Räumpanzer gegen Wagenplatz-Siedler

Erstveröffentlicht: 
10.12.2015
Polizei räumt illegale Wohnkolonie in Paunsdorf

VON BASTIAN FISCHERUND KLAUS STAEUBERT

 

Am Ende ging es ganz schnell: Am Mittwoch wurde ein am Wochenende spontan entstandener Wagenplatz auf dem Gelände des SV Fortuna an der Riesaer Straße in Paunsdorf geräumt. Die Polizei war ab 7 Uhr mit einem Räumpanzer im Einsatz.

 

Der Verein habe sich nach dem Drängen der Stadt, schnellstmöglich die ursprünglichen Verhältnisse vor Ort wieder herzustellen, zu der Maßnahme gezwungen gesehen. „Wir mussten einfach reagieren“, sagte der 1. Vorsitzende Wulf Basse. Die Polizei betonte, sie habe dem Pächter lediglich dabei geholfen, das Hausrecht durchzusetzen.

 

Die Räumung selbst lief ohne Zwischenfälle ab, bestätigten alle Parteien. Die geräumten Wagen wurden vorerst auf eine kleine Ausweichfläche am Straßenrand der Riesaer Straße geschleppt, von wo der weitere Abtransport organisiert werden sollte. Die Zukunft des Wagenplatzes ist derzeit unklar..

 

Ein Vertreter des Wagenplatz-Kollektivs Mora Riesa äußerte sich enttäuscht darüber, dass die verantwortlichen Stellen nicht noch einmal das Gespräch gesucht hatten. Seit Wochenanfang stand die Stadtverwaltung mit dem SV Fortuna, dem Pächter des Grundstücks, in Gesprächen. „Wir wollten uns heute mit dem Sportamt auseinandersetzen, aber die Entscheidung war wohl schon gefallen“, so der Wagenplatz-Sprecher. Auch kritisierte er, dass die Entscheidung über das weitere Vorgehen immer wieder zwischen den verschiedenen Stellen hin und her geschoben worden sei und man nie genau gewusst habe, wer der korrekte Ansprechpartner war.

 

Zeitgleich zur Räumung fand am Gelände eine kurzfristig angemeldete, kleine Demonstration zur Unterstützung der Wagenplatzbewohner statt. Auch ein Rechtsanwalt war gemeinsam mit Linken-Politkerin Juliane Nagel vor Ort, versuchte zu vermitteln und leistete juristischen Beistand. „Mit der Räumung wurde ein negatives Exempel statuiert“, sagte Nagel. Seit mindestens 15 Jahren sei in Leipzig kein Wagenplatz mehr geräumt worden. Die Stadt habe sich einer Lösung im Sinne der Wagenplatz-Bewohner entzogen und den Pächter subtil unter Druck gesetzt. Nagel: „15 Menschen sitzen infolge dessen buchstäblich auf der Straße.“ Ob rechtliche Schritte gegen die Räumung eingeleitet werden, ließ die Landtagsabgeordnete und Stadträtin offen.

 

In ähnlichen Konflikten setzte die Stadt auf Kompromisse. In der Fockestraße etwa verhandelt sie mit einer Wagenplatz-Kommune über einen Pachtvertrag. Dem Verein Jetze Wagenplätze in der Karl-Heine-Straße besorgte sie im September einen Alternativstandort in der Saalfelder Straße. Warum nun die Räumung in Paunsdorf? Klare Worte dazu von Sportamtsleiterin Kerstin Kirmes: „Es handelt sich bei dem Grundstück um eine Fachliegenschaft des Sportamtes. Mit dem Verein SV Fortuna haben wir einen Pachtvertrag geschlossen und erwarten von ihm die Einhaltung dieses Vertrages.“ Die Spontanaktion der Wagenplatz-Leute am Wochenende wertet Kirmes als Hausfriedensbruch.

 

Ein Nachspiel hatte die Räumung am Nachmittag am Neuen Rathaus. Dort protestierten 30 Wagenplatz-Unterstützer gegen die Polizeiaktion am Morgen. Teilweise drangen sie mit Hunden ins Rathaus ein, entrollten Transparente mit der Aufschrift „Keine Polizeigewalt“ und „Recht auf Stadt“. Mit großem Polizeiaufgebot wurde die Kundgebung aufgelöst.