Linke Burschen

Linke Burschen
Erstveröffentlicht: 
18.12.2015

Ich habe mich an dieser Stelle ja bereits mehrfach über schlagende Verbindungen und ihren Hang zum ganzjährigen Karneval lustig gemacht und meine Abneigung gegen die reaktionären Burschenschaften dieser Stadt und ihre bizarren Riten zum Ausdruck gebracht. Gerade deshalb ist es mir wichtig, heute denjenigen zu schreiben, die in den letzten Tagen mehrere Verbindungsstudenten heftig verprügelt und Steine auf ein Verbindungshaus geworfen haben.

 

(Und ich denke, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich davon ausgehe, dass sie der linken Szene zuzurechnen sind.) Habt ihr eigentlich 'ne Klatsche? Auch Burschenschafter haben ein Recht darauf, sich unversehrt in der Öffentlichkeit zu bewegen, selbst wenn sie mit Käppi und Schärpe unterwegs sind. Das kann man doof finden und sich auch gern lustig drüber machen. Wer aber als erwachsener Mensch dadurch so aggressiv wird, dass er zuhaut, hat ein erschreckendes Defizit an Frustrationstoleranz.

 

Und was soll es denn auch bringen? Denkt irgendjemand ernsthaft, dass Burschis zur Antifa konvertieren, wenn man ihnen nur tüchtig was aufs Maul haut?

 

In linksautonomen Flugblättern und Veröffentlichungen wird den reaktionären Burschenschaften ja immer wieder vorgeworfen, quasi das Konzentrat einer insgesamt patriarchalen Gesellschaftsstruktur zu sein, die es zu überwinden gilt. Aber ist man eigentlich nicht selbst ein unreflektiertes Ergebnis patriarchaler Sozialisation, wenn einem im Umgang mit Burschenschaftern nicht besseres einfällt, als sie zu verhauen? Eine machohaftere Strategie kann ich mir gar nicht vorstellen.

 

Stutzig macht mich auch, dass es überhaupt keine öffentliche Reaktion auf die Übergriffe gibt. Was wäre da wohl für ein empörter Aufschrei von Grüner Jugend und Linker Fraktion (oder wie die drei Nappel jetzt heißen) gekommen, wenn es umgekehrt gewesen wäre und die Opfer nicht als „Scheiß Burschis“, sondern als „Scheiß Zecken“ beschimpft worden wären. Da wäre sicher ein kompletter Lokalteil voll von Entrüstungen gewesen.

 

Stattdessen sabbelt uns Patrick Humke mit klassenkämpferischen Parolen die Jacke voll, kriegt es aber nicht mal hin, in den Bauausschuss zu gehen, um den unsinnigen Golfplatz endgültig zu verhindern.