Telefon- und E-Mail-Überwachung seien für Schwerverbrecher reserviert, sagt der Polizeikommandant.
Von Anita Bachmann
Nach den Randalen vom Wochenende forderte der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) Telefon- und E-Mailüberwachung. Von einem unbewilligten Fest aus war ein Demonstrationszug Richtung Innenstadt gezogen. Gemäss Polizei entstand ein Sachschaden von rund 300'000 Franken. Alle Fahndungsmethoden, die es gebe und brauche, damit die Polizei die Täter überführen könne, seien zuzulassen, sagte Nause.
Jetzt distanziert sich aber ausgerechnet der Kommandant der Berner Kantonspolizei, Stefan Blättler, von diesen Forderungen. «Überwachen kann man Leute nur während eines Strafverfahrens, wenn gegen sie wegen schwerster Delikte ermittelt wird», sagt Blätter gegenüber Radio SRF. Überwachung sei im Rahmen von Demonstrationen nicht «angedacht».
Trojaner für Schwerverbrecher
Die aktuelle Gesetzgebung sieht Überwachung auch nicht vor. Allerdings sind die Gesetze einem Wandel unterworfen. So steht etwa das neue Bundesüberwachungsgesetz (Büpf) an, gegen welches das Referendum ergriffen wurde. Mit dem neuen Gesetz dürften die Strafverfolgungsbehörden Trojaner in Computer einschleusen, um etwa ein Skype-Gespräch mithören zu können. Nause sagte, das gehe ihm zu wenig weit. Aber auch in diesem Punkt erhält er keine Schützenhilfe von der Polizei, die auf Anfrage des «Bund» ergänzt: «Wir brauchen das Gesetz, um mit der technischen Entwicklung, von welcher Schwerverbrecher profitieren, mithalten zu können, nicht um Demonstranten zu überwachen.»
Die von Nause geforderten Überwachungsmethoden dürften Wunschdenken bleiben. Zwar wären nach dem neuen Nachrichtendienstgesetz (NDG) Telefon- und Internetüberwachung ausserhalb von Strafverfahren möglich. «Die neuen Informationsbeschaffungsmassnahmen dürften gemäss der Botschaft zum NDG allerdings nicht zur Abwehr von gewalttätigem Extremismus angewandt werden», sagt Francis Meier, Sprecher des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten. Auch gegen das NDG wurde das Referendum ergriffen.
In die Schranken gewiesen
Die Kantonspolizei will sich mit ihrer skeptischen Haltung gegenüber Nauses Forderungen offenbar ins rechte Licht rücken. Denn in Bezug auf den Umgang mit Demonstranten wurde sie in den letzten Jahren mehrmals in die Schranken gewiesen. Sie hatte unter anderem in mehreren Fällen von Demonstranten DNA-Profile erstellen lassen. Diese wehrten sich gegen diese Massnahme bis vor Bundesgericht und bekamen Recht.
Immerhin einer Forderung Nauses hat die Polizei aber entsprochen: Sie ruft Zeugen dazu auf, Foto- und Videomaterial abzugeben, welches bei den Ermittlungen gegen die Verursacher der Sachbeschädigungen dienen könnte. (Der Bund)