Leipziger Flüchtlinge wehren sich gegen eine Verlegung nach Heidenau / Demonstranten verhindern den Transport
Von Matthias Puppe und Robert Nössler
Leipzig. Der geplante Umzug von 51 Flüchtlingen nach Heidenau hat
gestern Proteste in Leipzig-Connewitz ausgelöst. Vor der Asylunterkunft
in der Sporthalle der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur
(HTWK) versammelten sich Hunderte Menschen. Die Demonstranten
blockierten die Zufahrt zum Gelände, sodass der Bus, der die Flüchtlinge
nach Heidenau bringen sollte, leer wieder abfahren musste.
Die HTWK-Sporthalle sollte nach Plänen der Landesdirektion gestern
Nachmittag geräumt und die dort untergebrachten Flüchtlinge nach
Heidenau gebracht werden. Dagegen formierte sich Widerstand, auch unter
den 51 Asylbewerbern. Einige weigerten sich, in den seit Tagen von
rechtsextremen Demonstranten belagerten Baumarkt bei Dresden umzuziehen.
Nach Angaben einer Sprecherin der Landesdirektion Sachsen war die
Unterbringung der Flüchtlinge nur als vorübergehend vereinbart gewesen.
Die Zufluchtsuchenden waren nach Leipzig gebracht worden, nachdem eine
Zeltstadt in Chemnitz nach schweren Regenfällen aufgelöst werden musste.
Nach Angaben der Landesdirektion sollten die Bewohner nun wieder
ausziehen, weil die Halle baufällig ist. Das Interim sei von Vornherein
nur auf fünf Tage begrenzt gewesen. Zudem gebe es in der Halle nur
kaltes Wasser. Der Umzug nach Heidenau sei "alternativlos", da es
derzeit keine anderen freien Unterbringungsmöglichkeiten im Freistaat
gebe, erklärte Landesdirektions- sprecherin Jana Klein auf Nachfrage von
LVZ.de. Der ehemalige Baumarkt in Heidenau sei gut geschützt und die
Polizei vor Ort sei verstärkt worden. "Die Alternative ist
Obdachlosigkeit", so Klein.
Einige Asylbewerber erfuhren von dem drohenden Umzug nach Heidenau
gestern über ihre Handys, worauf sich die Nachricht in Windeseile
verbreitete. Ein Bewohner aus Pakistan sagte LVZ.de: "Wir wollen nicht
in eine Unterkunft, wo es draußen Kämpfe gibt. Wir haben Angst, zurück
in den Krieg zu kommen." Die Bilder und Videos von den Ausschreitungen
hätten ihn und seine Mitbewohner schockiert. Auch die Leipziger
Bundestagsabgeordnete Monika Lazar (Grüne) kritisierte die Pläne auf
Twittter: "Was ist das bitte für ein Schwachsinn? Geflüchtete sind in
Connewitz sicherer als in Heidenau."
Etwa 100 bis 150 Menschen versammelten sich nach Polizeiangaben mit
Plakaten zu einer Spontandemo an der Hochschul-Sporthalle im Leipziger
Süden. Laut Augenzeugen waren es mindestens 200 Demonstranten. Sie
blockierten die Abreise der Asylbewerber. "Der Bus kommt nicht auf das
Gelände", sagte eine Leipziger Polizeisprecherin. Eigentlich war dessen
Abreise für 15 Uhr geplant. Der Doppeldecker fuhr dann gegen 16 Uhr ab -
ohne Insassen.
Aufgrund der Blockade prüften die Behörden am Nachmittag nun doch, ob es
eine andere Unterbringungsmöglichkeit gibt. Nach Informationen der
Leipziger Landtagsabgeordneten Juliane Nagel (Linke) könnten die jetzt
mit 420 Menschen voll belegte Ernst-Grube-Halle und eine Unterkunft in
Grillenburg bei Tharandt (Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge)
infrage kommen. Das ist aber noch völlig offen. Wie
Bundestagsabgeordnete Monika Lazar LVZ.de bestätigte, hatte Leipzigs
Polizeipräsident Bernd Merbitz noch am gestrigen Abend entschieden, dass
alle Asylbewerber für die Nacht in der HTWK-Turnhalle bleiben.