Wie weiter mit Blockupy? Am 18. März 2015 versuchte das Bündnis, von diversen linken Gruppen getragen und Gewerkschaften unterstützt, eine Blockade der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main. »Tausende Demonstranten aus Deutschland und Europa versauen die Eröffnungsfeier der EZB«, schrieb jW damals. Doch das ist fast ein Jahr her. Am Sonnabend und Sonntag trafen sich Aktivisten in Berlin, um das künftige Vorgehen zu beraten. Gut 200 Menschen nahmen am »Blockupy Ratschlag« teil. Im Herbst dieses Jahres und im Frühjahr 2017 soll es Mobilisierungen geben. Auch der frühere Finanzminister Griechenlands Gianis Varoufakis besuchte die Beratung.
Von Johannes Supe
Neben mehreren Plena, in denen alle Teilnehmer zusammenkamen, wurden in acht Arbeitsgruppen Ideen für die Arbeit des Bündnisses gesammelt. Eine von ihnen beschäftigte sich explizit mit »dem Ort und der Form des Zukünftigen«. Deren Ergebnisse fasste Mario Neumann von der Interventionistischen Linken (IL) zusammen: »Blockupy wird weitergehen, doch es braucht ein Blockupy 2.0.« Die Situation in der BRD und anderen EU-Staaten sei nicht mehr wie vor einigen Jahren. Sich lediglich ein anderes Ziel als die EZB zu suchen und dieses zu blockieren, käme deshalb nicht in Frage.
Im Verlauf der beiden Tage wurde wiederholt darüber gesprochen, dass Blockupy ein attraktives Gegenmodell zu den bestehenden Verhältnissen anbieten müsse. In der Sprache der meist jungen Teilnehmer heißt das: »ein neues politisches Narrativ schaffen«. Immer wieder wurde dabei die Vorstellung eines »Europa von unten« genannt. Dieses solle aus den verschiedenen Kämpfen, die in den EU-Ländern geführt werden, entstehen. Verabredet wurde schließlich, ein Manifest des Bündnisses zu erstell. Besonders wichtig ist den Aktivisten dabei, sich nicht nur an die deutsche Bevölkerung zu wenden.
Blockupy will auch weiterhin »den Feind angreifen«, wie mehrere Aktivisten betonten. Bereits im Herbst, wahrscheinlich im September, will Blockupy Menschen in Berlin auf die Straße bringen. Wofür genau ist allerdings noch nicht entschieden. Ähnlich steht es mit einer angedachten Großaktion im Frühjahr 2017. Die soll ebenfalls in Berlin stattfinden, vermutlich. Diskutiert werden abermals Formen des zivilen Ungehorsams. Doch gegen wen sie sich wenden sollen, ist bislang unklar. Habe man aber erst mal eine überzeugende »linke Erzählung« entwickelt, werde sich schon ein Objekt finden, gegen das sich der Protest richten kann, so die Meinung vieler Anwesender.
Viel gesprochen wurde auch darüber, ob Widerstand gegen die Austeritätspolitik Schwerpunkt bleiben solle, oder sich vermehrt der Flüchtlingsfrage zuwendet. Um die Frage ging es im Workshop »Die soziale Frage ist offen«. Hier debattierte man über eine Verbesserung der »soziale Infrastruktur«. Unter der sind etwa eine funktionierende Gesundheitsversorgung, ausreichend Lehrer in den Schulen oder günstige öffentliche Verkehrsmittel zu verstehen. »Hier versucht man, einen Keil zwischen Migranten und uns zu treiben. Doch was sie bekommen, wird zukünftig die soziale Infrastruktur für uns alle sein«, sagte Joao Maia, der in der Initiative »Frankfurt für alle« aktiv ist. In der Diskussion – wie generell während des Ratschlags – herrschte einiger Optimismus vor.
Am Sonntag besuchte Gianis Varoufakis den Blockupy-Ratschlag. Er sei da, um zuzuhören und zu lernen, betonte er. Am Dienstag will der griechische Politiker sein eigenes Projekt – die Bewegung 2025 für Demokratie in Europa (DiEM 25) – in der Berliner Volksbühne vorstellen. Die Erpressung Griechenlands durch die Europäische Zentralbank habe viele Menschen aufgewühlt, so Varoufakis. DiEM 25 solle die bei ihnen freigewordene Energie nun aufnehmen. Gleichzeitig soll das Projekt eine Infrastruktur stellen, um bereits bestehende soziale Bewegungen miteinander zu verbinden. »Ist das utopisch? Ja. Ist Blockupy utopisch? Ja. Aber was ist die Alternative? Eine schreckliche Dystopie«, sagte Varoufakis.