Sächsische Polizei sammelt massenweise Daten

Erstveröffentlicht: 
20.05.2016

Die Polizei sieht sich bei ihren Einsätzen mit verschiedensten Tätern konfrontiert. Um deren Reaktion besser einschätzen zu können, werden Daten zu Straftätern gesammelt. Ihre Rechtmäßigkeit zweifelt Grünen-Politiker Lippmann an.

 

Die sächsische Polizei hat die Daten von mehreren Tausend Menschen im Freistaat gespeichert. Das geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor. Die Daten sollen, so erklärt das Innenministerium, "primär dem Schutz des Betroffenen und der Eigensicherung von Polizeibediensteten" dienen. Der Grünen-Innenexperte Valentin Lippmann sagte, bei Personen, die als "bewaffnet" oder "gewalttätig" geführt würden, sei das nachvollziehbar. Allerdings sieht er die Datensammlung als "uferlos" an. "Ein Großteil dieser, bestimmten Personen zugeordneten Merkmale ist überflüssig, stigmatisierend und möglicherweise rechtswidrig."

 

So würden 723 Personen bei der sächsischen Polizei mit dem Merkmal "Ansteckungsgefahr", 1.529 Personen mit dem Merkmal "psychische und Verhaltensstörung" und 432 Personen als sogenannte Land- und Stadtstreicher stigmatisiert.

Auf Anfrage von MDR SACHSEN erklärte eine Sprecherin des Innenministeriums, bei Ansteckungsgefahr würden Menschen mit verschiedensten Infektionskrankheiten erfasst, von denen für Polizisten eine Gefahr ausgehen könne. Diese Daten würden gelöscht, wenn die erfassten Personen nicht mehr erkrankt seien. Wie und wann genau, konnte die Sprecherin zunächst nicht erklären.

Werden Sinti und Roma gelistet?

Lippmann hat jedoch noch andere Auffälligkeiten ausgemacht: Der Hinweis "wechselt häufig Aufenthaltsort", der zu mehr als 2.000 Personen gespeichert ist, kriminalisiert nach seiner Ansicht eine Lebensweise oder soll möglicherweise verklausulieren, dass es sich um Sinti und Roma handele. Konkret habe das Innenministerium bisher nicht erklärt, welche Personen genau in welchen Kategorien erfasst sind.

 


Da die personengebundenen Hinweise primär dem Schutz des Betroffenen und der Eigensicherung von Polizeibediensteten dienen sollen, ist der Zweck der Speicherung für die Merkmale 'Landstreicher' und 'häufig wechselnder Aufenthaltsort' nicht ersichtlich. Auch die Rechtmäßigkeit der Bezeichnung von 1.454 Personen als 'Sprayer' oder von 859 Personen als 'Urkundenfälscher' erscheint vor diesem Hintergrund höchst zweifelhaft.

Valentin Lippmann, Grüne

 

Lippmann verweist ferner auf Differenzen zwischen einer Datensammlung, die ausschließlich die sächsische Polizei nutzt, und der bundesweiten Datensammlung. Für das bundesweite Polizei-Informationssystem liefere die sächsische Polizei Daten zu. In allen Kategorien sind bei der sächsischen Polizei mehr Personen erfasst, als im bundesweiten Informationssystem.

 

Auszug aus das Datensammlung der Polizei
Personengebundener Hinweis Bundesweites Polizei-Informationssystem Polizeiliches Auskunftssystem Sachsen

 

bewaffnet

269 1.326
gewalttätig 2.337 8.238
Ansteckungsgefahr 18 723
Ausbrecher 49 121
Drogen-Konsument 13.158 26.355
Freitodgefahr 5 558
psychische Störungen/Verhaltensstörungen 67 1.529
Straftäter rechtsmotiviert 1.119 4.165
Straftäter linksmotiviert 341 1.765
Rocker 3 27
Einschleuser - 100
Gewalttäter Sport - 1.156
Zweifel an Rechtmäßigkeit der Datensammlung

 

Der Grünen-Politiker bezweifelt, dass alle Daten auf einer rechtlichen Grundlage erhoben worden sind. Das sächsische Polizeigesetz kenne personengebundene Hinweise nicht, sagte Lippmann. Innenminister Markus Ulbig (CDU) soll sämtliche gespeicherten Hinweise auf ihre Erforderlichkeit für die Polizeiarbeit überprüfen und alle nicht erforderlichen Daten löschen lassen, forderte Lippmann.

Alle Bürger hätten das Recht, bei der Polizei zu erfragen, ob sie gespeichert seien.