Ein Jahr soll das jetzt schon wieder her sein, als die ersten Dresdner unter dem Namen Pegida um die Häuser zogen? Bald nachgeahmt in Leipzig von Legida, welche am 12. Januar 2015 aktiv wurde. Seither hat sich einiges vor allem in Sachsen verändert. Es brennen Asylunterkünfte, im Netz gibt es Anti-Hass-Initiativen, 16 Bürgermeister der Umgebungsgemeinden von Dresden schreiben "Es reicht" und heute nun ist Jubiläum. Für eine Bewegung, welche als "islamkritisch" begann, um sich sehr bald um alle Deutschen und die Nation zu sorgen. Während Legida heute wohl eher geschlossen nach Dresden gefahren sein dürfte, ist die Splittergruppe "Offensive für Deutschland" als "Platzhalter" in Leipzig unterwegs.
+++ DRESDEN/LEIPZIG 00:05 Uhr: Einschätzung der Polizei +++
Unterschiedlicher hätte der Abend in Leipzig und Dresden kaum laufen können. Während es im Westen Sachsens weitgehend ruhig blieb, kam es in der Landeshauptstadt zu üblen verbalen Aussetzern auf der Bühne und körperlichen Zusammenstößen auf den Straßen. Die Leipziger Polizei weist in ihrem Fazit auf zwei kleine Sitzblockaden zu Beginn des OfD-Aufzuges hin. Die größere davon wurde einfach sitzen gelassen, die kleinere mit drei Personen zum Gehen aufgefordert. Am Ende des Abends sei es dennoch zu drei Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte, einer Körperverletzung und vier Verstößen gegen das Versammlungsgesetz gekommen.
In Dresden sah das Fazit der Polizei deutlich anders aus. Hier ist von mehreren Zustammenstößen die Rede, einem Schwerverletzten, der zur Pegida-Kundgebung wollte, sowie diversen Versuchen, diese zu stören, wobei es auch zum Einsatz von Pfefferspray kam. Die Schilderungen vieler Journalisten, dass hunderte Neonazi durch Dresden ziehen und teilweise Linke und Ausländer angreifen würden, finden hingegen keine Erwähnung. Das kommt nicht unbedingt überraschend – jene Journalisten schilderten ja schließlich ebenfalls, dass dies unbemerkt von der Polizei geschehe.
In Leipzig wurden die heimkommenden Gegendemonstranten nach Angaben des Grünen-Landesvorsitzenden Jürgen Kasek mit Steinen und Messern begrüßt. Es soll Verletzte gegeben haben. Weitere Infos liegen zur Stunde nicht vor.
+++ DRESDEN 21:20 Uhr: Post für Oberbürgermeister, Ulbig und Ordnungsamt & Rücktrittswünsche +++
Pegida fühlt sich blockiert und wenn es nach Lutz Bachmann geht, soll es eine Postflut geben. In echt, mit Briefmarke und so. Bachmann fühlt sich mal wieder von den Politikern und dem Ordnungsamt betrogen, welche offenbar aus seiner Sicht dafür zuständig sind, dass in Dresden bis auf zwei Abgänge der Theaterplatz von Gegendemonstranten belegt ist.
Erstmals erlebt Pegida heute offenbar zahlenmäßig so deutlichen Widerstand, dass es nicht so leicht wird, den Platz zu verlassen. Die Polizei hat heute in Dresden Probleme, die Gegenproteste unter Kontrolle zu bringen, es dürfte dabei nicht durchgehend friedlich zugehen.
Dazu wird sicher im Nachgang noch mehr zu hören sein, bereits am Beginn der Veranstaltung hatte es Versuche gegeben, Straßen zu blockieren und die Polizei war attackiert worden.
„Ich kann mich gor ni beruhigen.“ so Bachmann soeben in der Landeshauptstadt. Und weiter: „Wir sitzen das jetzt aus, bis die dummen Kinder weggeräumt sind.“ Rechts von der Semperoper oder Richtung Schlossplatz ist der Abgang für die Pegidas möglich, welcher heute durch die Polizei begleitet werden muss. Ein Zustand, welchen Bachmann als politisch gewollt sieht. „Ulbig und Hilbert sollen zurücktreten.“ so Bachmann. Gegen 21:15 Uhr ist die Kundgebung heute beendet, zu einem Spaziergang kam es jedenfalls nicht.
