Legida? Bleibt Zeitverschwendung! - Legida erhöht die Schlagzahl: Drei Mal diese Woche laufen »besorgte Bürger« auf

Erstveröffentlicht: 
23.09.2015

»Wir sind Leipzig, Ihr Fotzen!!!« – Eindrucksvoll artikulierte die Schar Vermummter und Halbvermummter vergangene Woche ihre Islam- und Demokratiekritik. Nicht immer nur meckern, auch mal positiv formulieren! Der sprachmächtige Hool-Mob (hihi, die haben »Fotze« gesagt!) wurde beim Eintreffen von den anderen Legida-Teilnehmern laut beklatscht. Als man dann vereint die Polizeiketten überrannte, nahm man natürlich nur sein Demonstrationsrecht wahr. Man wird ja noch mal ein bisschen schieben dürfen. – »Ich bin kein Nazi, Du Volksverräter!«

 

 

Vor einem halben Jahr beschrieb ein Text unter dem Titel »Legida? Verschwende deine Lebenszeit!« an dieser Stelle die Frustration, sich jeden Montag der sinnlosen Politiksimulation namens Legida entgegenzustellen – und warum es trotzdem notwendig ist. Geändert hat sich seitdem nichts Wesentliches.

 

Nur können sie immer weniger und kürzer laufen, weil die Stadt eben nicht jede Woche 1.000 und mehr Polizisten aufbringen kann. Für Legida ist damit das Komplott schon perfekt. Sollen sie glauben, was sie wollen. Um Argumente ging es von Anfang an nie. Nun hat das tapfere Akronym-Häufchen verkündet, gleich zwei Mal die Woche wütend mit dem Fuß aufstampfen zu wollen, also jetzt Montag und Mittwoch zu schmollen.

 

War nicht Mittwoch der Tag, an dem Legida den Konsumkapitalismus boykottieren wollten? Gut, dann müssen Straßenbahnfahrscheine schon am Dienstag gekauft, muss früher Sprit zum Tanken besorgt und auch das Benzin im Auto aufgefüllt werden. Und am Samstag kommt dann noch ein überregionaler Naziaufmarsch mit Gida-Abspaltern (darunter Silvio – die Bommelmütze – Rößler) in die Stadt.

 

Ja, Aufstampfen und Schmollen. Mehr als der Trotz kleiner Egos kommt hier nicht zum Ausdruck. Am politischsten fällt noch das Vokabular aus, mit dem Legida von sich weist, rechts zu sein. Wer mit braun kontaminierten Kampfbegriffen aufläuft und sich Bürger nennt, ist eben ein braun kontaminierter Bürger. Aber von politischer Semantik muss man gar nicht anfangen, da versteht Legida sowieso nur Bahnhof. Hier tobt sich ein Kindergarten aus, der von Langeweile und Orientierungslosigkeit getrieben mit dem Kopf durch die Wand will. Um politische Artikulation geht es doch gar nicht, schaut man sich mal an, was da alles Krudes in einen Topf geworfen wird.

 

Auf die Dresdner Thesen als Minimalkonsens braucht man da auch nicht mehr verweisen. »Alles Nazis außer Mutti«: Hauptsache man hat klare Feindbilder, kann seinem Ressentiment frönen. Meinungsfreiheit bedeutet eben nicht, im Recht zu sein, und schon gar nicht, dass sich alle danach zu richten hätten. Das wäre Meinungsdiktatur. Aber das ist auch so ein Konzept, von dem Legida keinen Begriff hat. »Hier, in dieser Faschistenrepublik, können alle machen, was sie wollen«, rief vergangene Woche ein Legida-Demonstrant oder sogar ein Ordner (Video-Link, Min. 28.40). Ein anderer im selben Pulk forderte unter Anwesenheit des Legida-Kopfes Markus Johnke den Ordnungsamt-Verantwortlichen auf: »Machen Sie die Scheiß-KZ-Gitter hier weg!« (Gleicher Video-Link, Min. 25.50) Gemeint waren die Polizeiabsperrungen. Man inszeniert sich als Opfer einer »Faschistenrepublik«, dem hinter »KZ-Gittern« keine Lebensluft gelassen wird.

