaires und Feiges mache sie krank. Der Dreck ziehe sie runter. "Ich bin doch hier nicht politisch aktiv oder engagiere mich in Gemeinden, wieso werde ich so verunglimpft?", fragt sie.
Der Briefumschlag ist seit dem 7. August bei der Polizei und mittlerweile unterwegs zur Staatsanwaltschaft. "Der Staatsschutz ist in den Fall involviert", erklärt Polizeipressesprecherin Ramona Hörst auf Anfrage.
Eben wegen eines angenommenen fremdenfeindlichen Hintergrunds werde geprüft, ob etwa Volksverhetzung oder ein Beleidigungsdelikt dahinter stehe. Der Vorgang sei mittlerweile der Staatsanwaltschaft in Dortmund übergeben. Dort aber noch nicht angekommen, wie unsere Redaktion erfuhr.
Rechten keinen Zentimeter überlassen
Rajko Kravanja erklärt: "Castrop-Rauxel stellt sich solidarisch hinter Bürger, die solche verunglimpfenden Briefe bekommen." Gerade das Miteinander der Kulturen sei es, das unsere Stadt ausmache.
Es gelte, den Rechten keinen Zentimeter zu überlassen. In der öffentlichen Wahrnehmung haben wir bei uns kein Problem mit braunem Gedankengut. "Versteckten Rassismus gibt es gleichwohl", so Kravanja.