Letzte Pegida-Kundgebung des Jahres
Das Pegida-Bündnis hat am Montagabend zum letzten Mal in diesem Jahr in Dresden demonstriert. Die stationäre Kundgebung fand am Königsufer auf der Neustädter Elbseite statt, gegenüber der Altstadt, wo sich auf dem Theaterplatz Pegida-Gegner zu einer Veranstaltung des Bündnisses "Herz statt Hetze" versammelten. Insgesamt waren sieben Kundgebungen in Dresden angemeldet worden. Die Polizei war mit knapp 2.600 Beamten im Einsatz, um Zusammenstöße zu verhindern. Unterstützung kam aus acht Bundesländern sowie von der Bundespolizei.
Gesang auf beiden Seiten
Wie schon im Vorjahr umrahmte Pegida
die letzte Kundgebung vor Weihnachten musikalisch. Es wurden
Weihnachtslieder gesungen. Doch auch die Gegenseite setzte diesmal
Gesang zur Vermittlung ihrer Botschaft ein.
Noch vor den
Pegida-Anhängern erhob der Chor der Dresdner Semperoper seine Stimmen
und verkündete die von Beethoven vertonte "Ode an die Freude" Friedrich
Schillers mit ihrer zentralen Aussage "Alle Menschen werden Brüder, wo
Dein sanfter Flügel weilt." Im Anschluss gab es weitere Gesangs- und
Instrumentalbeiträge von Ensemblemitgliedern der Semperoper und des
Staatsschauspiels, einer Schülerband und weiteren Künstlern. Der
Initiative "Durchgezählt" zufolge hatten sich hier bereits 3.000 bis
4.000 Menschen versammelt, als der Pegida-Versammlungsort noch verwaist
war. Erst kurz vor Veranstaltungsbeginn strömten die Anhänger zum
Königsufer. "Durchgezählt" schätzte ihre Zahl auf 6.000 bis 8.000.
Beim
Bündnis "Dresden Nazifrei" lief ein bunter Musik-Mix vom Band. Er soll
auf unterhaltsame Art die Vielfalt der Kulturen auf der Welt
verdeutlichen. Das Bündnis hatte seine eigene Kundgebung kurz vor Beginn
abgesagt und dazu aufgerufen, sich der vor dem Bahnhof Dresden-Neustadt
stattfindenden antifaschistischen Kundgebung anzuschließen. Dort hatten
sich am frühen Abend nach Angaben des Bündnisses etwa 1.000 Menschen
versammelt. Sie versuchten entgegen den Versammlungsauflagen, einen
Demonstrationszug zu formieren und in die Nähe der Pegida-Veranstaltung
zu laufen. Die Polizei unterband diesen Versuch jedoch.
Versöhnlichkeit am einen, Unerbittlichkeit am anderen Elbufer
Auf dem Theaterplatz trugen die Kundgebungsteilnehmer bunte Schilder mit
Aufschriften wie "Refugees welcome", "Für Weltoffenheit", "Für
Menschlichkeit" und "Presse willkommen. Ich möchte informiert sein".
Eine Vertreterin des Bündnisses "Herz statt Hetze" sagte mit Blick auf
vorangegangenen Pegida-Kundgebungen auf dem Theaterplatz, von diesem Ort
solle einmal etwas anderes ausgehen als Hetze. Der Dresdner
Superintendent Christian Behr rief zu Nächstenliebe und
Dialogbereitschaft auf. "Keine Gewalt" müsse das Motto sein. Dazu gehöre
auch eine "verbale Abrüstung". Zugleich betonte er, dass an einem
Dialog kein Weg vorbei führe, auch wenn dies mitunter schmerzhaft sei.
Weniger
friedliche Töne wurden bei der Pegida-Versammlung angeschlagen. Hier
erklärte Sprecherin Tatjana Festerling, die Kirchen hätten als letzte
moralische Instanzen versagt und würden sich wie im Dritten Reich dem
politischen Meinungsdiktat unterordnen. Zum Thema Asyl meinte sie:
"Scheiß auf Anstand". Man müsse in Deutschland nicht jeden willkommen
heißen. Festerling rief die Teilnehmer auf, Ideen für den weiteren
Widerstand gegen die Regierungspolitik zu sammeln. Auch andere Redner
griffen vor allem Bundeskanzlerin Merkel an und forderten unter Beifall
der Kundgebungsteilnehmer ihren Rücktritt.
