Selbstjustiz in Arnsdorf – wie sicher ist eigentlich das Verkaufspersonal?

Erstveröffentlicht: 
04.06.2016

Ein Internetvideo aus Arnsdorf bei Dresden sorgt derzeit für große Aufregung. Zahlreiche Leser verurteilen das harte Vorgehen gegen den verirrten Iraker, der aus dem Netto-Supermarkt geschleift wurde. Zugleich fragte ein Leser: „Wie ist es eigentlich um die Sicherheit der Verkäuferinnen in Supermärkten bestellt?“ Wir fragten nach.

 

Leipzig.  Ein Internetvideo aus Arnsdorf bei Dresden sorgt derzeit für große Aufregung. Zahlreiche Leser verurteilen das harte Vorgehen gegen den verirrten Iraker, der aus dem Netto-Supermarkt geschleift wurde. Zugleich fragte ein Leser: „Wie ist es eigentlich um die Sicherheit der Verkäuferinnen in Supermärkten bestellt?“ Wir fragten nach.

 

Die Zahl der Ladendiebstähle habe überhand genommen, berichtet der Chef einer Sicherheitsfirma, die in Sachsen und Sachsen-Anhalt tätig ist. „Aber das trifft nicht auf alle von uns betreuten Märkte zu, sondern nur auf einige wenige, zumeist in Zentrums- oder Bahnhofsnähe.“ Firmennamen will er nicht veröffentlicht wissen und betroffene Märkte auch nicht. Geklaut würden Lebensmittel, Kosmetika, vor allem aber immer wieder Alkohol. Zumeist von Jugendlichen, in einigen Fällen auch von Ausländern, die organisiert vorgingen. Deshalb wurde seine Firma angeheuert. „Wo die Lage kritisch ist, setzen wir zwei oder mehr Wachleute ein. Das hilft.“

 

Der Schutz von Supermärkten gehöre nicht zum eigentlichen Aufgabengebiet seiner Firma, sagt Hendrik Arlt vom Wachschutzunternehmen Arlt in Leipzig. Dennoch würden sich die Anfragen von Handelsketten häufen. Vor allem weil es immer wieder zu Vorfällen mit alkoholisierten Jugendlichen komme. „In den Einrichtungen, die wir bewachen, hat sich die Zahl der Fälle spürbar verringert. Auch zur Freude der Kassiererinnen.“

 

Immer mehr Supermärkte und Einkaufszentren würden Sicherheitsleistungen nachfragen, bestätigt Larissa Stutz vom Bundesverband der Sicherheitswirtschaft. Das sei ein bundesweiter Trend. Verlangt würden alle Leistungen – „von der Kameraüberwachung bis zum Wachmann im Kassenbereich“. Mit dem Thema Zuwanderung will sie das nicht in Zusammenhang bringen. „Das ist zumeist präventiv.“

 

Bei der Konsumgenossenschaft Leipzig sieht man keine veränderte Sicherheitslage. Übergriffe wie der in Arnsdorf seien aus dem eigenen Unternehmen nicht bekannt, sagt Konsum-Vorstand Dirk Thärichen. Für ständigen Wachschutz im Kassenbereich sieht er deshalb auch keine Notwendigkeit. „Unsere bisherigen Sicherheitsmaßnahmen sind ausreichend.“ Allerdings würde man in besonderen Situationen Sicherheitskräfte in ausgewählte Filialen entsenden. Beispielsweise bei Sportevents oder Demonstrationen mit einer gewissen Gefährdungslage.

 

Beleidigungen oder sogar Tätlichkeiten gegen Verkäuferinnen gebe es immer wieder, berichtet Gunter Engelmann-Merkel vom sächsischen Handelsverband. Schlimm werde es, wenn Drogen im Spiel sind. Für viele Ladenbesitzer komme aber Wachschutz nicht infrage. „Aufwand und Nutzen stehen da in keinem Verhältnis. Wichtig wäre es, wenn die Polizei mehr Präsenz zeigen würde“, sagt er.

 

Die Discounter selbst halten sich beim Thema sehr bedeckt. Anfragen bei mehreren Ketten blieben erfolglos. Bei Netto hieß es lediglich, dass man nur in ausgewählten Einzelfällen Securitykräfte einsetze. Bei einem Diebstahl sei das Personal angehalten, die Polizei zu rufen.

 

So sieht es auch Valentin Lippmann von den Grünen in Sachsen. Er fordert generell bei dem Thema zu mehr Besonnenheit auf. Schon jetzt würde der Fall in Arnsdorf von einigen politischen Kräften missbraucht, um die Sicherheitslage schlechtzureden. Sachsen müsse mehr in Polizei und Justiz investieren. Das Gewaltmonopol, so der Grüne, gehöre allein dem Staat. Dort solle es bleiben.

 

Von Andreas Dunte