An der rechtsextremen Kundgebung mit Reden und Musik in Hildburghausen haben nach Polizeiangaben gestern ab 14 Uhr rund 3.500 Menschen teilgenommen. Sie waren aus ganz Deutschland und aus dem benachbarten, europäischen Ausland angereist. Die Polizei, die mit 350 Beamten im Einsatz war, registrierte insgesamt 45 Verstöße. Darunter 14 gegen das Versammlungsgesetz und 17 wegen des Zeigens verfassungsfeindlicher Symbole. In zwei Fällen gab es demnach Widerstand gegen Polizeibeamte.
Verzögerung nach Polizeikontrollen
Die rechtsextreme Kundgebung hatte mit etwa zweieinhalb Stunden Verspätung begonnen, da die Polizei vorab scharfe Personen- und Autokontrollen vornahm. Die Veranstaltung im Gewerbegebiet "Schraube" war von den Behörden nur mit strengen Auflagen wie einem Alkohol- und Glasflaschenverbot genehmigt worden. Zu der Demo versammelten sich auch Teilnehmer aus dem benachbarten, europäischen Ausland wie Tschechien, Polen, Österreich und Frankreich. Ursprünglich hatte die Polizei mit rund 1.500 Teilnehmern wie im vergangenen Jahr gerechnet. Der Veranstalter hatte 1.300 Demonstranten angemeldet.
An einer friedlichen Demonstration gegen die rechtsextreme Kundgebung hatten am Vormittag in Hildburghausen nach Polizeiangaben etwa 150 Personen teilgenommen. Der Veranstalter, ein Eisenacher Stadtrat und Opel-Betriebsrat, sprach von rund 250 bis 300 Teilnehmern. Angehörige der Gewerkschaften IG Metall, Verdi und Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), der Hilfsorganisation Solidarität International sowie der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) und der zur Partei gehörenden Jugendverbands Rebell kamen in der Innenstadt zusammen. Am frühen Abend gab es außerdem noch ein Friedensgebet in der Christuskirche, an dem rund 50 Personen teilnahmen, darunter der Bürgermeister, der Landrat sowie Bundes- und Landespolitiker.
Kritik des Bürgermeisters
Bürgermeister Holger Obst (CDU) sprach mit Blick auf die rechte Veranstaltung von "einem der schwärzesten Tage der Stadt". Die Stadt werde alles versuchen, um ähnliche Konzerte künftig zu verhindern. Obst sagte MDR THÜRINGEN, er hätte sich mehr Präsenz im Stadtgebiet gewünscht. Die Konzertteilnehmer aus dem rechtsextremen Spektrum hätten zahlreiche Parkplätze belagert und so bei der Bevölkerung Angst und Schrecken verbreitet. Obst kritisierte auch die Genehmigung des Konzerts durch das Landratsamt Hildburghausen. Ohne zusätzliche Auflagen der Stadt wie etwa Alkoholausschank nur für vier Stunden, wäre es vielleicht "noch schlimmer geworden", so der Bürgermeister. Für die Zukunft wünschte er sich mehr Unterstützung von Landratsamt und Landesregierung.
Polizei verteidigt sich
Der Hildburghäuser Landrat Thomas Müller (CDU) und der Suhler Polizeichef Wolfgang Nicolai wiesen die Kritik zurück. Nicolai sagte MDR THÜRINGEN, die 350 Polizisten hätten alles getan, um die Sicherheit der Einwohner zu gewährleisten. Es sei niemand verletzt worden, die Polizei habe die Lage stets im Griff gehabt. Dass bei 3.500 Leuten einige Rechtsextreme im Stadtgebiet auftauchen und sich mancher Bürger dadurch verunsichert fühlt, das lasse sich nun mal nicht vermeiden, so Nicolai. Zudem könne die Polizei nicht überall sein. Landrat Müller wies auf die Auflagen hin, die die Kreisverwaltung als Versammlungsbehörde erlassen und weitgehend auch vor Gericht durchbekommen habe. So durfte nur vier Stunden lang Leichtbier ausgeschenkt werden, auch war ein Festzelt verboten. Die Polizei habe diese Auflagen konsequent durchgesetzt, so der Landrat. Müller sagte wörtlich: "Dass es hier zu einem Aufmarsch von vielen Nazis kommt, ist für uns schwer erträglich. Aber mit der Versammlungsfreiheit als Grundrecht müssen wir mitunter mit solchen Sachen leben, auch wenn sie uns nicht gefallen."
Kritik an Bürgermeister
Aus dem Lager der Gegendemonstranten kamen dagegen auf Twitter Vorwürfe gegen Bürgermeister Obst, er habe ihre Kundgebung erschwert. Eine linke Gruppierung mit dem Namen Solibri warf außerdem der Polizei vor, sie habe Neonazis unbegleitet durch die Stadt marschieren lassen. Obsts Amtsvorgänger, der jetzige Landtagsabgeordnete Steffen Harzer (Linke), kritisierte dagegen, dass Obst Gegenprotest verhindern wollte statt ihn anzuführen. Landrat und Bürgermeister forderte er auf, sich an die Spitze der Protestbewegung gegen die Rechtsextremisten zu stellen. Mit den laschen Auflagen der vergangenen beiden Jahre hätten sie dazu beigetragen, dass an diesem Wochenende die Stadt "von den Nazis überrannt" worden sei.
Erneute Kundgebung am Sonntag
Parallel zur Demonstration der Rechtsextremen war kurzfristig auch eine
weitere Veranstaltung durch den thüringenweit bekannten Rechtsextremen
Tommy Frenck in seiner Gaststätte in Kloster Veßra organisiert worden.
Am Sonntag organisierten Rechte noch einemal eine kleinere Demo gegen
eine Veranstaltung der Linke in der Kreisstadt. 44 Beteiligte zogen
dabei durch die Stadt.
In der Innenstadt ging das traditionelle
Marktfest der Linken über die Bühne. Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow
erinnerte dabei an den 8. Mai als Tag der Befreiung vom Faschismus, der
in Thüringen erstmals ein Gedenktag ist. Es sei unerträglich, dass an
diesem Wochenende Nazis durch die Stadt marschierten, sagte sie.