150 neue Mitarbeiter sollen schnellstmöglich Flüchtlinge betreuen - doch Behörde bremst Interessenten aus
VON ANDREAS DEBSKI
Dresden. Diese Geschichte gleicht (mal
wieder) einem Stück aus dem Dresdner Tollhaus: Sachsens Innenminister
Markus Ulbig (CDU) verkündet vor drei Wochen den Kabinettsbeschluss,
dass in der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) des Freistaates
schnellstmöglich 150 Stellen geschaffen werden, woraufhin sich etliche
Dutzend Bewerber melden - doch jetzt stoppt die zuständige
Landesdirektion sämtliche Aktivitäten. Die zusätzlichen Mitarbeiter
sollen unter anderem bei der Erstaufnahme, bei der Verteilung und dem
Transport von Flüchtlingen sowie beim Aufbau neuer Asylunterkünfte in
Leipzig und Dresden helfen. Eine dringend notwendige Arbeit, wie der
Innenminister immer wieder betont. Nun fährt ihm allerdings die
Landesdirektion in die Parade. Nicht zum ersten Mal.
"Momentan
erreichen uns viele Anfragen zu dieser Thematik. ... Wir bitten um Ihr
Verständnis für unsere Bitte, derzeit von diesbezüglichen Rückfragen und
Initiativbewerbungen abzusehen", heißt es in einer offiziellen
Mitteilung der Behörde. Die Landesdirektion verweist auf den
Haushaltsvorbehalt zur Personalaufstockung und die ausstehende
Zustimmung durch den Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages. Doch
damit liegt die Behörde gleich doppelt daneben.
Zum Ersten: Der
entsprechende Ausschuss hat bereits in der vergangenen Woche grünes
Licht gegeben. Konkret geht es um 2,2 Millionen Euro für dieses Jahr
sowie 9,1 Millionen Euro für 2016, um die Personalaufstockung stemmen zu
können. In der Vorlage für den Landtag schreibt Finanzminister Georg
Unland (CDU) sogar: "Ich beabsichtige, diesen Antrag in vollem Umfang
stattzugeben." Darin heißt es außerdem, die "Ausbringung von 150
zusätzlichen Stellen ist unabweisbar". Auf gut Deutsch: Die Gelder sind
bereits gebunkert und stehen zum Teil auch schon seit 1. Oktober zur
Verfügung - nur, dass sich das noch nicht bis zur Führung der
Landesdirektion herumgesprochen hat.
Und zum Zweiten: Es gibt laut
Finanz- und Innenministerium durchaus schon konkrete Vorstellungen, wo
die neuen Mitarbeiter demnächst tätig werden sollen. Ebenso sieht der
Kabinettsbeschluss vom 15. September 2015 unter anderem Stellen von
Abteilungs- und Referatsleitern bis zu Serviceangestellten vor,
beschreibt Einsatzfelder wie "Aufsicht Unterbringung",
"Ausreiseorganisation" oder "Koordination Aufnahme". Selbst die künftig
zuständigen Mitarbeiter für die Erstaufnahmen in Leipzig und Dresden
sind akkurat aufgelistet. Auch davon hat die Landesdirektion in Chemnitz
offensichtlich in den letzten drei Wochen nichts mitbekommen. "Sobald
die Einstellungsmodalitäten, Einsatzorte sowie die Anforderungsprofile
der zu besetzenden Stellen feststehen, werden die Stellenangebote auf
der Homepage der Landesdirektion Sachsen veröffentlicht", wehrt die
Behörde Interessenten ab.
Ein Verhalten, das sowohl die SPD als
Regierungsfraktion als auch die Opposition die Köpfe schütteln lässt.
"Die Behörden müssen schneller und unkomplizierter handeln", kritisiert
die SPD-Innenexpertin Sabine Friedel, "die Flüchtlingssituation sollte
uns ein willkommener Anlass sein, bürokratische Hürden abzuschaffen."
Angesichts der dramatischen Situation bei der Flüchtlingsunterbringung,
wie auch bei der Registrierung und Betreuung, moniert auch Enrico
Stange, der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion: "Wer die
tatsächlich erforderliche Verkürzung von Asylverfahren will, der muss
mehr Mitarbeiter für die Zentrale Ausländerbehörde zur Verfügung
stellen." Stange nimmt die zuständige Behörde ins Gebet: "Deshalb muss
die Landesdirektion ihren Widerstand gegen neue Einstellungen, nachdem
das Kabinett die Richtung vorgegeben und der Haushaltsausschuss die
Mittel bereitgestellt hat, umgehend aufgeben und die
Bewerbungsverfahren in Gang setzen."
Das Innenministerium - als
übergeordnete Behörde der Landesdirektion - meint dagegen, eine
"Verzögerung bei der Stellenbesetzung ist nicht erkennbar". Es würden
seit längerer Zeit "Interessenbekundungsverfahren in den Behörden des
Geschäftsbereichs des Sächsischen Staatsministeriums des Innern und auch
in den anderen Ressorts" laufen. Die Frage ist allerdings, weshalb die
Landesdirektion sämtlichen Bewerbungen einen Riegel vorschiebt.