"Auch wenn es hässlich ist" - Maas gegen Demonstrationsverbote für Pegida

Erstveröffentlicht: 
26.12.2015

Außenminister Steinmeier und Justizminister Maas haben erneut dazu aufgerufen, entschlossen gegen Fremdenfeindlichkeit vorzugehen. Während Maas mehr Zivilcourage fordert, das Versammlungsrecht verteidigt und die institutionelle Gleichstellung des Islam mit christlichen Kirchen vorantreiben will, warnte der Außenminister vor allem vor einer Instrumentalisierung der Flüchtlingspolitik in Wahlkämpfen und vor "geistigen Brandstiftern".

 

Bundesjustizminister Heiko Maas lehnt Verbote von Demonstrationen der Pegida-Bewegung grundsätzlich ab. "Man muss ertragen, was bei Pegida oder auf anderen Demonstrationen geschieht, auch wenn es hässlich ist", sagte der SPD-Politiker im Interview mit dem Evangelischen Pressedienst. 

 

"Der Hass wäre immer noch da"

 

Das Demonstrationsrecht als kollektive Ausformung der Meinungsfreiheit gehe sehr weit, erklärte Maas. Man könne keine ganze Demonstration verbieten, wenn Einzelne sich strafbar machten. Zudem gab der Minister zu bedenken, dass ein Verbot zwar die Veranstaltung zunächst stoppen würde: "Der Hass der Menschen wäre aber leider noch immer da."

Der 49 Jahre alte Politiker wiederholte in dem Interview auch seine bereits zuvor geäußerte Aufforderung: "Die schweigende Mehrheit darf nicht länger schweigen." Fremdenfeindlichkeit sei ein Problem, das jeden angehe. Dafür brauche es keine Regierungserklärung, die Gegenrede könne in der Kneipe, auf dem Fußballplatz oder am Arbeitsplatz stattfinden: "Wir alle müssen öfter mal den Mund aufmachen."

 

Kein Problem mit Verschleierung - Maas für Verträge mit Muslimen


In dem Gespräch kritisierte Maas auch den CDU-Beschluss gegen eine Vollverschleierung muslimischer Frauen. Er sei dagegen, einzelne Aspekte zu dramatisieren. Sicher müsse deutlich werden, dass Frauen selbst entscheiden können. Solange dies aber der Fall sei, habe er kein Problem mit Kopftuch oder Verschleierung. Wo jemand genötigt werde, sei die Grenze überschritten.

Die CDU hatte sich auf ihrem Parteitag in Karlsruhe in einem Beschluss gegen die Vollverschleierung von Frauen ausgesprochen, ein zunächst diskutiertes Burka-Verbot dann aber fallengelassen.

Maas drängte in dem Interview auch auf ein Vorankommen bei der Gleichstellung muslimischer Gemeinden mit christlichen Kirchen: "Staatsverträge könnten ein wichtiger Schritt sein, um den Platz des Islam in der Mitte unserer Gesellschaft zu stärken."

So könne etwa die Ausbildung von islamischen Theologen an deutschen Universitäten noch breiter geregelt werden, meinte der Minister. Das sei besser, "als wenn der Unterricht in Hinterhof-Moscheen durch Imame geschieht, die möglicherweise ganz andere Vorstellungen von Grundrechten haben als wir."

Der Justizminister sieht aber auch eine "Bringschuld" der muslimischen Verbände. "Damit der Staat Verträge schließen kann, müssen sich die Muslime noch besser mitgliedschaftlich organisieren", sagte er. Gerade in der aktuellen Situation hätten sie eine besondere Verantwortung, fundamentalistische Auswüchse dürften in keiner Gemeinde verharmlost werden. 

 

Steinmeier warnt vor "geistiger Brandstiftung"


Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte vor einer Instrumentalisierung der Flüchtlingspolitik in Wahlkämpfen. Die Zunahme rechter Gewalt zeige, wie gefährlich es sei, mit dem Thema auf Stimmenfang zu gehen. "Aus meiner Sicht ist das auch Ergebnis geistiger Brandstiftung", sagte Steinmeier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Der Außenminister bezeichnete es zugleich aber als verständlich, dass "Menschen hierzulande besorgt sind und sich fragen, ob wir es schaffen können, all die Flüchtlinge auch zu integrieren". 

 

Umfrage: Deutsche sind skeptisch


Während Politik und Wirtschaft vor allem die Chancen der Zuwanderung betonen, zeigt eine aktuelle Umfrage erneut, dass die Bevölkerung skeptischer ist. So versprechen sich etwa von der Aufnahme der Flüchtlinge nur wenige Deutsche positive Effekte. In einer repräsentativen Befragung des Ipsos-Instituts für den Zukunftsforscher Horst Opaschowski aus Hamburg stimmten lediglich 16 Prozent der dabei Befragten der Aussage zu: "Die Flüchtlingswelle wird uns mehr wirtschaftliche Chancen als Probleme bringen."

Nur wenig mehr Deutsche glauben demnach, dass sich das Bild des Landes in der Welt verbessern wird. Die Aussage "Deutschland wird durch die Aufnahme der vielen Flüchtlinge an Ansehen in der Welt gewinnen" befürworteten in der Befragung nur 20 Prozent, im Osten zwölf und im Westen 22 Prozent. Merheitlich wird außerdem die Politik für überfordert gehalten. Die Aussage "Die Politiker sind den Herausforderungen der Zeit immer weniger gewachsen" bejahten 56 Prozent. In Kommunen unter 5.000 Einwohnern erwarteten sogar 66 Prozent der Befragten von der Politik kaum noch Lösungen.