„Auf den Schlacht- und Mordfeldern des spanischen Bürgerkriegs wurde zum letzten Mal um Freiheit, Solidarität, Menschlichkeit im revolutionären Sinn gekämpft: noch heute sind die Gesänge, die für und in diesem Kampf gesungen wurden, für die heutige Generation der einzige noch bleibende Abglanz einer möglichen Revolution“ (Herbert Marcuse)
Im Juli jährt sich zum 80. Mal der Beginn des spanischen Bürgerkrieges. In Reaktion auf einen klerikal-faschistischen Putsch erhoben sich Millionen Spanier und stellten sich, unterstützt von tausenden Freiwilligen aus der ganzen Welt, in einem dreijährigen blutigen Bürgerkrieg den von den deutschen und italienischen Faschisten unterstützten Francisten entgegen. Allein das wäre vor dem Hintergrund der überall erneuten aufkommenden „rechtspopulistischen“ Faschismen Anlass genug, diesem heroischen Kampf zu gedenken.
Heute weitgehend totgeschwiegen ist aber ein bedeutender Aspekt dieses Konfliktes, den wir mit unserer Veranstaltungsreihe in Erinnerung rufen wollen. Parallel zum antifaschistischen Kampf vollzog sich nämlich in vielen Teilen des republikanischen Spaniens eine im Wesentlichen von anarchistischen Ideen dominierte tiefgreifende soziale Revolution, die eines der bedeutendsten Beispiele für die Realisierbarkeit anarchistischer Konzepte ist.
Denn entgegen weitverbreiteter Vorstellungen handelt es sich bei Anarchie nicht um Chaos und Anarchisten sind keine verwirrten individualistischen Bombenleger. Vielmehr handelt es sich beim Anarchismus, unabhängig von seinen zahlreichen Strömungen, um eine politisch-philosophische Idee, die eine Ordnung ohne Herrschaft anstrebt, eine Gesellschaft die geprägt ist durch Freiheit, Gleichberechtigung und Selbstverwirklichung. Ein Gesellschaftsmodell in dem der Mensch dem Menschen kein Herr und auch kein Sklave ist. Darin unterschied sich die spanische Revolution in ihrem freiheitlichen Charakter tiefgreifend von dem diktatorischen Staats-"Sozialismus" des ehemaligen Ostblocks.
Im Bestreben, den Kapitalismus abzuschaffen und durch eine egalitäre und solidarische Gesellschaftsordnung zu ersetzen, kollektivierten die ArbeiterInnen und LandarbeiterInnen in Eigeninitiative Industrie und Großgrundbesitz. Sie schufen Strukturen der politischen Selbstverwaltung und initiierten ein in Spanien bis dato beispielloses Alphabetisierungs- und Bildungsprogramm. Gleichzeitig setzte sich die anarcho-feministische Gruppe "Mujeres Libres" für die selbst in anarchistischen Kreisen kaum verbreitete Frauenbefreiung ein. All dies wurde parallel zum Kampf an der Front verwirklicht.
Auch wenn die libertäre Revolution in Spanien in zahlreichen Aspekten kritisierbar ist und letztendlich von stalinistischen Kommunisten und den siegreichen Faschisten zerschlagen wurde, gelang es den spanischen Anarchisten im Wesentlichen erfolgreich, für drei Jahre einen freiheitlichen und solidarischen Sozialismus zu realisieren.
Besonders vor dem Hintergrund von immer häufiger auftretenden Krisenzyklen des Kapitalismus, mit denen wir heute konfrontiert sind, von weltweiten Kriegen, Ausbeutung und Umweltzerstörungen, die immer öfter als normal und unabwendbar akzeptiert werden, und einer Linken die scheinbar nur die Wahl zwischen einem den neoliberalem status quo akzeptierenden Reformismus und der Nostalgie eines autoritär-diktatorischen Staats-Sozialismus lässt, scheint es dringend nötig, dem eine emanzipatorische und freiheitliche Alternative entgegenzusetzen. Deshalb wollen wir inhaltlich nicht in Spanien oder bei der engeren anarchistischen Theorie stehenbleiben, sondern auch aktuelle Projekte vorstellen, welche libertäre Ideen und das Prinzip der Selbstverwaltung verwirklichen.
Mit unserer Auswahl an Filmen und Vortragsthemen, mit einer Ausstellung und Konzerten, mit Ausflügen und lockeren Gesprächsrunden beim gemeinsamen Frühstück, möchten wir der von kapitalistischen Krisen und dem Umsichgreifen von autoritären und nationalistischen Gedanken geprägten „Realität“ ein grundlegend anderes Bild entgegensetzen und diskutieren, ein Gesellschaftsmodell basierend auf Freiheit, Gleichheit, Humanismus und Solidarität.
Die einzelnen Veranstaltungen findet ihr im Programmheft, auf Plakaten und auf Flyerern. Weiterhin gibt es die Möglichkeit alle Inhalte und eventuelle Änderungen auf unserer Homepage nachzulesen: https://unterderschwarzenfahne.blogspot.de
Die Veranstaltungsreihe verursacht natürlich Kosten. Da wir aber niemanden ausschließen wollen, setzen wir auf das Solidaritätsprinzip: *JedeR gibt was er/sie kann!* Lediglich bei einigen Kinofilmen ist ein Eintrittspreis nicht zu vermeiden.
Wir freuen uns auf euch, euren Besuch der Veranstaltungen, eure Ideen, Erfahrungen, Anregungen und natürlich auch auf eure Kritik....