Buchvorstellung in Leipzig: Sarrazin kritisiert Merkels Asylpolitik

Erstveröffentlicht: 
20.05.2016

Während draußen einige Gegendemonstranten protestierten stellte Thilo Sarrazin am Donnerstagabend in der vollen Leipziger Handelsbörse sein Buch „Wunschdenken“ vor. Darin erhebt er Vorwürfe gegen die Asylpolitik von Angela Merkel.

 

Leipzig.  Thilo Sarrazin (71, SPD) weiß, was er seinen Zuhörern und Lesern schuldig ist: Gleich zu Beginn seines neuen Buches „Wunschdenken. Europa, Währung, Bildung, Einwanderung – warum Politik so häufig scheitert“ (Deutsche Verlags-Anstalt, 576 Seiten, 24,99 Euro) teilt der ehemalige Bundesbank-Vorstand gegen die Kanzlerin aus. Mit der Öffnung der Grenzen für die Flüchtlinge habe Angela Merkel (61, CDU) „die größte politische Torheit seit dem Zweiten Weltkrieg“ begangen, Deutschland drohe angesichts des Ansturms von „Millionen kulturfremden Einwanderern mit durchschnittlich niedriger kognitiver Kompetenz“ der Abstieg, und um die Risiken ihrer Entscheidung zu vertuschen, habe die Kanzlerin „verharmlost und geschwindelt“.

 

Diese Thesen stellte Sarrazin am Donnerstagabend – moderiert von LVZ-Chefredakteur Jan Emendörfer – in der Alten Handelsbörse Leipzig vor. Die CDU-Mittelstandsvereinigung Sachsen hatte den Bestseller-Autor mit seinen provokanten Aussagen eingeladen. Die Veranstaltung war bereits kurz nach ihrer Ankündigung mit rund 200 Zuhörern ausgebucht.

 

Sarrazin sieht sich durch die aktuelle Politik und die Flüchtlingszuwanderung bestätigt: Seine vor sechs Jahren heftig kritisierte These „Deutschland schafft sich ab“ bestätige sich, sagte er in Leipzig. "Wir sind in der Politik damit befasst, an Symptomen zu arbeiten, während das große Thema ungeachtet weiter läuft", so Sarrazin am Donnerstag. In Anlehnung an ein Merkel-Zitat erklärte der frühere Berliner Finanzsenator: „Wir schaffen das nicht.“ Deshalb plädiert Sarrazin dafür, den „Zustrom“ wirkungsvoll zu verhindern beziehungsweise zu begrenzen. "Können wir es zulassen, dass wir ein Recht haben, das 50 Prozent der Menschen einen Aufenthaltsstatus gibt? Das kann ja wohl nicht sein", sagte der Sozialdemokrat in die Runde der Zuhörer.

 

Die Rückgewinnung der Kontrolle über „unsere Grenzen“ werden zur „Existenzfrage für unsere Kultur und das Überleben unserer Gesellschaft“. In diesem Zusammenhang spricht der 71-Jährige, der immer noch SPD-Mitglied ist, von „Kohorten“ Flüchtlingen, die sich laut seiner Modellrechnungen innerhalb von zwei Jahrzehnten verfünffachen würden, und unterstellt ihnen, weniger intelligent als Deutsche zu sein.

 

Vor und während des Sarrazin-Auftritts protestierte die Initiative „Rassismus tötet“ aus Leipzig zusammen mit den Jugendorganisationen Jusos (SPD), Linksjugend Solid (Linke) und Grüne Jugend (Bündnis90/Grüne) gegen die Veranstaltung. „Sarrazin lotet mit seinen Büchern die Grenzen des Sagbaren aus. Durch ihn wurde das Konzept der Rassen’wieder denkbar“, kritisiert Hannie Schaft von “Rassismus tötet”. „Die Bevölkerung steht in großen Teilen hinter Sarrazin. So sind sozialdarwinistische Einstellung ein Konsens in der deutschen Bevölkerung, ähnlich wie rassistische.”

 

Von Andreas Debski