In der Lausitz ist Ruhe eingekehrt. Tausende Kohlegegner haben am Pfingstwochenende Gleise blockiert und Tagebaugeräte besetzt. Die Diskussion um die Braunkohle geht aber auch nach den Protesten weiter. CDU und Linke in Sachsen geben sich gegenseitig die Schuld am politischen Klima.
Nach dem Ende der Blockade durch Umweltaktivisten läuft das
Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe wieder im Normalbetrieb. "Die
Kohlezüge rollen wieder", sagte ein Sprecher des Betreibers Vattenfall
am Montag.
Das Protestbündnis "Ende Gelände" hatte am
Pfingstwochenende die Gleise der Züge für den Kohlenachschub besetzt und
den Betrieb für einen Tag massiv gestört. Der Energiekonzern hatte
daraufhin die Leistung drosseln müssen. Laut "Ende Gelände" lieferte das
Kraftwerk während der Blockade nur noch 20 Prozent seiner Kapazität.
Vattenfall machte dazu keine konkreten Angaben, sprach von "deutlich
reduzierter Leistung".
"Es war nur ein Glücksfall, dass Wind und Sonne die fehlende Kapazität des Kraftwerks Schwarze Pumpe aufgefangen haben. Das war ein Eingriff in die deutsche Energieversorgung."
Thoralf Schirmer, Pressesprecher Vattenfall
Einzelne dringen auch am Montag aufs Gelände ein
Am Pfingstsonntag wurde der Protest am Nachmittag offiziell für beendet erklärt. Einzelne Aktivisten hielten die Blockade jedoch aufrecht und ketteten sich an die Gleise. Die Polizei räumte am frühen Abend die Blockade. In der Nacht zum Montag drangen noch vereinzelt Aktivisten in den Tagebau ein, am Vormittag waren laut Vattenfall aber keine Kohlegegner mehr auf dem Gelände.
Vattenfall warf dem Protestbündnis vor, die Kontrolle über radikale Kräfte verloren zu haben. Die Aktionen "Ende Gelände" und "Klimacamp" hätten auch "ungeordnete Gruppen von radikalen Kohlegegnern" versammelt und damit die "Büchse der Pandora" geöffnet. Ein Teil der Aktivisten habe nicht die Absicht gehabt, friedlich zu demonstrieren und es auf eine Eskalation angelegt.
Polizei stellt Rechtsextreme in der Nähe des Klimacamps
Die Polizei in Cottbus zog am Montag eine erschreckende Bilanz: So seien
seit Sonntagnachmittag die Identitäten von 271 Umweltaktivisten
festgestellt worden, die sich noch auf dem Betriebsgelände von
Vattenfall aufgehalten hatten. Vier Personen mussten demnach am Sonntag
von den Gleisen getrennt werden, weil sie sich angekettet und
festbetoniert hatten. Es seien Strafanzeigen wegen Sachbeschädigung an
Gleisen, Eingriff in den Bahnverkehr, Widerstand gegen Polizeibeamte und
des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz gestellt worden. 36 Personen
wurden vorläufig festgenommen, inzwischen aber wieder freigelassen.
In
der Nacht zum Montag wurden in der Nähe des Klimacamps in Proschim rund
60 Personen festgestellt. Laut Polizei handelte es sich überwiegend um
Personen der rechten Szene. Einige von ihnen seien der Polizei als
rechtsmotivierte Straftäter bekannt. Gegen alle Personen seien
Platzverweise ausgesprochen worden.
Grüne: Sachsen muss Klimaschutz stärker vorantreiben
Sachsens Grüne haben nach den Protesten erneut einen geordneten Rückzug aus der Braunkohle gefordert. "Die Menschen wollen, dass auch Sachsen aus der Braunkohle als klima- und umweltschädlichem Energieträger aussteigt", sagte Parteichef Jürgen Kasek. Die sächsische Regierung müsse den Klimaschutz und die Energiewende viel entschlossener als bisher vorantreiben.
CDU Sachsen will Aussprache im Landtag
Die CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag macht unterdessen die Linke
mitverantwortlich für die Ausschreitungen. "Mit ihrer Mobilisierung für
das sogenannte 'Klimacamp' ist die Linke für den Gewaltausbruch im
Lausitzer Braunkohlerevier politisch mitverantwortlich", erklärte der
energiepolitische Sprecher Lars Rohwer.
Sein Fraktionskollege
Frank Hirche forderte eine Aufklärung der Vorfälle im Landtag.
"Ich erwarte, dass die Vorfälle im Sächsischen Landtag ausgewertet
werden, da es keine Frage auf Länderebene ist, sondern eine Frage
unserer Region. Die 'politischen Beobachter' der Linken-Fraktion des
Sächsischen Landtages haben nicht zur Deeskalation der Gewalt
beigetragen, sondern vielmehr noch applaudiert." Das sei auch nicht
durch ein Engagement für den Klimaschutz zu rechtfertigen, so Hirche.
Wer wie die CDU zivilen Ungehorsam als 'Gewaltausbruch' denunziert, hat nicht begriffen, wie die Zivilgesellschaft in der Demokratie funktioniert.
Marco Böhme, klimapolitischer Sprecher der Linke-Fraktion
Die Linke wies die Vorwürfe zurück. Der klimapolitische Sprecher Marco Böhme erklärte am Montag, die Vorwürfe seien haltlos und grenzten an üble Nachrede. "Die Behauptung des Applauses für Gewalt ist eine Unverschämtheit und widerspricht schlicht den Tatsachen", so Böhme. "Es handelt sich um den billigen Versuch, vom eigenen Versagen in der regionalen Strukturpolitik durch Braunkohlefixierung abzulenken, indem Aktivist*innen der sozialökologischen Energiewende kriminalisiert werden." Die Linke habe vielmehr vermittelnde Gespräche mit der Polizei geführt, so Böhme.