Polizeichef Merbitz: Leipzig hat Problem mit Rechts- und Linksextremismus

Erstveröffentlicht: 
21.01.2016

Linke Ausschreitung und rechte Gewaltexzesse erschütterten Leipzig am 12. Dezember 2015 und 11. Januar 2016. Wie geht es weiter mit Leipzig? Polizeichef Bernd Merbitz zeichnete im Stadtrat ein dramatisches Bild der Lage.

 

Leipzig.  Der Leipziger Stadtrat hat sich in einer aktuellen Stunde mit den Krawallen am 12. Dezember und am 11. Januar beschäftigt. Polizeichef Bernd Merbitz rief die Stadträte zu schnellem, gemeinsamen Handeln auf. „Wir haben ein Problem mit Links- und Rechtsextremismus. Es ist fünf nach zwölf.“ Die Polizei könne Recht und Ordnung immer schwieriger garantieren.

 

Ein Lichtblick: Zum Ende der aktuellen Stunde teilte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) mit, dass Leipzig ab März Verstärkung durch 110 neue Polizisten bekomme. Davor hatte Merbitz ein Bild von Einsatzkräften am Rand ihrer Kapazitäten gezeichnet. Die Beamten arbeiteten nur noch von Einsatz zu Einsatz, sagte er. Angesichts des Ausmaßes der Gewalt am 12. Dezember und am 11. Januar sprach Merbitz von seinem persönlichen „Entsetzen“ und fassungslosen Beamten. „Wir sind keine Bullenschweine“, so Merbitz, und dafür gab es viel Applaus von den Stadträten.

 

„Legida tut der Stadt nicht gut“

 

Die Ausschreitungen wertete der Polizeipräsident als Teil einer Entwicklung, bei der im vergangenen Jahr zunehmend Mandatsträger verleumdet, Büros von Parteien angegriffen und Menschen über das Internet bedroht worden seien. Der Polizeichef machte keinen Hehl aus seinen Befürchtungen, dass die Gewaltspirale sich weiter drehen könnte. Er forderte die Stadträte auf, konkrete Vorschläge zu machen, wie es mit Leipzig weitergehen könne, und gemeinsam mit der Polizei nach Lösungen zu suchen. „Rechtsfreie Räume darf es in der Stadt nicht geben“, stellte er klar.

 

Zu den Legida-Demos sagte der Polizeichef: „Legida tut der Stadt nicht gut.“ Dass das Leben in der Stadt Woche für Woche zum Erliegen komme, habe Leipzig nicht verdient.

 

An den Großdemo-Tagen, die in Gewalt endeten, war die Polizei nach Merbitz‘ Schilderungen gut vorbereitet. 13 Hundertschaften seien am 12.12. im Einsatz gewesen. Am Rande eines rechten Aufmarschs in der Südvorstadt und friedlichen Gegenprotesten kam es trotzdem zu massiven Ausschreitungen. Steine flogen, Barrikaden brannten. „Das waren linksextreme Gewalttäter“, so Merbitz. Die Bilanz der Polizei: 69 verletzte Beamte und 50 beschädigte Einsatzfahrzeuge. Der Sachschaden im Stadtteil gehe in die hunderttausende Euro.

 

Polizei von rechtem Überfall auf Connewitz überrascht


Am Legida-Jahrestag Anfang des Jahres bot die Polizei sogar 23 Hundertschaften auf. „Dass der Sänger von Kategorie C auftreten würde, wussten wir. Darauf, dass mehr rechtsextreme Gewalttäter kommen könnten, waren wir eingerichtet“, so Merbitz. Die Situation in der Innenstadt mit Legida und Gegendemos „haben wir recht gut im Griff gehabt“. Von dem Überfall auf Connewitz, den der Polizeichef als „Gewaltexzess von Rechtsextremen und Hooligans“ benannte, wurden die Einsatzkräfte aber offenbar überrascht. Trotzdem konnten schnell 226 Personen vorläufig festgenommen werden. Ursprünglich sei von 211 Personen die Rede gewesen, „aber da waren wir noch gar nicht fertig“, so der Polizeipräsident.

 

Im Nachgang des 12. Dezember laufen laut Merbitz Ermittlungsverfahren „im hohen zweistelligen Bereich“. Zum 11. Januar machte der Polizeichef noch keine Angaben zum angerichteten Schaden. In beiden Fällen habe die Polizei extra Ermittlungsgruppen eingesetzt. Das auf extremistische Straftaten spezialisierte Operative Abwehrzentrum (OAZ) und der Staatsschutz ermitteln.

 

Von Evelyn ter Vehn