CDU vs. Linke Schuldzuweisungen nach Braunkohleprotesten in der Lausitz

Erstveröffentlicht: 
16.05.2016

In der Lausitz ist Ruhe eingekehrt. Tausende Kohlegegner haben am Pfingstwochenende Gleise blockiert und Tagebaugeräte besetzt. Die Diskussion um die Braunkohle geht aber auch nach den Protesten weiter. CDU und Linke in Sachsen geben sich gegenseitig die Schuld am politischen Klima.

 

Nach dem Ende der Blockade durch Umweltaktivisten läuft das Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe wieder im Normalbetrieb. "Die Kohlezüge rollen wieder", sagte ein Sprecher des Betreibers Vattenfall am Montag.

Das Protestbündnis "Ende Gelände" hatte am Pfingstwochenende die Gleise der Züge für den Kohlenachschub besetzt und den Betrieb für einen Tag massiv gestört. Der Energiekonzern hatte daraufhin die Leistung drosseln müssen. Laut "Ende Gelände" lieferte das Kraftwerk während der Blockade nur noch 20 Prozent seiner Kapazität. Vattenfall machte dazu keine konkreten Angaben, sprach von "deutlich reduzierter Leistung".

 

"Es war nur ein Glücksfall, dass Wind und Sonne die fehlende Kapazität des Kraftwerks Schwarze Pumpe aufgefangen haben. Das war ein Eingriff in die deutsche Energieversorgung."

Thoralf Schirmer, Pressesprecher Vattenfall

 

Einzelne dringen auch am Montag aufs Gelände ein


Am Pfingstsonntag wurde der Protest am Nachmittag offiziell für beendet erklärt. Einzelne Aktivisten hielten die Blockade jedoch aufrecht und ketteten sich an die Gleise. Die Polizei räumte am frühen Abend die Blockade. In der Nacht zum Montag drangen noch vereinzelt Aktivisten in den Tagebau ein, am Vormittag waren laut Vattenfall aber keine Kohlegegner mehr auf dem Gelände.

 

Vattenfall warf dem Protestbündnis vor, die Kontrolle über radikale Kräfte verloren zu haben. Die Aktionen "Ende Gelände" und "Klimacamp" hätten auch "ungeordnete Gruppen von radikalen Kohlegegnern" versammelt und damit die "Büchse der Pandora" geöffnet. Ein Teil der Aktivisten habe nicht die Absicht gehabt, friedlich zu demonstrieren und es auf eine Eskalation angelegt. 

 

Polizei stellt Rechtsextreme in der Nähe des Klimacamps


Die Polizei in Cottbus zog am Montag eine erschreckende Bilanz: So seien seit Sonntagnachmittag die Identitäten von 271 Umweltaktivisten festgestellt worden, die sich noch auf dem Betriebsgelände von Vattenfall aufgehalten hatten. Vier Personen mussten demnach am Sonntag von den Gleisen getrennt werden, weil sie sich angekettet und festbetoniert hatten. Es seien Strafanzeigen wegen Sachbeschädigung an Gleisen, Eingriff in den Bahnverkehr, Widerstand gegen Polizeibeamte und des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz gestellt worden. 36 Personen wurden vorläufig festgenommen, inzwischen aber wieder freigelassen.

In der Nacht zum Montag wurden in der Nähe des Klimacamps in Proschim rund 60 Personen festgestellt. Laut Polizei handelte es sich überwiegend um Personen der rechten Szene. Einige von ihnen seien der Polizei als rechtsmotivierte Straftäter bekannt. Gegen alle Personen seien Platzverweise ausgesprochen worden. 

 

Grüne: Sachsen muss Klimaschutz stärker vorantreiben  

 

Sachsens Grüne haben nach den Protesten erneut einen geordneten Rückzug aus der Braunkohle gefordert. "Die Menschen wollen, dass auch Sachsen aus der Braunkohle als klima- und umweltschädlichem Energieträger aussteigt", sagte Parteichef Jürgen Kasek. Die sächsische Regierung müsse den Klimaschutz und die Energiewende viel entschlossener als bisher vorantreiben. 

 

CDU Sachsen will Aussprache im Landtag


Die CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag macht unterdessen die Linke mitverantwortlich für die Ausschreitungen. "Mit ihrer Mobilisierung für das sogenannte 'Klimacamp' ist die Linke für den Gewaltausbruch im Lausitzer Braunkohlerevier politisch mitverantwortlich", erklärte der energiepolitische Sprecher Lars Rohwer.

Sein Fraktionskollege Frank Hirche forderte eine Aufklärung der Vorfälle im Landtag. "Ich erwarte, dass die Vorfälle im Sächsischen Landtag ausgewertet werden, da es keine Frage auf Länderebene ist, sondern eine Frage unserer Region. Die 'politischen Beobachter' der Linken-Fraktion des Sächsischen Landtages haben nicht zur Deeskalation der Gewalt beigetragen, sondern vielmehr noch applaudiert." Das sei auch nicht durch ein Engagement für den Klimaschutz zu rechtfertigen, so Hirche.

 

Wer wie die CDU zivilen Ungehorsam als 'Gewaltausbruch' denunziert, hat nicht begriffen, wie die Zivilgesellschaft in der Demokratie funktioniert.

Marco Böhme, klimapolitischer Sprecher der Linke-Fraktion
Linke spricht von haltlosen Vorwürfen der CDU

Die Linke wies die Vorwürfe zurück. Der klimapolitische Sprecher Marco Böhme erklärte am Montag, die Vorwürfe seien haltlos und grenzten an üble Nachrede. "Die Behauptung des Applauses für Gewalt ist eine Unverschämtheit und widerspricht schlicht den Tatsachen", so Böhme. "Es handelt sich um den billigen Versuch, vom eigenen Versagen in der regionalen Strukturpolitik durch Braunkohlefixierung abzulenken, indem Aktivist*innen der sozialökologischen Energiewende kriminalisiert werden." Die Linke habe vielmehr vermittelnde Gespräche mit der Polizei geführt, so Böhme.