+++ DRESDEN 20:49 Uhr: Bachmann erregt, Platz blockiert, engl. Defence League zu Gast +++
„Das wird ein Nachspiel haben, das ist politisch gesteuert“, so Lutz Bachmann soeben in Dresden. Der Theaterplatz sei bis auf einen kleinen Abgangspunkt komplett blockiert, die Polizei würde sich „durchkämpfen“ müssen. Das Nachspiel sieht Bachmann für die Ordnungsbehörde, welche hier Konsequenzen zu erwarten hätte.
Kleine Revidierung unsererseits. Ein „Spaziergang“ scheint nicht geplant, offenbar macht sich Bachmann eher Gedanken über die Möglichkeit für seine Gäste, nach Haus zu kommen. Einen „Ausbruch“ würde es jedoch nicht geben – man vertraue hier der Polizei.
Stattdessen spricht nun noch ein prominenter Vertreter der Englischen „Defence League“. Mit Stephen Yaxley-Lennon alias Tommy Robinson ist einer der ehemals führenden Köpfe der rechtsextremen Hooliganvereinigung von der Insel herüber gekommen. Nach Lega Nord nun also auch noch die prominentesten Ausländer- und Islamfeinde Großbritanniens – allmählich entwickelt sich der heutige „Geburtstag“ in Dresden zum extremen Hotspot Europas. Weitere Einstiegs-Informationen bei Wiki
+++ LEIPZIG 20:44 Uhr: Noch einige Eindrücke von der OfD & dem Gegenprotest +++
Während sich auch heute Abend in Dresden so ziemlich alles versammelt hat, was im weitesten Sinne als „besorgte Bürger“ gelten kann, ist die OfD in Leipzig kaum über die Zahl vom Samstag hinausgekommen. Am vorgestrigen 17. Oktober hatten sich nur knapp 100 Teilnehmer eingefunden. Der Gegenprotest ist nach derzeitigen Schätzungen mit etwa 400 Menschen in Leipzig mehrheitlich deutlicher vertreten. Hier der Moment, als die OfD gegen 20 Uhr auf den „Refugees Welcome“-Platz eintrifft.
+++ DRESDEN 20:27 Uhr: Zahlenspielereien in der Landeshauptstadt +++
Lutz Bachmann macht wieder sein beliebtes Spiel. Aus den verschiedenen Schätzungen unterschiedlicher Medien, welche derzeit von 10.000 bis 20.000 in Dresden reichen, entstehen hier unter seiner Anleitung die gewohnten „Lügenpresse“-Rufe. Auch die bislang geschätzten 14.000 Gegendemonstranten stimmen natürlich nicht. Dass, je größer eine Menge ist, auch die Fehlertoleranz steigt, ist für Bachmann entweder immer noch neu oder es ist halt das übliche Pressebashing.
Am Ende wird es sicherlich einige Stunden nach der Veranstaltung dauern, bis korrekte Videoauszählungen erneut bestätigen werden, dass die 20.000 wohl zu hoch und die 10.000 eher zu niedrig waren. Der MDR bezieht sich auf die Initiative „Durchgezählt“, welche aktuell die 20.000 Teilnehmer bei Pegida und 13.500 beim Gegenprotest meldet.
+++ DRESDEN 20:04 Uhr: Akif lässt das Hetzen nicht +++
Ein paar Erläuterungen hat er für sein neues Buch bereits parat und ein paar Zeilen auch. Akif Pirincci hat sein Publikum in Dresden gefunden. „Umvolkung“ – ein neues Buch des türkischstämmigen Autors wird derzeit von ihm selbst in Auszügen verlesen. Es könnte erneut ein Bestseller werden – aus jeder Zeile spricht die Angst vor dem Islam, fremden Menschen und vor dem Niedergang der deutschen Kultur. Mit Angst lässt sich derzeit auch immer ein gutes Geschäft machen, Pirincci nutzt die Gelegenheit und zählt in seinem neuen Buch unter Würzung mit diversen Vulgärausdrücken („Gesinnungsarschloch“) alles auf, was ihm so krank vorkommt („dahergelaufene Flüchtlingsarschlöcher“) und unterstellt mal wieder dem Islam so ziemlich alles, was man unangenehm finden kann.
