Außenminister Steinmeier und Justizminister Maas haben erneut dazu aufgerufen, entschlossen gegen Fremdenfeindlichkeit vorzugehen. Während Maas mehr Zivilcourage fordert, das Versammlungsrecht verteidigt und die institutionelle Gleichstellung des Islam mit christlichen Kirchen vorantreiben will, warnte der Außenminister vor allem vor einer Instrumentalisierung der Flüchtlingspolitik in Wahlkämpfen und vor "geistigen Brandstiftern".
Bundesjustizminister Heiko Maas lehnt Verbote von Demonstrationen der Pegida-Bewegung grundsätzlich ab. "Man muss ertragen, was bei Pegida oder auf anderen Demonstrationen geschieht, auch wenn es hässlich ist", sagte der SPD-Politiker im Interview mit dem Evangelischen Pressedienst.
"Der Hass wäre immer noch da"
Das Demonstrationsrecht als
kollektive Ausformung der Meinungsfreiheit gehe sehr weit, erklärte
Maas. Man könne keine ganze Demonstration verbieten, wenn Einzelne sich
strafbar machten. Zudem gab der Minister zu bedenken, dass ein Verbot
zwar die Veranstaltung zunächst stoppen würde: "Der Hass der Menschen
wäre aber leider noch immer da."
Der 49 Jahre alte Politiker
wiederholte in dem Interview auch seine bereits zuvor geäußerte
Aufforderung: "Die schweigende Mehrheit darf nicht länger schweigen."
Fremdenfeindlichkeit sei ein Problem, das jeden angehe. Dafür brauche es
keine Regierungserklärung, die Gegenrede könne in der Kneipe, auf dem
Fußballplatz oder am Arbeitsplatz stattfinden: "Wir alle müssen öfter
mal den Mund aufmachen."
Kein Problem mit Verschleierung - Maas für Verträge mit Muslimen
In dem Gespräch kritisierte Maas auch den CDU-Beschluss gegen eine Vollverschleierung muslimischer Frauen. Er sei dagegen, einzelne Aspekte zu dramatisieren. Sicher müsse deutlich werden, dass Frauen selbst entscheiden können. Solange dies aber der Fall sei, habe er kein Problem mit Kopftuch oder Verschleierung. Wo jemand genötigt werde, sei die Grenze überschritten.
Die CDU hatte sich auf ihrem
Parteitag in Karlsruhe in einem Beschluss gegen die Vollverschleierung
von Frauen ausgesprochen, ein zunächst diskutiertes Burka-Verbot dann
aber fallengelassen.
Maas drängte in dem Interview auch auf ein
Vorankommen bei der Gleichstellung muslimischer Gemeinden mit
christlichen Kirchen: "Staatsverträge könnten ein wichtiger Schritt
sein, um den Platz des Islam in der Mitte unserer Gesellschaft zu
stärken."
So könne etwa die Ausbildung von islamischen Theologen
an deutschen Universitäten noch breiter geregelt werden, meinte der
Minister. Das sei besser, "als wenn der Unterricht in Hinterhof-Moscheen
durch Imame geschieht, die möglicherweise ganz andere Vorstellungen von
Grundrechten haben als wir."
Der Justizminister sieht aber auch
eine "Bringschuld" der muslimischen Verbände. "Damit der Staat Verträge
schließen kann, müssen sich die Muslime noch besser mitgliedschaftlich
organisieren", sagte er. Gerade in der aktuellen Situation hätten sie
eine besondere Verantwortung, fundamentalistische Auswüchse dürften in
keiner Gemeinde verharmlost werden.
Steinmeier warnt vor "geistiger Brandstiftung"
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte vor einer Instrumentalisierung der Flüchtlingspolitik in Wahlkämpfen. Die Zunahme rechter Gewalt zeige, wie gefährlich es sei, mit dem Thema auf Stimmenfang zu gehen. "Aus meiner Sicht ist das auch Ergebnis geistiger Brandstiftung", sagte Steinmeier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Der Außenminister bezeichnete es zugleich aber als verständlich, dass "Menschen hierzulande besorgt sind und sich fragen, ob wir es schaffen können, all die Flüchtlinge auch zu integrieren".
Umfrage: Deutsche sind skeptisch
Während Politik und Wirtschaft vor allem die Chancen der Zuwanderung
betonen, zeigt eine aktuelle Umfrage erneut, dass die Bevölkerung
skeptischer ist. So versprechen sich etwa von der Aufnahme der
Flüchtlinge nur wenige Deutsche positive Effekte. In einer
repräsentativen Befragung des Ipsos-Instituts für den Zukunftsforscher
Horst Opaschowski aus Hamburg stimmten lediglich 16 Prozent der dabei
Befragten der Aussage zu: "Die Flüchtlingswelle wird uns mehr
wirtschaftliche Chancen als Probleme bringen."
Nur wenig mehr
Deutsche glauben demnach, dass sich das Bild des Landes in der Welt
verbessern wird. Die Aussage "Deutschland wird durch die Aufnahme der
vielen Flüchtlinge an Ansehen in der Welt gewinnen" befürworteten in der
Befragung nur 20 Prozent, im Osten zwölf und im Westen 22 Prozent.
Merheitlich wird außerdem die Politik für überfordert gehalten. Die
Aussage "Die Politiker sind den Herausforderungen der Zeit immer weniger
gewachsen" bejahten 56 Prozent. In Kommunen unter 5.000 Einwohnern
erwarteten sogar 66 Prozent der Befragten von der Politik kaum noch
Lösungen.