AfD darf zum Evangelischen Kirchentag kommen

Erstveröffentlicht: 
09.05.2016

Anders als beim Katholikentag sollen AfD-Spitzenpolitiker beim Evangelischen Kirchentag nicht generell von Podiumsdiskussionen ausgeschlossen werden. Frauke Petry findet das "selbstverständlich".

 

Aufritte von AfD-Politikern sollen beim Deutschen Evangelischen Kirchentag 2017 in Berlin grundsätzlich möglich sein. "Wir erklären nicht pauschal, dass die AfD bei uns nicht infrage kommt", sagte die Präsidentin des Berliner Protestantentreffens, Christina Aus der Au.

 

Damit hat sich die evangelische Kirche gegenüber der rechten Partei für einen anderen Kurs als die Katholiken entschieden. Denn das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK) als Organisator des Katholikentags Ende dieses Monats in Leipzig hatte bereits Anfang des Jahres entschieden, dass dort kein AfD-Politiker an öffentlichen Diskussionen teilnehmen könne.

 

Begründet wurde dies vom ZdK unter seinem Präsidenten Thomas Sternberg damit, dass sich die AfD wegen Äußerungen von AfD-Chefin Frauke Petry und Parteivize Beatrix von Storch über einen Schusswaffengebrauch an deutschen Grenzen "aus dem demokratischen Grundkonsens verabschiedet" hätte.

 

Heftig kritisiert wurde diese Entscheidung der Katholiken anschließend von Petry. Sie warf dem Katholikentag eine "Unkultur des Nicht-miteinander-Redens" vor.

Hingegen haben sich die Organisatoren des Evangelischen Kirchentags nun vorgenommen, "Menschen nicht nach ihrem Parteibuch zu bewerten", wie Aus der Au sagte. "Einziges Kriterium" bei Podiumseinladungen für den Kirchentag sei, ,,ob man mit Politikern ins Gespräch kommen könne". 

 

Petry lobt Entscheidung als "konsequent"


Allerdings ließ Aus der Au offen, ob es bereit konkrete Pläne für Einladungen an AfD-Politiker oder gar feste Verabredungen gebe. Die Entscheidung darüber liege nun bei den Projektleitern des Kirchentages, die die jeweiligen Podiumsveranstaltungen organisieren.

Jene Projektleiter würden demnächst "mit gutem Augenmaß die Leute ansprechen". Aber grundsätzlich sei der Kirchentag bereit, in Berlin auch mit AfD-Politikern zu diskutieren.

 

Für "selbstverständlich" hält dies Petry. "Wenn man Politiker beteiligen will, darf es in Demokratien keinen Ausschluss demokratischer Parteien geben", sagte die AfD-Vorsitzende der "Welt". Dass die evangelische Kirche dies nun so halten wolle, sei "konsequent", fügte Petry hinzu. "Ich hoffe, dass sie dabei bleibt."

Der Evangelische Kirchentag 2017 hat besonderes Gewicht. Zum einen politisch, weil er nur wenige Monate vor der Bundestagswahl stattfindet. Zum anderen religiös, weil das Protestantentreffen ins Jahr des 500. Reformationsjubiläums fällt und in die umfangreichen Veranstaltungspläne der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eingebettet ist. 

 

Kommt vielleicht auch der Papst?


Deren Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm wollte bei der Programmpräsentation auch das Kommen eines anderen Gastes nicht ausschließen. Eines Gastes allerdings, der mit Parteien wie der AfD nichts am Hut hat. Gemeint ist Papst Franziskus.

 

Zwar will das Oberhaupt der Römisch-Katholischen Kirche bislang die Erinnerung an die Reformation nur so begehen, dass Franziskus bereits 2016 Ende Oktober zu einem Treffen mit dem Lutherischen Weltbund ins schwedische Lund kommt. Ein Deutschlandbesuch 2017 ist derzeit nicht geplant.

Aber Bedford-Strohm, der sich kürzlich in Rom mit dem Papst über die Erinnerung an Martin Luther unterhalten hatte, orakelte, man wisse nicht, "was nach Lund kommt und welche Dynamik dadurch möglicherweise entsteht". Daher könne er bezüglich einer Papstreise nach Deutschland 2017 nur sagen, "dass ich nichts ausschließe". 

 

Mit dem Glauben gegen Magersucht


Bedford-Strohm käme ein solcher Besuch sehr gelegen. Denn die EKD will das Reformationsjubiläum bewusst ökumenisch begehen. "Wir wollen alles tun, um jede Form von Konfessionalismus zu überwinden", sagte Bedford-Strohm. Ihm schwebt für 2017 ein großes gemeinsames "Christusfest" mit den Katholiken vor.

 

Hierbei würdigen wolle man vor allem das mittlerweile auch von Katholiken geteilte Prinzip, dass der Mensch vor Gott durch den Glauben gerechtfertigt sei, sagte Bedford-Strohm.

 

Allerdings bleibt abzuwarten, ob die Katholiken darunter dasselbe verstehen wie der EKD-Chef. Für Bedford-Strohm heißt Rechtfertigung durch Glauben, dass man entlastet werde von den "Ansprüchen, an denen wir heute gemessen werden". Als Beispiel nannte er die "Magersucht als Ausdruck davon, dass Menschen sich nicht annehmen können und sich nicht von Gott angenommen fühlen".