Einladung zur Autonomen Vollversammlung

Liebe emanzipatorische und autonome AktivistInnen,

hiermit wollen wir euch herzlich zur Autonomen Vollversammlung am 13. Januar 2010 in Berlin einladen. Die AVV wird im New Yorck 59 (Bethanien) ab 19 Uhr 30 stattfinden. Gerne könnt ihr eure Themen in die AVV miteinbringen. Wir haben einige Punkte vorbereitet und hoffen auf eure aktive Teilnahme. Einen grossen Augenmerk haben wir in diesem Monat auf das Thema "Antirepressionsarbeit" gelegt.


Ein zweiter Schwerpunkt soll das Thema "Sexismus in den eigenen Strukturen" sein. An dieser Stelle wollen wir für das V.i.S.d.P. unseres letzten AVV-Flyers um Verzeihung bitten. Wir hatten den anarchistischen Vordenker Proudhon unreflektiert als Verantwortlichen angegeben und erst später bemerkt, dass Proudhon ein überzeugter Frauenfeind war. Schon allein darum halten wir es für wichtig "Sexismus in den eigenen Strukturen" zu reflektieren.

Diese Autonome Vollversammlung wird vermutlich ohne Moderation auskommen müssen, da die Organisation der AVV wie in den letzten Monaten vernachlässigt wurde. Auch darum hoffen wir, dass ihr zahlreich an der AVV teilnehmt und die nächste Autonome Vollversammlung wieder gemeinsam vorbereitet. Es wurde für den Anfang die E-Mailadresse autonome_vollversammlung@riseup.net eingerichtet, um die Organisation der AVV zu koordinieren.

Hier die geplanten Punkte und einige Gedanken dazu:

0. Sicherheitsmassnahmen

Da bei politischen Veranstaltungen ZivilpolizistInnen oft durch (offene) Observation TeilnehmerInnen einschüchtern und registrieren, wollen wir uns schon eine halbe Stunde vor der AVV (19 Uhr) im New Yorck 59 treffen und gemeinsam die Gegend um das New Yorck 59 nach ZivilpolizistInnen absuchen. Sollten sich observierende Einheiten in der Nähe aufhalten, werden wir sie dann darauf aufmerksam machen, dass sie nicht willkommen sind, sie fragen wer sie sind und was sie gerade machen. Das alles wollen wir mit einer Kamera dokumentieren. (Bringt eine Kamera mit!)

Eine zweite Gruppe kann sich ebenfalls eine halbe Stunde vor der AVV im New Yorck 59 treffen, um den Veranstaltungsraum nach Überwachungstechnik (Wanzen, versteckten Mikrophonen, etc.) abzusuchen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich TeilnehmerInnen von Vollversammlungen und Plena aus Angst vor dem Abgehört werden nicht mehr trauen das zu sagen was sie wollen. Mit einer entsprechenden Absuchung des Veranstaltungsraums wollen wir jegliche Paranoia in dieser Richtung im Keim ersticken und ein freies Reden wieder ermöglichen.

1. Vorbereitung der nächsten Autonomen Vollversammlungen

Wer schickt die Terminankündigung für die nächste AVV an den Stressfaktor? Welche Themen wollen wir auf der nächsten AVV diskutieren? (Diese Frage am Besten als letztes stellen.) Soll es ein AVV-Wiki zur Themenfindung geben? Wollen wir für die nächste AVV mit Flyern werben? Wenn ja, wer macht die Flyer? Wer verteilt die Flyer? Soll es einen zusätzlichen Text zur nächsten AVV geben? Wer schreibt und wer verschickt diesen Text? Wer räumt den Veranstaltungsraum nach der AVV auf? Wer hält ausschau nach "Zivis" vor dem Veranstaltungsraum und interveniert gegen sie? Wer durchsucht den Veranstaltungsraum vor der AVV nach Abhörtechnik? Wer kümmert sich um den Raum der nächsten AVV? Wer schreibt das Protokoll und wer veröffentlicht das Protokoll auf Indymedia? Wer moderiert diese und die nächste AVV?

Es soll wieder eine feste Vorbereitungsgruppe geben. Wann trifft sich die Vorbereitungsgruppe? Wer kümmert sich um den Raum für das Vorbereitungstreffen? Soll das Vorbereitungstreffen öffentlich angekündigt werden?

