Sachsen hat nicht mehr genügend Polizisten. Zu diesem Schluss kommt eine Kommission, die die Polizeireform 2020 überprüft hat, mit der eigentlich Stellen abgebaut werden sollten. Doch daran denkt jetzt keiner mehr.
Dresden. Sachsens Polizei braucht wegen der stark gestiegenen Belastungen nach Expertenmeinung mehr Personal. In einem am Montag in Dresden vorgestellten Evaluierungsbericht zur Polizeireform 2020 werden zusätzlich 1000 Stellen empfohlen. Pro Jahr sollten mindestens 550 Polizeianwärter dazu kommen, sagte der Vorsitzende der Evaluierungskommission, Landespolizeipräsident Jürgen Georgie, am Montag in Dresden bei der Übergabe des Berichts an Innenminister Markus Ulbig (CDU). Grundlage der Betrachtung sei der Stellenbedarf für das Jahr 2014 gewesen. Dieser habe nach Berechnungen der Kommission bei 13.640 Stellen gelegen, 600 mehr als aktuell vorhanden. Hinzu komme ein „Zukunftsaufschlag“ in Höhe von 400 Stellen, der sich aufgrund der aktuellen Entwicklung ergebe, sagte Georgie. Bis das Ziel von zusätzlich 1000 Polizisten erreicht sei, könnten durchaus sieben Jahre oder sogar noch mehr vergehen.
Mit dem Bericht liege eine klare Größenordnung zum Personalbedarf auf dem Tisch, sagte Ulbig. „1000 Polizisten mehr, gemessen von dem, was wir heute haben - beziehungsweise, wenn wir das Ende des (geplanten) Personalabbaus anschauen, sind das sogar 2000 Stellen mehr.“ Jetzt gelte es, den Bericht zu analysieren und nicht nur im kommenden Haushalt die Voraussetzungen für dessen Umsetzung zu schaffen. Nach Angaben der Verwaltungswissenschaftlerin Gisela Färber, die an dem Bericht mitgearbeitete, dürften die Kosten dafür bei etwa 70 bis 80 Millionen Euro pro Jahr liegen.
Die Opposition wertet den Bericht als Bestätigung ihrer Kritik an der Politik der schwarz-gelben Landesregierung. Demonstrationen, Fußballspiele und Einsätze rund um Asylunterkünfte würden die Polizei zwar stark beanspruchen, seien aber nicht die Ursache für den „Personalnotstand“, sagte der Innenexperte der Linke-Fraktion, Enrico Stange. „Die Ursache liegt Jahre zurück und heißt Polizeireform sowie Personalabbau-Beschluss von CDU und SPD von knapp 2600 Stellen im Polizeidienst.“ Sein Grünen-Kollege Valentin Lippmann sagte, die sächsische Polizei sei in den vergangenen Jahren „systematisch kaputt gespart worden“. Ulbig müsse dem Landtag nun schnellstmöglich ein Konzept vorlegen, wie er die Empfehlungen umsetzen will.
Der zusätzliche Stellenbedarf werde einer der Schwerpunkte für den nächsten Doppelhaushalt 2017/18, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Albrecht Pallas. „Falls bereits für den aktuellen Haushalt Konsequenzen notwendig sind, ist die SPD bereit dazu.“
LVZ