Drohung mit Galgen am Montagabend bei Pegida in Dresden / Staatsanwaltschaft ermittelt
VON JüRGEN KOCHINKE UND CHRISTOPH SPRINGER
Dresden.
Schon seit Wochen ist Pegida immer wieder für Negativschlagzeilen gut.
Erst waren es verbale Attacken auf Politiker, dann Faustschläge sowie
Fußtritte gegen Journalisten, und nun steht ein neuer Höhepunkt des
Trauerspiels an. Dabei geht es um jene beim Pegida-Aufmarsch am Montag
in Dresden aus Holzlatten zusammengebastelte Galgen-Attrappe - garniert
mit zwei Namen: "Reserviert - Angela "Mutti" Merkel" und "Reserviert -
Siegmar "das Pack" Gabriel". Gemeint waren damit natürlich
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie Vizekanzler Sigmar Gabriel
(SPD), wobei der Vorname des SPD-Chefs auch noch falsch geschrieben war.
Neben der Tatsache, dass diese erneute Grenzüberschreitung der
angeblich "besorgten Bürger" nun ein juristisches Nachspiel haben wird,
sorgt es für weitere Empörung.
Das gilt bundesweit, aber nicht
zuletzt auch für Sachsen. Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow (CDU)
sieht in dem präsentierten Galgen für Politiker einen neuen Höhepunkt
in der Verrohung der Demonstrationskultur. Eine "weitere Eskalation von
Sprache und Gestus auf den Demonstrationen" sei brandgefährlich, sagte
er. Die politische Debatte müsse auf dem Boden von Recht und Gesetz
bleiben. "Wo am Anfang Worte stehen, kommt es am Ende schnell zu
Entmenschlichung und Gewalt gegen Andersdenkende." Und SPD-Fraktionsvize
Henning Homann meinte: "Meinungs- und Versammlungsfreiheit bedeutet
nicht, dass man unbehelligt öffentlich zu Straftaten auffordern kann."
Das sei auf kriminelle Weise demokratiefeindlich. "Wer hier nicht klar
dagegen hält, unterstützt Pegida dabei, die moralischen Grenzen nach
rechtsaußen zu verschieben", so Homann. Ähnlich äußerten sich
Spitzenvertreter anderer Parteien, auch die AfD ging auf Distanz.
Nun aber ermittelt die Staatsanwaltschaft Dresden, allerdings noch gegen
Unbekannt. Dabei geht es um den Verdacht der Störung des öffentlichen
Friedens. Dass der Träger des Galgens noch nicht bekannt ist, liegt
daran, dass die Polizei die Attrappe bei der Kundgebung nicht
wahrgenommen hatte - teilte sie jedenfalls gestern auf Anfrage mit.
Deshalb seien auch keine Personalien erfasst worden. Grund dafür seien
die schlechte Sicht wegen der Dunkelheit, die relativ geringe Größe des
Galgens sowie die vielen Menschen auf der Straße. Erst nach dem Ende der
Veranstaltung seien sie durch Bilder darauf aufmerksam geworden und
hätten die Staatsanwaltschaft kontaktiert.
Für das Image der Stadt,
aber auch die gesamte Region ist das alles andere als förderlich. Schon
seit längerem steht Sachsen bundesweit gewissermaßen unter Beobachtung.
War das in früheren Jahren - Stichwort Neonazi-Aufmärsche zum 13.
Februar - nur sporadisch der Fall, so steigerte sich das mit dem Einzug
der NPD in den Landtag. Zwar ist die Neonazi-Fraktion zuletzt knapp an
der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, dafür sorgen nun die
Pegida-Aufmärsche für Aufsehen - und die rassistisch motivierten
Übergriffe in Meißen, Freital und Heidenau.
Jetzt kommt der
Galgen-Eklat hinzu. Während sich Politiker quer Beet empört zu Wort
meldeten, versuchte Pegida-Gründer Lutz Bachmann den Vorfall
herunterzuspielen. Der Galgen sei eine "lächerliche Bastelarbeit mit
Schreibfehlern", ließ er via Internet wissen. Begründung: Das "monströse
Teil" sei "ca 1,20 m lang, aus dünnen Latten". Und der Vorname von
Gabriel sei sowieso falsch geschrieben. Darüber hinaus zog er über das
her, was bei Pegida gern "Lügenpresse" heißt. Die Berichterstattung über
den Galgen, so Bachmann, sei eine "unfassbare Übertreibung".
Parallel dazu echauffierten sich Pegida-Anhänger im Internet über ein
Fallbeil, das im Zusammenhang mit Gabriels Namen bei der Großdemo gegen
TTIP am Wochenende in Berlin gezeigt wurde. Da werde mit zweierlei Maß
gemessen. Auf Anfrage teilte die Berliner Polizei mit, dass dieses
selbstgebaute Schafott den Beamten nicht bekannt war. Nun werde
geprüft, "ob es sich um eine Straftat handelt", so Pressesprecher Stefan
Redlich.
Gegen Bachmann ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des
Verdachts der Volksverhetzung. Anlass sind unter anderem
Facebook-Einträge des 42-Jährigen, in denen er Ausländer als "Viehzeug",
"Gelumpe" und "Dreckspack" bezeichnet hat. Außerdem läuft gegen eine
Dresdnerin ein Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung. Die 20-Jährige
hatte Merkel bei einem Besuch in Heidenau vor der Asylunterkunft im
August aufs Übelste mit vulgären Worten beschimpft.
Pegida hatte am
Montagabend nach Schätzungen bis zu 9000 Menschen versammelt. Dabei
regte Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling einen "Säxit" an - den
Austritt Sachsens aus der Bundesrepublik und der EU.