Polizei-Chef über rechten Terror und kriminelle Ausländer

Erstveröffentlicht: 
20.10.2015

Chemnitz - Terrorgefahr, Kriminalitätsbekämpfung, Arbeitsbelastung der Beamten - in der MOPO spricht Polizeipräsident Uwe Reißmann (59) exklusiv Klartext.

 

Reißmann stammt aus Bayern, begann 1973 bei der Polizei. 1991 wechselte er nach Sachsen, war Leiter der Direktionen Plauen und Zwickau, bevor er 1999 Polizeichef für Chemnitz und das Erzgebirge wurde.

 

Warnung vor Radikalisierung der rechten Demo-Aktivisten

 

Terrorwarnung für Sachsen und Chemnitz! Die Radikalisierung vieler rechter Asylgegner ist für Polizeipräsident Uwe Reißmann ein Alarmsignal: „Wir stehen vor der Frage, ob einige Aktivisten vom Extremistischen ins Terroristische wechseln.“

 

Mehr verletzte Polizisten, mehr Widerstand. „Der Respekt vor dem Staat nimmt ab“, stellt Reißmann fest. Respekt vor dem Leben ebenso: „Brandanschläge gehören zu den schwersten Straftaten überhaupt.“

 

Die Lage eskaliere weiter - Galgen bei Pegida, Morddrohungen gegen Politiker und Staatsanwälte. Zudem bildeten sich feste radikale Strukturen bei den Demonstranten. Aber die Bürger könnten noch sicher sein: „Das haben wir unter Beobachtung.“

 

Gefährlicher Trend auch bei den politisch motivierten Straftaten. Zwar werde die Zahl der Fälle in diesem Jahr insgesamt sinken (2014 waren es 556, darunter 89 von links, 346 von rechts).

 

Aber: Rechte Gewaltdelikte nähmen zu.

 

Eine immer wieder geäußerte Behauptung der Asylgegner sei falsch, behauptet der Polizeichef: „Ausländer sind nicht krimineller als Deutsche.“

Ausnahme: „Es gibt unter Männern aus Nordafrika mehr Intensivtäter. Da haben wir Probleme.“ Dagegen sei „das Geschrei über kriminelle Ausländer gigantisch“. Verstärkt werde es durch falsche Gerüchte.

 

Die Einsätze in den Asylheimen, auch für die Feuerwehr, gingen deutlich zurück. „Natürlich gibt es wegen der Überfüllung und durch Alkohol immer wieder Streit“, sagt Reißmann.

 

„Aber die Wachdienste informieren uns heute früher, so dass wir schlichten können, bevor es knallt.“

 

Scharf weist Uwe Reißmann den Vorwurf zurück, die Polizei verschweige Ausländerkriminalität: „Das stimmt nicht. Aber manche Einsätze laufen verdeckt, ohne Pressemitteilung.“

 

44-Stunden-Woche für Beamte?

 

Immer mehr Demonstrationen, die Polizei steht unter Druck. Rainer Wendt (58), Bundes-Chef der Polizeigewerkschaft DPolG, sieht seine Kollegen gar vor einer „Jahrhundertaufgabe“.

 

Polizeipräsident Uwe Reißmann fordert daher mehr Beamte - zunächst durch eine längere Wochenarbeitszeit.

 

„Wir sind an der Belastungsgrenze oder darüber“, räumt der Polizeichef ein. Schuld seien die vielen Asyl-Demos, allein 24 im September.

„Da ist auch die Unterstützung durch die Bereitschaftspolizei nicht mehr so gegeben. Darum kommen die Beamten kaum zum Durchschnaufen.“

 

Zwar seien die 2000 Beamten der Direktion motiviert, „aber bei zehn Asylstandorten und Dutzenden Demos in Chemnitz tanzen wir auf 150 Hochzeiten.“

Reißmann freut sich darum über mehr Neueinstellungen durch das Land. „Aber ich brauche eine schnellere Verfügbarkeit. Mir schwebt für begrenzte Zeit eine 44- statt der 40-Stunden-Woche vor. Dafür könnten wir ein 13. Monatsgehalt zahlen.“

 

Trotz hoher Belastung sei die Sicherheit nicht in Gefahr, sagt Reißmann. „Wir müssen nur Prioritäten setzen. Bürger müssen bei einfachen Unfällen oder beim Erstatten von Anzeigen länger warten.“

 

Der Polizeipräsident ist stolz auf die hohe Aufklärungsquote seiner Leute. „Egal wie die Anforderungen sind - unser Ziel bleibt auch in Zukunft 60 plus x.“

 

Eine Unterstützung von Polizei und Sicherheitswacht durch Bürgerwehren lehnt Uwe Reißmann ab. „Wir greifen bei Straftaten durch, brauchen keine Selbstjustiz. Bürgerwehren laufen jedoch Gefahr, da hineinzugeraten.“

 

Erfolgreiche Stadhallenpark-Razzia

 

Immer mehr Autoaufbrüche in Chemnitz - jetzt will der Polizeipräsident durchgreifen: „Wir werden diese Täter jagen. Ich werde den Streifenpolizisten den Rücken frei halten, damit wir die Ganoven kriegen“, sagt Uwe Reißmann.

 

150 aufgebrochene und ausgeräumte Autos zählte die Polizei seit Anfang September in der Stadt - mehr als drei pro Tag. Viele Fälle führen die Ermittler auf die Droge Crystal - also auf Beschaffungskriminalität - zurück.

 

Die Täter sind überwiegend Deutsche. „Da müssen wir umswitchen“, sagt der Präsident. „Um die Arbeit auf der Straße zu erleichtern, wird die Sachbearbeitung im Kriminaldienst erfolgen.“

 

Stolz ist Uwe Reißmann auf die Dauerrazzia im Sommer rund um den Stadthallenpark. „Wir haben die Szene aus Kriminellen, Drogendealern und Trinkern teilweise aufgelöst, teils verdrängt - ohne einen Anstieg von Delikten in anderen Stadtteilen festzustellen. Da waren wir sehr erfolgreich.“

 

Die Polizei setze die Kontrollen fort. „In der Weihnachtszeit werden wir unsere Arbeit im Zentrum noch einmal intensivieren, damit der Advent in Chemnitz friedlich bleibt.“

 

Auch beim Kampf gegen Ladendiebstähle verzeichne die Polizei Erfolge. „Auch dank der Mitarbeit vieler Geschäftsleute“, weiß Uwe Reißmann. „Wenn weniger wertvolle Waren vor der Tür stehen, wird weniger gestohlen.“