2. Antirepressionsarbeit

Verheizen wir die unerfahrenen AktivistInnen? Ob am 1. Mai oder bei anderen Demonstrationen, selten gibt es Antirepressionsarbeit vor einem Ereignis bei dem Repression zu erwarten ist. Dabei ist es so einfach auf Mobilisierungsflyer und -plakaten eine Homepageadresse drucken zu lassen, die auf eine spezielle Arbeitsgruppe der DemonstrationsorganisatorInnen bzw. auf eine etablierte Rechtshilfegruppe verweist oder für eine spätere Gefängnisdemonstration wirbt. Warum wird vor den Ereignissen bei denen Repression erwartet wird keine Solidaritätsarbeit geleistet, kein Geld organisiert, sich nicht verabredet wer die Gefangenen besucht und die Entlassenen mit einem "Prisoner Support" aufmuntert?

Warum wird mit Alkoholverkauf auf Partys Geld für Antirepressionsarbeit organisiert, wenn der Alkoholkonsum und dessen Auswirkungen von Antirepressionsgruppen bei Demonstrationen und Aktionen kritisiert wird? Und warum Partys? Gibt es keine anderen Möglichkeiten Antirepressionsarbeit (und andere politische Arbeit) zu finanzieren? Wollen wir konsumieren und feiern oder die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse verändern?

Wie können wir geplante Festnahmen und Übergriffe durch die Polizei bei Demonstrationen erkennen und abwenden? Wie können wir auf OrganisatorInnen einwirken, damit sie nicht die Antirepressionsarbeit den etablierten Antirepressionsgruppen (Rote Hilfe, Ermittlungsausschuss, Anarchist Black Cross, Out of Action) aufbürden, sondern selbst Verantwortung für ihre AktivistInnen übernehmen?

Konkret können wir uns auf der AVV zusammensetzen um u.a. folgende Antirepressionsarbeit zu organisieren:

a. Prisoner Support

Der Prisoner Support ist eine Gruppe die in Gewahrsam genommene Menschen aus den Gefangenensammelstellen abholt. Die entlassenen Menschen werden mit Essen und Trinken versorgt, der Weg zur Bahn erklärt oder die Menschen zu einem bekannten Ort gefahren, und die Möglichkeit geboten sich beim Ermittlungsausschuss abzumelden bzw. mit den VeranstalterInnen der Demonstrationen bzw. Aktionen zu vernetzen.

b. Outing von ZivilpolizistInnen

Die allseits bekannte Homepage "sondereinheit.fateback.com", auf der ZivilpolizistInnen geoutet und sich inhaltlich mit "verdeckten" ErmittlerInnen bzw. operative Spezialeinheiten auseinandergesetzt wurde, wurde abgeschaltet. Wir brauchen nun eine neue Seite auf der "Zivis" abgebildet sind und Informationen über deren Vorgehen und Organisation veröffentlicht werden.

c. Operative Antirepression

Können wir Gruppen organisieren, die Bewegungen von speziellen Einheiten (BeDo-Trupps, Beweissicherungs- und Festnahmezüge, Kommandostrukturen, usw.) der Polizei bei Demonstrationen beobachten und gegebenenfalls gegen geplante Übergriffe oder Festnahmen intervenieren, DemonstrantInnen die festgenommen werden sollen vorwarnen oder aus der Gefahrenzone bringen? Manchmal reicht es schon, sich neben den GruppenführerInnen zu stellen und zu hören was diese sagen bzw. auf wen sie deuten oder den BeDo-Trupp zu beobachten, was dieser filmt. Operative Antirepression bedeutet, die Repressionsorgane zu beobachten, ihnen zuzuhören, gesammelte Informationen an andere Organisierte weiterzugeben und dann geplante Repression zu verhindern.

d. Prozessbeobachtung

Eine Gruppe die "politische" Prozesse und aber auch "soziale" Prozesse beobachtet ist für unsere Arbeit notwendig. Politische Prozesse müssen beobachtet und dokumentiert werden, allein schon um unerfahrene AktivistInnen ein Bild vom Repressionsapparat zu vermitteln, aber auch die Angst vor der Repression zu nehmen. Angeklagte dürfen auch nicht im Gerichtssaal allein gelassen werden! Eine Beobachtung von "sozialen" Prozessen ist nicht nur menschlich wichtig, sondern kann auch Strukturen und Massnahmen der Polizei aufdecken, die für "Politische" trotz ihrer Wichtigkeit verborgen geblieben sind. So gibt es PolizistInnen von Spezialeinheiten, die z.B. in der Drogenszene und in der linken Szene ermitteln und in "sozialen" Prozessen nicht verdeckt/codiert/verkleidet/gekürzt aussagen, in "politischen" Prozessen aber verdeckt aussagen.

