Kölner Politiker Rottmann: Beruf Geheimdienstoffizier, Hobby AfD

AfD-Funktionär und MAD-Mitarbeiter Hendrik Rottmann aus Köln
Erstveröffentlicht: 
17.03.2016

Hendrik Rottmann arbeitet für den Bundeswehr-Geheimdienst MAD. Der Kölner engagiert sich aber auch bei der AfD. Er ist nicht der einzige Politiker der Rechtspopulisten in der Truppe.

 

Wenn man Hendrik Rottmann nach seinem Beruf fragt, gibt sich der Vorsitzende des Kölner Kreisverbands der Alternative für Deutschland (AfD) recht wortkarg. Auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE erwiderte der Spitzenkandidat der Rechtspopulisten in einer Mail fünfmal lediglich: "Kein Kommentar". Dahinter pflanzte der Mann, der im letzten Herbst als Oberbürgermeister-Kandidat in Köln angetreten war, jeweils ein Ausrufezeichen.

Die abwehrende Haltung von Rottmann hat einen einfachen Grund: Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE arbeitet der AfD-Funktionär mit dem fein gezwirbelten roten Schnurrbart seit Langem beim Militärischen Abschirmdienst (MAD), dem Geheimdienst der Bundeswehr. Im Netz gab der Betriebswirt bisher lediglich an, er sei Offizier der Streitkräftebasis.

Der MAD-Job des AfD-Manns ist nicht unproblematisch. Denn der Geheimdienst beobachtet mit großem Aufwand extremistische Tendenzen in der Bundeswehr, besonders die rechtsradikale Gesinnung von Soldaten ist ein Hauptbetätigungsfeld der Kölner Nachrichtendienstler. Doch rechtes Gedankengut werfen viele auch der AfD vor. Erst kürzlich forderte SPD-Chef Sigmar Gabriel deswegen die Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz.

Bislang allerdings sieht das Bundesamt für Verfassungsschutz keinen Grund, eine nachrichtendienstliche Beobachtung der AfD zu prüfen: "In dieser Partei mag es Personen geben, die ich als Spinner bezeichnen würde", sagte BfV-Chef Hans-Georg Maaßen kürzlich in einem Interview. "Aber wir sehen keinen steuernden Einfluss von Rechtsextremen auf diese Partei."

Auch der Dienst wiegelt in der Causa Rottmann ab. Auf Anfrage teilte ein MAD-Sprecher mit, Rottmanns Aktivitäten seien "dienstrechtlich nicht zu beanstanden". Im feinsten Bundeswehrdeutsch fügte er hinzu, "soweit hier bekannt" seien derzeit keine Gründe erkennbar, die einer "dienstlichen Verwendung im MAD entgegenstehen".

Agitation in der Kaserne ist streng untersagt

Die Bundeswehr äußert sich ähnlich: Rottmann werde beim MAD nur in der Verwaltung eingesetzt. Statt als Agent arbeite er als Controller und habe keinen Zugang zu operativen Vorgängen. In der Truppe heißt es, dass Rottmann keinen Zugang zu Nachforschungen über rechtsextreme Umtriebe in und außerhalb der Streitkräfte habe.

Auch ein nachrichtendienstlicher Einsatz von Rottmann für den MAD in der AfD kann ausgeschlossen werden: Zum einen wird die Partei ja bislang nicht beobachtet. Zum anderen setzen deutsche Inlandsnachrichtendienste keine hauptamtlichen verdeckten Ermittler zur Infiltration extremistischer Gruppierungen ein, sondern vertrauen ausschließlich auf V-Leute.

Grundsätzlich ist Soldaten eine politische Tätigkeit durchaus erlaubt. Laut Soldatengesetz müssen sie allerdings die demokratische Grundordnung anerkennen und die Aufgaben als Politiker und als Soldat klar trennen. Folglich sind Auftritte in Uniform oder Agitation in der Kaserne streng untersagt. Zudem gilt ein sogenanntes Mäßigungsgebot, die Rolle als Soldat nicht für politische Zwecke zu missbrauchen.

Im Fall von Rottmann gab es bisher keine nennenswerten Probleme. Bis 2013 war der Soldat, der auch im Bundeswehrverband aktiv ist, in der CDU. Fast 20 Jahre hielt er den Christdemokraten die Treue. Mitten in der Eurokrise wechselte er aber zur AfD. Dort schaffte es der Familienvater bis zum Spitzenkandidaten der Protestpartei in Köln.

Die Bundeswehr tut sich schwer mit Disziplinarstrafen

Rottmann ist nicht der einzige Bundeswehroffizier, der in der AfD Karriere machte: In Rheinland-Pfalz steht Oberstleutnant Uwe Junge an der Spitze des Landesverbands, der bei den Wahlen am Wochenende aus dem Stand 12,6 Prozent der Wählerstimmen holte. Junge geht weniger zurückhaltend mit seinem Bundeswehrhintergrund um als Rottmann, im Wahlkampf berichtete er regelmäßig von seinen Einsätzen in Afghanistan.

Junge ist stolz auf seine Erfahrungen bei den Streitkräften, dort lernte er den Einsatz von Polemik und Agitation im Kommunikationskrieg. Seit Jahren tut er Dienst im Zentrum Operative Kommunikation, eine Art Propagandaabteilung der Bundeswehr für die Auslandseinsätze.

Für die Bundeswehr ist Junge ein schwieriger Fall. Seine Vorgesetzten beobachten ihn genau. Mehrmals wurde er über die Dienstpflichten belehrt, die Stellung als Soldat nicht für politische Zwecke zu missbrauchen.

Im Wahlkampf wollte Junge sogar ein Interview in seiner Kaserne geben. Die Truppe lehnte das ab, erneut wurde ihm ins Gewissen geredet. Dass er sich schließlich vor dem Zaun der Kaserne vor der Kamera postierte, gefiel der Bundeswehr nicht. Mit einer Verwarnung aber tat man sich schwer. Offenbar wollen die Streitkräfte dem AfD-Mann nicht durch eine Disziplinarstrafe die Gelegenheit geben, sich als Opfer zu stilisieren.