Erfurt. Vier von zehn Thüringern wollen keine Asylbewerberheime in unmittelbarer Nachbarschaft. Das geht aus dem aktuellen Thüringen-Monitor zu politischen Einstellungen im Land hervor, der am Dienstag in Erfurt vorgestellt wurde. Die Soziologen der Universität Jena stellten dabei fest: Je kleiner der Ort, desto größer die Ablehnung. Außerdem finden 70 Prozent der Befragten nicht, dass der Staat Asylanträge großzügiger prüfen sollte. Diese Daten wurden im Juni dieses Jahres erhoben – bevor es den großen Zustrom von Flüchtlingen gab. „Das Eis, auf dem wir gehen, ist dünner geworden“, warnte Autor und Soziologe Heinrich Best. Nach seinen Angaben ist jeder vierte Thüringer rechtsextrem eingestellt.
2014 waren es 17 Prozent. Damit erreicht Thüringen wieder den Wert von 2011. Anders als vor vier Jahren sei aktuell nur ein leichter Anstieg bei fremdenfeindlichen Haltungen zu beobachten. Best zufolge gibt es aber mehr Thüringer, die den Nationalsozialismus verharmlosen und eine nationalistische Diktatur begrüßen. Die meisten rechtsextrem eingestellten Thüringer sind laut der Studie 60 Jahre und älter. Die Autoren werten diese Zahlen als „Symptom einer Abwendung von einer politischen Ordnung und einem politischen Personal, der und dem man nicht zutraut, die Probleme der Zeit in einer die unterstellten nationalen Interessen wahrenden Weise zu lösen“.
So stimmten 62 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass es „ein hartes und energisches Durchsetzen deutscher Interessen gegenüber dem Ausland“ brauche. Zum Zeitpunkt der Umfrage unter 1000 Thüringern verhandelte Griechenland mit der Euro-Gruppe über ein neues Hilfspaket. Außerdem kamen viele Flüchtlinge aus den Balkanstaaten nach Europa. Laut der Untersuchung würde lediglich jeder dritte Thüringer an einer Demonstration gegen Ausländerfeindlichkeit teilnehmen. In den vergangenen Monaten gab es landesweit immer wieder Demonstrationen der fremdenfeindlichen Thügida-Bewegung. Seit September ruft die rechtskonservative AfD zu Kundgebungen gegen die Asylpolitik der Landes- und Bundesregierung auf. Vor allem in Erfurt folgen ihr tausende Menschen. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) betonte, die Studie gebe ein Bild über die Ängste in der Bevölkerung ab. Sie müssten nun abgebaut werden, dürften aber nicht instrumentalisiert werden. Die Landesminister befassten sich auf einer öffentlichen Kabinettssitzung mit dem Bericht. Mit Blick auf die Wiedervereinigung Deutschlands vor 25 Jahren gaben laut Studie 78 Prozent der Thüringer an, dass die Vorteile des vereinten Deutschlands überwiegen. Jeder dritte Thüringer glaubt, dass die Lebensleistungen ehemaliger DDR-Bürger heute ausreichend anerkannt werden.