Behörde hat bei Securityfirmen nicht genau hingesehen

Erstveröffentlicht: 
11.02.2016

Auch nach der Festnahme von vier Verdächtigen am Fasnachtsdienstag bleiben rund um den Handgranatenanschlag vom 29. Januar auf dem Gelände eines Flüchtlingsheims in Villingen viele Fragen offen. Das Augenmerk richtet sich jetzt auf die Rolle der Sicherheitsdienste.

 

Die Konkurrenzsituation und daraus resultierende Konflikte sollen Hintergrund der Tat sein. Zu diesem Ergebnis kommt, wie am Mittwoch berichtet, die 75-köpfige "Sonderkommission Container", nachdem sie mehr als 100 Personen vernommen hat. Ein fremdenfeindliches Motiv könne man ausschließen.

 

Mitarbeiter ohne Führungszeugnis

Bei der Unterkunft in Villingen sind nach Angaben des Regierungspräsidiums Freiburg die Sicherheitsfirmen "Ever Safe" aus Tuttlingen und WSC aus Rosenfeld im Zollernalbkreis tätig. Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer erklärte am Mittwoch, angesichts des enormen Flüchtlingszuzugs im vergangenen Herbst sei es vor allem darum gegangen, Firmen zu engagieren, die sehr schnell möglichst viel Personal zur Verfügung stellen konnten. Ein Führungszeugnis hätten die einzelnen Mitarbeiter nicht vorlegen müssen.

 

Derzeit werde aber, so Schäfer, die Einführung einer Sicherheitsüberprüfung erwogen. Dazu müssten aber noch rechtliche Fragen geklärt werden. Zudem nutze man jetzt – angesichts einer entspannteren Lage in den Erstaufnahmestellen – die Möglichkeit, alle Verträge in einem transparenten Verfahren neu auszuschreiben. Als weitere Konsequenz aus den Vorfällen sei der Aufbau einer Videoüberwachung in Villingen vorgesehen.

 

Auch der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft hat erneut strengere Vorgaben zur Ausbildung von Wachpersonal angemahnt. Für Tätigkeiten in sensiblen Bereichen wie in Flüchtlingsunterkünften seien Gesetze notwendig. Eine ähnliche Forderung kommt von Villingen-Schwenningens Oberbürgermeister Rupert Kubon (SPD): "Wir müssen mehr darauf schauen, wen wir engagieren."Der Chef einer Sicherheitsfirma, die in Donaueschingen tätig ist, berichtete jüngst der Badischen Zeitung, er engagiere zu 70 Prozent Russlanddeutsche mit Erfahrung als Soldaten.

Er betonte: "Ich brauche keine Schläger, sondern Leute, die geschult sind, auch in der Nahkampftechnik."

 

Drei Verdächtige sitzen in U-Haft

Die mutmaßlichen Täter im Alter von 23 bis 37 Jahren haben nach offiziellen Angaben einen "osteuropäischen Migrationshintergrund". Die Polizei verweigert "aus ermittlungstaktischen Gründen" weitere Informationen. Inoffiziell verlautet, dass es sich um Russlanddeutsche handelt. Drei von ihnen sitzen in U-Haft. Zwei der Wachleute, bei deren Container die Granate aufgefunden worden war, stammen ebenfalls aus Russland, ein dritter aus Tschechien, so die Staatsanwaltschaft Konstanz auf Anfrage. Spekulationen, wonach es sich auch um einen Konflikt unter Rockergruppen handelt, wollte die Staatsanwaltschaft nicht kommentieren.

 

Die Untersuchungen, ob die Granate einen Zünder hatte, der Voraussetzung für eine Explosion ist, sind offiziell nicht abgeschlossen; inoffiziell erfuhr die BZ bereits am Vortag, dass es wohl keinen gab.Die Anwohner der Flüchtlingsunterkunft reagierten mit einer Mischung aus Erleichterung und Erschrecken auf die jüngsten Nachrichten. Es sei gut, dass es kein fremdenfeindlicher Anschlag war, so der Tenor, aber auch beunruhigend, wenn "ausgerechnet Sicherheitsleute" Anschläge verübten.