Zusammenfassung des bislang Gehörten: Der Rückfall in die Barbarei stehe bevor, da die Multikulti-Scheiße (welche ihn aufgenommen hat?) und deren Vertreter sowie die grün-links-versiffte Systempresse alles dafür tun, dass der finstere Islam in Deutschland bald die Oberhand haben werde. Damit verkauft man also heute Bücher, in Dresden zeigt sich das Pegida-Publikum schwer begeistert von den angeblichen Tabubrüchen des Autors. Die durchweg (über)sexualisierte Sprache des Vorlesenden zeigt den literarischen Wert des anstehenden Buchtitels. So richtig weiß man nicht, mit welcher Körperöffnung Pirincci eigentlich kein Problem hat.
Die unausgesetzte, teils wahllos aneinander gereihte Fäkalsprache und willkürliche Rückgriffe auf das Dritte Reich oder die DDR-Diktatur des ehemaligen Katzenbuchschreibers macht das Leseerlebnis perfekt. Ein Buch für verklemmte Hysteriker steht also bald in den Bücherregalen der Republik und kann dort für gutes Geld schlechte Gefühle verstärken. Wer Akif mag weiß eben: Muslime und Flüchtlinge sind dumm, Deutsche sind grundsätzlich klug – wenn da nicht die „Volksverräter“ wären, die eine „Umvolkung“ betreiben.
Nachtrag: Der Krieg steht übrigens kurz bevor in Dresden. Wann genau, sagt nur immer seltsamerweise keiner von denen, die da eine dunkelschwarze Zukunft á la Pirincci zeichnen.
+++ LEIPZIG 19:55 Uhr: Ein Shorty bei der OfD +++
Irgendwie hat es kaum richtig begonnen, da geht es auch schon wieder dem Ende entgegen. Die OfD befindet sich bereits wieder auf dem Weg zurück zum „Refugees Welcome“-Platz. Was heute in Leipzig weniger geredet wurde, findet dafür in endlosen Ansprachen in Dresden statt.
+++ DRESDEN 19:30 Uhr: Lutz Bachmann meldet Angriff mit Metallstange +++
Irgend etwas scheint noch zu klemmen beim großen 365-Tage-Rückblick in Dresden. Stattdessen eine Wortmeldung von Lutz Bachmann, welche meldet, es habe einen Angriff auf einen Pegida-Teilnehmer mit einer Metallstange gegeben. Darüber solle die Presse nun auch berichten, vor allem der Tagesspiegel wird genannt, welcher vorab schrieb, Pegida hätte eine Mitschuld an dem Messerangriff auf die anschließend gewählte neue OBM Henriette Reker. Nach weiteren Ansprachen verkündet Bachmann nunmehr, das Pegida ab sofort eine eigene Hymne hätte. Der emotionalste Moment für Bachmann, so Bachmann.
+++ LEIPZIG 19:15 Uhr: OfD – läuft ganz rechts außen +++
Wer in den vergangenen Tagen und Wochen noch Fragen hatte, wer oder was die „Offensive für Deutschland“ ist, findet heute ein Grüppchen auf dem Ring unterwegs, welches keine Fragen mehr offen lässt. Neben den einschlägig bekannten Gesichtern fanden sich erneut heutige Aktivisten der rechtsextremen Splitterpartei „Die Rechte“ ein. Unterdessen hat die Polizei einen Blockadeversuch am Schauspiel Leipzig vereitelt und zurückgedrängt.
+++ DRESDEN 19 Uhr: Nach einigen Grußadressen gibt’s die Rückschau +++
365 Tage Pegida. Was für eine Strecke, was für eine internationale Beteiligung. Heute haben sich in Dresden wirklich fast alle nationalistischen Bewegungen von der Lega Nord über Abgesandte aus Polen, der Tschechei und anderer Länder versammelt. Ihr gemeinsamer Wille wird in den Grußadressen heute deutlich. Gegen die EU, gegen Flüchtlinge, gegen die Politik. Wegen einer technischen Panne warten nun während einer Ansprache einer seit 13 Jahren in Deutschland lebenden Polin, welche sich dafür bedankt, dass ihr keine Ausländerfeindlichkeit begegnet wäre, die Pegidas auf einen Rückblick auf 365 Tage Pegida in Dresden als Videoeinspielung.
Offenbar hält die aktuelle Rednerin es für unmöglich, dass die ihrer Meinung nach fehlende Ausländerfeindlichkeit in Deutschland auch gegenüber heute neu ankommenden Menschen gelten könnte? Sonst hätte sie wohl kaum eine erste Pegida-Demonstration am 12. September 2015 in Polen mitveranstaltet.