Pegida-Hymne für guten Zweck kostenpflichtig herunterladen
Zum Ende der Versammlung teilte Bachmann den Teilnehmern noch mit,
dass die von einem Dresdner Künstler komponierte Pegida-Hymne
kostenpflichtig zum Download angeboten werde - allerdings nicht bei den
einschlägigen kommerziellen Anbietern, die abgelehnt hätten oder noch
zögern würden. Stattdessen will Pegida das Werk ab Dienstag auf die
eigenen Seiten gestellt. Von dem Erlös sollen laut Bachmann
Pegida-Demonstranten unterstützt werden deren Autos angezündet wurden
sowie ein verletzter Demo-Teilnehmer. Außerdem will das Bündnis Geld an
Obdachlosenvereine spenden - diese sollten sich melden.
Bachmann
forderte die Pegida-Anhänger auch auf, am 11. Januar 2016 zur
Legida-Kundgebung nach Leipzig zu fahren - zum ersten Jahrestag des
Schwesterbündnisses in der Stadt. Die nächste Pegida-Veranstaltung soll
am 4. Januar 2016 stattfinden.
Zwischenfälle am Rande linker Gegenkundgebung
Während es im Umfeld der Pegida-Kundgebung ruhig blieb, musste die Polizei bei den linken Gegenprotesteen mehrfach einschreiten. Nachdem sie den Demonstrationsversuch in Richtung Pegida unterbunden hatte, versuchten einige Teilnehmer immer wieder, in die Nähe des Königsufers zu gelangen. Am Albertplatz sollen Flaschen und Böller geflogen sein, zwei linke Demonstranten wurden nach Informationen von Reportern zumindest vorübergehend festgenommen. Unklar ist noch, wer für mehrere angezündete Kleider- und Papiersammelbehälter sowie brennende Mülltonnen verantwortlich ist. Zudem steckten Unbekannte auf der Altstädter Elbseite unweit der Pegida-Veranstaltung einen Pkw in Brand. Ein daneben parkendes Auto wurde durch die Flammen ebenfalls beschädigt. Die Kriminalpolizei hat nach eigenen Angaben die Ermittlungen aufgenommen.
Gericht weist Pegida-Klage ab
Am Nachmittag war Pegida mit seiner Klage gegen die Versammlungsauflagen der Stadt Dresden in erster Instanz gescheitert. Das Verwaltungsgericht Dresden wies den Antrag auf eine einstweilige Verfügung zurück. Die Behörde bestätigte die Entscheidung der Stadtverwaltung, dass das asyl- und islamfeindliche Bündnis nur eine statitionäre Versammlung am Königsufer an der Elbe abhalten darf. Ursprünglich wollte sich Pegida am Bahnhof Dresden-Neustadt treffen und von dort durch Teile des linken Szeneviertels "spazieren". Die Stadt befürchtete aber Ausschreitungen wie am 12. Dezember in der Leipziger Südvorstadt, untersagte das Pegida-Vorhaben sowie sämtliche beabsichtigten Demonstrationszüge und ließ nur stationäre Veranstaltungen in größerer Entfernung zueinander zu.
Sicherheit von Menschen geht über Versammlungsfreiheit
Das Verwaltungsgericht erklärte zwar, es sehe den von der Dresdner Stadtverwaltung angeführten Polizeinotstand nicht als gegeben an. Zugleich stimmte der Richter aber der Gefahrenprognose der Versammlungsbehörde zu, "dass das Versammlungsrecht des Antragstellers auch unter Beachtung seiner hohen Bedeutung im vorliegenden Einzelfall gegenüber der Sicherheit von Leib und Leben anderer Versammlungsteilnehmer, unbeteiligter Dritter und von Polizeikräften zurückstehen" müsse. Gegen das Urteil wurde Berufung zugelassen.
OVG Bautzen und BVerfG Karlsruhe bleiben Einsprüchen verschont
Das Pegida-Bündnis akzeptierte die Entscheidung des Dresdner
Verwaltungsgerichts und lud bei Facebook seine Anhänger zum
Weihnachtssingen an den zugewiesenen Versammlungsplatz gegenüber der
Dresdner Altstadt ein. Noch am Vormittag war angekündigt worden,
notfalls bis vors Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe zu ziehen.
Pegida-Chef Lutz Bachmann schrieb bei Facebook: "Die Klage läuft am
Verwaltungsgericht Dresden und sollte sie gegen uns beschieden werden,
geht es erst am Oberverwaltungsgericht Bautzen weiter und danach am
Bundesverfassungsgericht". Nun hat sich das Bündnis selbst den Weg nach
Bautzen gespart. Begründung: Die Stadt Dresden habe die schriftlichen
Auflagen erst Freitagmittag zugestellt und mit dieser Verzögerungstaktik
dafür gesorgt, dass die Zeit für Einsprüche nicht ausreiche.
Stattdessen kündigte Pegida eine sogenannte Feststellungsklage an, um in
Zukunft Rechtssicherheit zu haben.