3. Räumung der Liebigstrasse 14

Die Liebigstrasse 14 soll geräumt werden. Seit November 2009 bestehen keine Mietverträge mehr. Können wir eine Räumung verhindern? Warum warten wir jedes Mal die Räumung ab und schlagen dann erst ein wenig krach? Was muss geschehen, dass Direkte Aktionen im Vorfeld eine Räumung für die Repressionsorgane indiskutabel oder unverantwortlich erscheinen lassen? Die Medien berichten über unsere Freiräume von Rückzugsräumen für Kriminelle und Terrornester - Wäre es nicht besser, wenn die Liebigstrasse 14 als Rückzugsraum für Direkte Aktionen dienen würde?

4. Freiräume - Woche für Kinder, behinderte Menschen und gegen Konsum

Sind wir überhaupt an Freiräumen interessiert? Warum stehen Veranstaltungsräume so häufig leer und sind verschlossen? Sind unsere Häuser kinder- und behindertenfreundlich? Zumindest die letzte Frage können wir mit einen klaren "Nein" beantworten. Wir bemerken auch, dass immer mehr konsumorientierte Menschen in unsere Projekte kommen.

Wollen wir zu einer "Woche für Kinder, behinderte Menschen und gegen Konsum in unseren Freiräumen" aufrufen? Eine Woche in der in unseren "Freiräumen" nicht geraucht wird, kein Alkohol und keine anderen Drogen verkauft und konsumiert werden. Eine Woche in der wir nach draussen gehen und behinderte Menschen in unsere Projekte einladen und ihnen den Zugang zu unseren Projekten ermöglichen. Eine Woche in der keine stumpfen (Soli-)Partys stattfinden, sondern kreative politische Dinge gemacht werden und vor allem über die bestehenden Verhältnisse diskutiert werden. (Damit sind nicht "die Yuppies und Bonzen" gemeint, sondern wir selbst und unser Verhältnis zueinander.) Eine solche Woche wäre vielleicht auch eine gut Idee um gegen die Räumung der Liebigstrasse 14 eine militante Kampagne zu organisieren und uns zugleich glaubwürdiger zu machen.

5. Sexismus- und Hierarchiedebatte

Da "unsere Szene" durch die Konsumhaltung vieler zunehmend hierarchischer wird, gewalttätige und sexistische Menschen sich immer öfter in unseren Strukturen etablieren, wollen wir Hierarchie und Sexismus in "der Szene" diskutieren. Besonders das Thema Antisexismus finden wir sehr wichtig - Obwohl erst kürzlich das Extra-Wir-Bleiben-Alle!-Plenum zum Thema Sexismus in der Brunnenstrasse 183 (sexistische Übergriffe und Sprüche, Gewalt, Bedrohungen) und der WBA-Struktur nicht einmal zehn Personen angezogen hat. Wir wollen das ändern und unser eigenes Verhalten reflektieren.

6. Angriffe von Neonazis auf linke Projekte in Neukölln

In den letzten Wochen gab es mehrere Angriffe auf linke Projekte in Berlin-Neukölln. In der Nacht zum 7. Dezember 2009 wurden beispielsweise die Scheiben des linken Cafes Galerie Olga Benario von Neonazis eingeworfen, Tage später u.a. die Jalousien des Kneipenkollektivs Tristeza mit Nazi-Sprüchen beschmiert. Wie können wir diese Angriffe verhindern?

7. FAU-Verbot

Der FAU wurde per einstweiliger Verfügung verboten sich als Gewerkschaft oder Basisgewerkschaft zu bezeichnen. Was bedeutet das Verbot für eine linke Bewegung? Wie schaffen wir es unsere Arbeit in den Betrieben zu verankern? Wie können wir die FAU unterstützen?

8. Terminankündigungen

An dieser Stelle könnt ihr eure Termine ankündigen.