»Zwischen Krieg und Krise besteht ein Zusammenhang«

Erstveröffentlicht: 
10.03.2010

Bündnis ruft zu NRW-weiter Demo »Wir zahlen nicht für Eure Krise« in Essen auf. Ein Gespräch mit Mahir Yolcu.

Mahir Yolcu ist Sprecher der Roten Antifa Duisburg

 

Neben vielen gesellschaftlichen Kräften rufen Sie und andere Antifagruppen aus Nordrhein-Westfalen (NRW) für den 20. März zu einer Demonstration unter dem Motto »Wir zahlen nicht für eure Krise« in Essen auf. Wie kommt es, daß sich die Antifa mittlerweile für die Forderung nach gesetzlichem Mindestlohn und der Rente ab 60 Jahren stark macht?


Gerade während großer Wirtschaftskrisen offenbaren sich die Widersprüche des kapitalistischen Systems und damit auch die Zusammenhänge zwischen den Anliegen verschiedener sozialer Bewegungen. Zu denen gehört natürlich auch die Antifaschistische Aktion. In diesen Zeiten müssen wir uns auf immer härtere Angriffe des Staates und der Kapitalisten gegen Lohnabhängige, Jugendliche und eben auch gegen jegliche politische Opposition einstellen. Dies äußert sich aktuell durch die Einführung des Schnüffelgesetzes ELENA, durch Verschärfungen der Hartz-Gesetze, drastische Einschnitte ins Bildungssystem und Versuche, das Versammlungsrecht immer weiter zu beschneiden. Aber auch Bundeswehreinsätze im Innern und Manöver der Truppe zur Aufstands- und Streikbekämpfung stehen auf der Tagesordnung. Dadurch werden viele Antifagruppen, aber natürlich auch viele andere soziale Bewegungen in ihrer politischen Arbeit eingeschränkt. Uns ist es wichtig, diese Zusammenhänge aufzuzeigen und die verschiedenen sozialen Kämpfe miteinander zu verknüpfen. Wir wollen so gemeinsam mit Gewerkschaften, Erwerbsloseninitiativen, Migrantenorganisationen, antikapitalistischen Gruppen, der Friedens- und der Bildungsstreikbewegung gegen die Abwälzung der Krise auf unsere Schultern kämpfen. Dafür soll die Demonstration in Essen ein Auftakt für das Jahr 2010 sein.

Der Kampf gegen Sozialabbau gehörte in der Vergangenheit nicht unbedingt zu den Schwerpunkten antifaschistischer Gruppen. Hat sich das geändert?


Es stimmt, daß viele Antifagruppen diesem Themenfeld lange Zeit nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt haben. Dabei ist die soziale Frage schon immer ein grundlegender Bestandteil unserer politischen Arbeit. Wir engagieren uns seit längerem in Bildungsstreikbündnissen, beteiligen uns an Streiks oder den »Zahltag-Aktionen« vor Jobcentern. Wir freuen uns, daß sich unter den Unterstützern der Demo am 20. März weitere Antifagruppen finden. Auch am Bildungsstreik waren an vielen Orten Leute von uns beteiligt. Diese Entwicklung gilt es zu stärken. Die antifaschistische Bewegung darf nicht isoliert und abseits der sozialen Bewegungen existieren, sondern sollte ein Teil von ihnen sein.

Verschiedene Gewerkschafter und linke Organisationen rufen zu der Demonstration am 20. März auf. Glauben Sie, daß es gelingen wird, auch vom Sozialabbau Betroffene zu mobilisieren?


Die Angriffe des Kapitals richten sich längst nicht mehr gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen. Wir wollen versuchen, den Protest auf möglichst breiter Basis zu organisieren. Das ist bei der Zusammensetzung des Bündnisses schon gelungen und wird sich sicherlich auch am 20. März widerspiegeln.

Im Aufruf zu der Demo findet sich die Forderung nach dem Abzug aller deutschen Soldaten aus dem Ausland. Was hat dieses Verlangen auf einer Demonstration gegen die Wirtschaftskrise zu suchen?


Durch die Kriegseinsätze der Bundeswehr im Ausland können in der Rüstungsindustrie und ihren Zuliefersparten, trotz der Krise, mächtige Profite erzielt werden. Zudem werden die Absatzmärkte unterworfener und bezwungener Länder durch die Waren multinationaler Konzerne überschwemmt. Es besteht also ein direkter Zusammenhang zwischen Krieg und Krise. Außerdem ist der 20. März der Jahrestag des Beginns des Irak-Kriegs. Deshalb rufen wir zu einem antikapitalistischen und antimilitaristischen Block auf der Demo auf.

www.rote-antifa.org
und krisendemo-nrw.de