Wachpolizisten gegen Einbrecher - Abfuhr für Bundesinnenminister

Erstveröffentlicht: 
16.06.2016

Der Vorstoß von Bundesinnenminister Thomas de Maizière zum Einsatz von Wachpolizisten im Kampf gegen Einbrecher stößt auf breite Kritik. Die Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Sachsen, Cathleen Martin, sagte MDR SACHSEN, dafür sei die Ausbildungszeit der Wachpolizisten mit drei Monaten viel zu kurz. Ihnen fehle zudem die Erfahrung für Einsätze in Kriminalitätsbrennpunkten. Wachpolizisten wie jetzt mit Aufgaben beim Objekt- und Personenschutz zu betrauen, bewertete die Gewerkschafterin positiv. Es entlaste die anderen Beamten. Allerdings könnten die Personallücken mit Aushilfspolizisten nicht geschlossen werden, so Martin. Dafür müssten in Sachsen mindestens 3.000 voll ausgebildeten Polizisten in den nächsten zwei Jahren eingestellt werden.

 

Die konkurrierende Gewerkschaft der Polizei stellte sich ebenfalls gegen den Vorschlag. GdP-Vize Jörg Radek kritisierte: "Wenn jetzt übereilt Wachpolizisten eingestellt, in einem Crashkurs in nur wenigen Wochen ausgebildet werden und danach über zahlreiche tiefgreifende Befugnisse verfügen, ist das Flickwerk an einer verschlissenen Personaldecke auf Kosten der inneren Sicherheit." 

 

Ansturm auf Wachpolizei-Stellen

 

47 bewaffnete Wachpolizisten sind seit April in Sachsen unter anderem zum Schutz von Asylbewerberheimen im Einsatz. Sie begleiten Beamte auch bei Gefangenentransporten. Anfang Mai starteten weitere 100 Wachpolizisten ihre Ausbildung. Das Einstiegsgehalt nach erfolgreicher Ausbildung liegt bei mindestens 2.182 Euro brutto. Bisher bewarben sich dem Landesinnenministerium zufolge weit mehr als 3.000 Männer und Frauen auf eine Stelle. Wachpolizisten sollen zugleich die Chance zum Einstieg in den regulären Polizeidienst erhalten. Eine Übernahme in die Polizeiausbildung ist erstmals nach einer einjährigen Dienstzeit möglich. Bereits 2001 nach den Terroranschlägen an der US-Küste waren in Sachsen Wachpolizisten ausgebildet und eingesetzt worden. Diese seien inzwischen voll in den Polizeidienst integriert, sagte die Gewerkschafterin.

In einem Interview hatte Bundesinnenminister de Maizière im Kampf gegen Einbrecher Wachpolizisten als zukunftsweisenden Modell bezeichnet. Sie könnten als Wachen in besonders belasteten Vierteln eingesetzt werden. Sie hätten aber nur begrenzte Befugnisse. Aus der Politik gibt es Kritik an den Ideen des CDU-Politikers. 

 

Kritik von Koalitionspartnern und Opposition

 

Der Thüringer Minister Holger Poppenhäger (SPD) erklärte, statt Hilfspolizisten einzusetzen, sei es der richtige Weg, mehr reguläre Polizeibeamte auszubilden. Thomas Oppermann, Fraktionschef des Koalitionspartners SPD im Bundestag, sagte: "Wir wollen keine Billigpolizei." Der Vorschlag, auf eine "Hilfspolizei" zurückzugreifen, sei "Ausdruck von Hilflosigkeit und ein Offenbarungseid konservativer Innenpolitik".

Die Ausbildung als Polizist sei in einem Rechtsstaat "aus guten Gründen anspruchsvoll", sagte Oppermann. Statt "unausgegorenen Vorschlägen" würden rasch zusätzliche Ausbildungskapazitäten gebraucht. Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht, der sächsische Weg sei kein Vorbild, "sondern ein Irrweg". 

 

Verunsicherung statt mehr Sicherheit


Auch die Linksfraktion kritisierte den Vorstoß de Maizières. Wer schlecht ausgebildetem Personal nach einem Schnellkurs eine Schusswaffe, Handschellen und Pfefferspray in die Hand drücken wolle, trage nichts zur inneren Sicherheit bei, ganz im Gegenteil, erklärte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke. Der Vorstoß des Ministers sei "absolut verantwortungslos".

FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki kritisierte den Vorschlag als "kopflose Hauruckaktion". Wenn sogenannte Wachpolizisten schon nach drei Monaten Ausbildung Waffen tragen dürften, trage dies eher zur allgemeinen Verunsicherung bei, als dass es einen wirksamen Schutz der Bevölkerung verspreche.

Sachsen Innenminister Markus Ulbig will unterdessen weitere Aufgaben für die Wachpolizei prüfen und bis dahin zunächst Erfahrungen sammeln. Das kündigte der CDU-Politiker in Dresden an. Es danach werde entschieden, ob das Aufgabenfeld der Wachpolizei angepasst werden muss oder sogar erweitert werden kann.