Sonderdezernat Ines: Neue Spezialeinheit aus Polizisten und Staatsanwälten
VON JüRGEN KOCHINKE
Dresden. Nach den Gewaltexzessen in
Heidenau, Meißen oder auch Freital macht Sachsen im Kampf gegen
rassistisch motivierte Straftäter ernst. In der Integrierten
Ermittlungseinheit Sachsen (Ines) wird eine spezielle Task Force aus
Staatsanwälten und Polizisten eingerichtet. Diese werde sich gezielt um
Delikte rund um Asylheime im Lande kümmern, sagte Justizminister
Sebastian Gemkow (CDU) gestern in Dresden. Derzeit sei die Stimmung arg
aufgeheizt, "extreme Ränder prallen aufeinander". Durch Verzahnung der
verschiedenen Ermittler könne besser auf diese Lage reagiert werden.
"Wir werden dadurch effektiver und effizienter", sagte der Chef des
Operativen Abwehrzentrums (OAZ), Bernd Merbitz. Entscheidender Vorteil
seien die "kurzen Wege". Dabei werden laut Gemkow zwei spezielle
Staatsanwälte installiert sowie rund acht bis zehn Polizeibeamte - "als
erster Aufschlag". In Zukunft könnten es also durchaus mehr werden. Ziel
der integrierten Einheit ist es, sachsenweite Delikte dieser Art
zentral zu bearbeiten. Damit werde der Tatsache Rechnung getragen, dass
es sich keinesfalls nur um spontane Aktionen handele, sondern um Taten
"koordinierter und organisierter Gruppen", meinte Generalstaatsanwalt
Klaus Fleischmann. "Das sind nicht nur Einzeltäter, sondern ganze
Strukturen", brachte es Merbitz auf den Punkt.
Hintergrund dieser
Aktion ist der erhebliche Anstieg fremdenfeindlicher Straftaten in den
letzten Monaten. Waren es nach Aussage von Innenminister Markus Ulbig
(CDU) im vergangenen Jahr noch insgesamt 236, so lag der Wert allein bis
Mitte September bereits bei 365. "Der Ton und die Handlungen werden
aggressiver", sagte Ulbig, und nicht zuletzt instrumentalisiere die
rechtsextreme Szene den Protest gegen Flüchtlinge im Land. Folge: Hatte
2014 noch jede 17. Straftat einen asylfeindlichen Hintergrund, so ist es
in diesem Jahr bereits jede sechste - rund zwei Drittel davon begangen
von ganz rechts außen.
Dass viel Arbeit auf die Spezialermittler
dieser "Ines 2.0" zukommen wird, steht bereits heute fest. Allein bei
den drei großen Komplexen Heidenau, Meißen und Freital gehe es um
insgesamt 120 Verfahren, meinte Merbitz - rund 40 pro Komplex.
Allerdings verwies Fleischmann darauf, dass auch ein weiterer "Komplex
Leipzig" existiere. Dieser drehe sich um die linksautonome Szene, die
immer mal randalierend durch die Messestadt zieht oder Polizeistellen
attackiert. Die Zahl der Verfahren sei hierbei allerdings "sehr viel
geringer".
Die neue Task Force wird sich lediglich um die großen
Fälle kümmern, wo vernetzte, organisierte Gruppen am Werke sind. Delikte
nach ähnlichem Muster, bei denen es sich aber erkennbar nicht um
koordinierte Aktionen handelt, werden weiter wie bisher von den normalen
Ermittlern der Polizei und Staatsanwaltschaft bearbeitet.
Dabei
dürfte sich die Lage rund um die Asylheime in den kommenden Wochen kaum
entspannen. Zwar verfügt Sachsen laut Innenminister Ulbig derzeit noch
über eine Reserve an Plätzen in den Erstaufnahmeeinrichtungen von rund
900, das werde sich aber in Kürze ändern. Grund ist, dass Asylbewerber
von Bayern aus nicht mehr in Bussen, sondern in Zügen auf die
Bundesländer verteilt werden - auch nach Sachsen.