Zwei Jahre danach: Chemikalien-Einsatz der Polizei bleibt folgenlos

Angeblicher "Wasser"-Einsatz in Schönefeld. Foto: flickr, caruso.pinguin.

Der widerrechtliche Angriff von Bereitschaftspolizisten auf Teilnehmende einer antirassistischen Kundgebung vor zwei Jahren in Leipzig-Schönefeld wird für die uniformierten Täter folgenlos bleiben.

 

Das geht aus einer neuerlichen Anfrage der Linksfraktion im Sächsischen Landtag hervor. Demnach wurde das Ermittlungsverfahren gegen zwei namentliche bekannte Beamte wegen des Tatvorwurfs der Körperverletzung im Amt bereits im vergangenen Frühjahr gestrichen. Die zuständige Staatsanwaltschaft Leipzig hat den ganzen Vorgang lediglich als Vergehen bewertet und mit Zustimmung des Amtsgerichts eingestellt.

 

Kein öffentliches Interesse?


Möglich ist das nach Strafprozessordnung, „wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht.“ Zudem wurde ein weiteres Verfahren gegen einen dritten Beamten eingestellt, „da ein Tatnachweis nicht zu führen war“. Pikant: Die längste Zeit war lediglich „gegen Unbekannt“ ermittelt worden, obwohl seit Anbeginn Bildmaterial öffentlich zugänglich war, das mutmaßlich beteiligte Polizisten in Aktion zeigt.

 

Diese waren am Rande einer rassistischen Kundgebung gegen linke Demonstrierende mit Pfefferspray sowie einem Spezialfeuerlöscher vorgegangen, aus dem heraus eine gesundheitsgefährdende Chemikalie versprüht wurde. Zugelassen ist das aber nur zum Ablöschen von Pyrotechnik. Ausdrücklich untersagt dagegen ist der Einsatz gegen Menschen. Mehrere Betroffene hatten hinterher über Augenreizungen berichtet.

 

Die Polizei hatte den Einsatz der Chemikalie zunächst rundweg bestritten. Das Innenministerium behauptete später, die Beamten hätten sich gegen körperliche Angriffe zur Wehr setzen müssen. Auch diese Darstellung gilt als widerlegt.

 

Keinerlei Folgen für Beamte


Während der Ermittlungen hatten angekündigte Disziplinarmaßnahmen gegen die Beamten geruht. Ob sie nachgeholt wurden, bleibt offiziell offen – denn hierzu verweigert das Innenministerium eine Stellungnahme. In der Antwort auf die Parlaments-Anfrage heißt es lediglich, dass disziplinarische Entscheidungen bereits „aus den Personalakten der betroffenen Beamten entfernt und vernichtet“ wurden. Das geschieht gewohntermaßen aber nur, wenn keine Disziplinarmaßnahmen getroffen wurden. Zumindest Personalveränderungen seien infolge nicht vorgenommen worden, heißt es weiter.

 

Demnach blieb der gesamte Vorgang völlig ohne Konsequenzen. Das entspricht der sächsischen Linie, Straftaten im Amt und Fälle von Polizeigewalt überwiegend nicht zu verfolgen. Auch die inzwischen eingerichtete Zentrale Beschwerdestelle wird daran nichts ändern: War im Koalitionsvertrag von CDU und SPD noch von einer „unabhängigen“ Stelle die Rede, ist diese nunmehr beim Sächsischen Innenministerium angesiedelt.