 

Darf’s ä bisserl mehr sein? O-Ton von der Legida-Seite, NS-Relativierung inklusive: »denn die gesamten Jahrhunderte Deutscher Kunst – Kultur und Wissenschaft sollte nicht durch 12 Jahre linksgeistesgestörten ENTGLEISENS zunichte gemacht werden ! ( wie es HEUT bereits wieder die Antifa praktiziert ) — So wie es mal die NSDAP ( National – Sozailaistische – Arbeiter – Partei ) gegen die Juden und Andersgläubige getan hat ! – und so wie es heute ALLERDINGS noch viel gefählicher die GSDAP ( Global – Sozialistische – Arbeiter – Partei ) mit Sozialismus 2.0 gegen die Eigenständigkeit der Europäischen Länder abgezogen wird und DURCH die erneute gefähliche AUSWEITUNG eines Aggressiven Sozialismus NUN ALLE EU Staaten unterwandert und in IHRER Kunst + Kultur und Wissenschaft zerlegt werden ! Das ist die Schändung Aller europäischen Länder !«

 

Kunst und Kultur? Vielleicht mal wieder mehr Nietzsche lesen: »Wenn ich mir eine Art Mensch ausdenke, die allen meinen Instinkten zuwiderläuft, so wird immer ein Deutscher draus.« Mögen sie zetern, weiterhin Droh-Mails schreiben, es ändert nichts, es nervt nur gewaltig. Und dieses 1989-Mantra. Legida kapiert ja nicht einmal, dass es damals nicht allein die Demonstrationen (ohne sie damit als unwichtig zu erklären) waren, die die DDR zu Fall brachten. Hauptsache, man hat ein Symbol. Nichts gegen Fetische, aber muss man die öffentlich ausleben? Zuviel Wagner gehört und Tolkien gelesen, ähm: geschaut? – »One Ring to rule them all, One Ring to find them, / One Ring to bring them all and in the darkness bind them.«

 

Möge der Dresdner Autor Michael Bittner Recht haben, wenn er die Gidas »Das letzte Gefecht der Rassisten« nennt: »Jene Deutschen, in denen der rassistische Wahn nur als unbewusste Furcht sitzt, werden durch die Realität kuriert. […] Schnell stellt sich bei der konkreten Begegnung der bedrohliche Zuwanderer als normaler Mensch heraus, der meist weder besser noch schlechter ist als die Einheimischen. Für die bewussten Rassisten hingegen ist die Zuwanderung existenzbedrohend. Nicht nur wird ihr Alptraum Wirklichkeit. Viel schlimmer: Ihre Ideologie wird durch diese Realität widerlegt. Denn das fröhliche Rassenchaos führt ganz und gar nicht zum prophezeiten Niedergang. Weil die Rassisten spüren, dass sie auf verlorenem Posten kämpfen, ist ihre Gegenwehr so wütend. Ihr Irrsinn kann noch viele Opfer kosten, aber siegen kann er nicht.« – Bis dahin muss es weiterheißen: Legida? Verschwende deine Lebenszeit!

 

 

Gegenprotest: 23.9., Ritterstraße, Mägdebrunnen und Wilhelm-Leuschner-Platz (jeweils angemeldtete Kundgegebungen von Leipzig nimmt Platz)
Aktuelle Infos auf der Karte http://www.google.com/maps/d/viewer?mid=zGlkMIdc1dgc.kOdI_0I2RG78

Demo der Offensive für Deutschland: 26.9., 15-18 Uhr, Augustusplatz (genauer Ort der Gegendemo steht noch nicht fest)

 

TOBIAS PRÜWER