Der SV Fortuna Leipzig hat viele Vereinsmitglieder mit Migrationshintergrund, bietet Asylbewerbern Raum zur sportlichen Entfaltung. Nach rechtsradikalen Drohungen und einem Brandanschlag herrscht im Verein nun Angst.
Leipzig. Der SV Fortuna Leipzig ist nicht nur einer der ältesten Fußballvereine Leipzigs, die Rot-Weißen sind auch für ihre integrative Nachwuchsarbeit im Stadtteil Paunsdorf bekannt. Fortuna kooperiert mit dem kurdischen Verein Vuslat Leipzig, es gibt Vereinsmitglieder mit indonesischen und türkischen Wurzeln und nicht zuletzt können auch Asylbewerber aus dem nahen Flüchtlingsheim auf dem Gelände Sport treiben. Nach rechtsradikalen Drohungen und einem verheerenden Brandanschlag steht das Engagement im Verein nun aber auf der Kippe. Sportler und Funktionäre haben Angst, durch den Anschlag wurden praktisch auch alle Sport- und Arbeitsgeräte zerstört.
Das Unheil nahm am 7. Mai seinen Anfang: Unbekannte hatten sich gegen 21 Uhr Zutritt zum Fortuna-Sportpark verschafft, brachen zwei Container auf und zündeten sie samt Interieur an, heißt es im Polizeibericht. Das Feuer griff auf zwei weitere Container und ein Armeezelt über. In den fünf Unterständen waren Sportgeräte im Wert von 25.000 Euro gelagert, erklärt Vereinsvorsitzender Wulf Basse. Ersetzt werden konnten sie bisher nicht. „Die Container waren nicht mitversichert, weil das sogenannte fliegende Bauten waren“, so Basse weiter. Als Konsequenz ist nicht nur das Sporttreiben im Fortuna-Sportpark stark eingeschränkt, auch alle Arbeiten zur Pflege der Anlage können nicht mehr durchgeführt werden.
Brief droht Fortuna mit weiterem Brandanschlag
Knapp zwei Wochen nach dem Brandanschlag landete dann ein rechtsradikaler Drohbrief per Fax in der Fortuna-Geschäftsstelle. Darin heißt es unmissverständlich: „Euren Sau-Nigger und Schmarotzerverein sollte man abfackeln!! Deutschenhasser wie Ihr welche seid raus aus unserem Land!! Spielt Fußball in Afrika wo ihr hingehört mit samt Euren verlogenen Wohlstandstouristen“ (Anm. der Redaktion: Fehler im Original). Darunter zitieren die Verfasser ein Gedicht, das Asylbewerbern unterstellt, sie würden Aids, Rauschgift und terroristische Gewalt ins Land bringen und Frauen vergewaltigen.
In beiden Fällen wurde Anzeige bei der Polizei gestellt, die Kripo hat ihre Ermittlungen aufgenommen - bisher noch ohne Erfolg. Ob ein Zusammenhang zwischen Anschlag und rechtsradikaler Anschlagsdrohung besteht, ist laut der Behörde noch unklar. „Wir ermitteln hier in alle Richtungen“, sagte eine Polizeisprecherin gegenüber LVZ.de. Vereinschef Wulf Basse will keine voreiligen Schlüsse ziehen: „Es wäre natürlich auch möglich, dass es da lediglich um Beschaffungskriminalität ging und aus Frust, dass die Container sich nicht öffnen ließen, Feuer gelegt wurde“.
Sicherheitsbedenken: Fortuna sagt Fußballturniere ab
Trotzdem hat der zeitliche Zusammenhang und das Ausmaß der Zerstörung die Sportler im Verein in Angst versetzt. Nach Gesprächen mit der Leitung des nahen Flüchtlingsheims in Trägerschaft des Pandechaion e.V. zogen die Verantwortlichen die Reißleine, sagten nun aufgrund der Sicherheitsbedenken zwei für den 18. und 19. Juni geplante Fußballturniere ab. „Die Sicherheit unserer Sportler und Verantwortlichen ist das höchste Gut und dies können wir leider nicht mehr gewährleisten. […] Dieser feige Anschlag und die erneute Bedrohung ist einer der feigesten Anschläge gegen einen Sportverein in Leipzig, der Integration betreibt“, heißt es in der Begründung an den Leipziger Fußballverband (FVSL).
Gänzlich von den Rechtsradikalen einschüchtern lassen will sich der SV Fortuna Leipzig trotzdem nicht und hofft nun auf Unterstützung vom FVSL auch aus anderen Teilen der Stadt. „Wir führen unsere Integrationsarbeit mit und um das Wohnheim Pandechaion natürlich weiter fort. Wir hoffen auf Ihre tatkräftige Unterstützung, denn zur Zeit können wir nicht einmal die Hänge im Sportpark mähen“, so das Schreiben an den Verband.
UPDATE: Politiker fordern Behörden zum Handeln auf
Nach Bekanntwerden der Situation im Fortuna-Sportpark meldeten sich am Dienstag die Leipziger Grünen zu Wort. Stadtrat Norman Volger erklärte: „Leipzig und damit auch der SV Fortuna als Teil der Stadtgesellschaft darf sich diesen gewalttätigen Einschüchterungsversuchen nicht beugen. Die zeitliche Nähe zwischen Anschlag und offenen Gewaltandrohungen legt einen rechtsextremistischen Hintergrund der Tat nahe“, so Volger in einer Mitteilung. Seine Partei erwarte von Polizei und Staatsanwaltschaft nun entschlossene Aufklärung und Strafverfolgung sowie von der Kommune Hilfen für den Verein, damit dieser zur Normalität zurückkehren könne.
Nach Ansicht von Petra Cagalj Sejdi ist der SV Fortuna ein herausragendes Beispiel für gelingende Integration: „Der Verein bemüht sich seit langem in Kooperation mit der nahegelegenen Flüchtlingsunterkunft, jungen Menschen Perspektiven zu geben und ihnen durch sportliche Betätigung die Begegnung mit Gleichaltrigen zu ermöglichen und so Integration zu erleichtern. Es ist entsetzlich, dass ein Verein offenen Gewaltandrohungen aus der rechtsradikalen Szene ausgesetzt ist“, so die Grünen-Politikerin. Die Cagalj Sejdi hofft, dass sich die Stadtgesellschaft nun an die Seite des Vereins stelle und ein deutliches Zeichen setzte.
Matthias Puppe
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