Innenminister Ulbig: Zelte nur Übergangslösung / In Leipzig und Meißen kommen weitere Einrichtungen dazu
Von Christoph Springer und Jörg Schurig
Dresden/Magdeburg. Sachsen will bis zum Einbruch der kalten
Jahreszeit alle Flüchtlinge und Asylbewerber in festen Unterkünften
unterbringen. Die Menschen brauchten ein festes Dach über dem Kopf,
sagte Innenminister Markus Ulbig (CDU) gestern nach einem Besuch des
umstrittenen Zeltlagers in Dresden. Als Termin wurde Ende Oktober
genannt. Neben Gebäuden sollen dafür auch Container genutzt werden.
Am 10. August kommt in der Leipziger Friederikenstraße eine Einrichtung
mit mehr als 400 Plätzen dazu. Auch das Wohnheim der
Verwaltungsfachhochschule in Meißen soll als Flüchtlingsunterkunft
genutzt werden. Ferner erwägt Sachsen, in Absprache mit der Bundeswehr
leer stehende Kasernen für diesen Zweck zu ertüchtigen. Ulbig räumte
anfängliche Schwierigkeiten mit dem Zeltlager in Dresden ein. Die Zelte
hätten aber verhindert, dass es zu Obdachlosigkeit komme. Gleichwohl
seien sie nur eine Übergangslösung. Es habe aber jeden Tag
Verbesserungen gegeben. Container sollen nun sukzessive die Zelte
ablösen. Ulbig zufolge braucht das Zeltlager eine Außenstelle des
Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Das würde den
Betroffenen vieles erleichtern. Bislang ist das BAMF nur in Chemnitz
präsent. Die Flüchtlinge aus dem Dresdner Zeltlager müssen zur
medizinischen Erstuntersuchung und zu anderen Formalitäten deshalb
zwischen Dresden und Chemnitz pendeln.
Der Minister forderte zudem schnellere Asylverfahren. Das gelte sowohl
für Kriegsflüchtlinge mit einer "Bleibeperspektive" als auch für jene,
die vom Westbalkan kommen und keine solche Aussicht hätten. Prinzipiell
unterstützte Ulbig den Vorschlag von Bayerns Ministerpräsident Horst
Seehofer (CDU), Asylbewerber vom Balkan an Standorten zu konzentrieren.
Den Begriff "Abschiebelager" wollte Sachsens Innenminister aber nicht in
den Mund nehmen. Nach Angaben der Landesdirektion Sachsen waren allein
im Juli 4077 Flüchtlinge in den Freistaat gekommen - das ist rund ein
Viertel der Gesamtzahl von 2014 (rund 12500). In Zeltlagern gibt es
insgesamt 2000 Plätze, davon sind momentan etwa 1700 belegt. In Dresden
leben gut 1000 Menschen in Zelten, die Lage gilt als angespannt. Am
Wochenende war es hier zu einer Massenschlägerei zwischen Syrern und
Afghanen gekommen. Laut Landesdirektion gibt es keine Kapazitäten, für
jede Nation ein eigenes Camp zu errichten.
Von dem Vorschlag, noch mehr Flüchtlinge in den Osten Deutschlands zu
schicken, hält Sachsen indes nichts. Es brauche nicht noch einmal eine
Verteilungsdiskussion, Deutschland müsse diese Aufgabe gemeinsam
schultern, sagte Ulbig. Den Vorschlag hatte Baden-Württembergs
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ins Spiel gebracht. Auch
Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) lehnte den Vorstoß
aus Stuttgart ab. Die Verteilung von Flüchtlingen auf einzelne
Bundesländer nach dem Königsteiner Schlüssel mit der Orientierung an
Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft sei eine gerechte Regelung, sagte der
Magdeburger Regierungschef.