"Rausch der Zustimmung" - CDU-Mann Krauß legt beim Thema Asyl nach

Erstveröffentlicht: 
17.07.2015

Erzgebirger spielt weiter den Hardliner in der Fraktion / Kritik vom Koalitionspartner und der Opposition

 

Von jürgen kochinke


Dresden. Alexander Krauß ist allgemein als zurückhaltender Mensch bekannt. Seit nunmehr fast elf Jahren sitzt der Schwarzenberger für die CDU im sächsischen Landtag, ist wertkonservativ wie kaum ein anderer und nebenbei auch ein führender Vertreter des Arbeitnehmerflügels CDA. Im Parlament selber aber hat Krauß nur selten für Schlagzeilen gesorgt. Das hat sich jetzt gravierend geändert. Neuerdings gibt der 39-jährige Unionschrist den innenpolitischen Hardliner und Provokateur - beim Reizthema Asyl.


Ausgangspunkt dieser sonderbaren Wendung des eigentlich braven Sozialpolitikers war ein Interview unter der Überschrift "Asylbewerber ohne Ausweis müssen in den Knast". Das ist knapp drei Wochen her und hat Krauß viel Kritik, aber auch Zustimmung gebracht - nicht zuletzt in den sozialen Netzwerken, in denen jeder ungehemmt drauflos schimpfen und poltern darf. Diese unerwartete Resonanz war für ihn offenbar Grund genug, das Reizthema erneut zu spielen, wieder per Interview, wieder mit markigen Sprüchen garniert. Und dabei setzt er sogar noch eins drauf. Denn da vertritt Krauß nicht nur seine alte These, dass zwei Drittel aller Asylbewerber Wirtschaftsflüchtlinge seien, sondern er wird richtig scharf: "Da muss man harte Bandagen anlegen." So lautet der eine Merksatz von ihm, und der andere geht so: "Wer Wirtschaftsflüchtlinge aufnehmen will, kann das gern privat tun."


Erschienen ist das Interview vor wenigen Tagen in der Kreisausgabe der Freien Presse aus Chemnitz, und deshalb hat es in Dresden auch zuerst kaum einer bemerkt. Mittlerweile aber haben sich die neuen Töne des Erzgebirgers auch im Landtag herumgeschwiegen, und wieder hagelt es Kritik. Krauß ergehe sich in "Pauschalisierungen auf Pegida-Niveau", sagt Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt. Und auch Petra Zais (Grüne) legt los: "Das ist nichts weiter als eine feine Umschreibung von dem, was sonst von NPD-Seite oder Rechtspopulisten zu hören ist."


Dabei steht fest, dass es auch in der CDU-Fraktion einige klammheimliche Anhänger von Losungen à la Krauß gibt, sie sagen es halt nur nicht laut. Hinzu kommt, dass sich auch Fraktionschef Frank Kupfer vor über zwei Wochen hinter den Schwarzenberger gestellt hat. Allerdings dürfte selbst diesen Vertretern nicht entgangen sein, dass längst ein anderer Wind aus der Staatskanzlei weht. So war es Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) persönlich, der in einer beachtlichen Regierungserklärung in der vergangenen Woche erstmalig klar Position gegen populistische Parolen beim Asyl-Thema bezogen hat.


Krauß hat das offenbar wenig beeindruckt, denn das zweite Interview erschien erst danach. Was ihn umtreibt, was er eigentlich will? - für manchen liegt das Motiv auf der Hand: "Krauß befindet sich im Rausch der Zustimmung", sagt ein CDU-Abgeordneter, auch wenn der Erzgebirger sachpolitisch daneben liege. Und in der Tat dürfte genau das dahinter stehen. Nachdem Krauß elf lange Jahre im Parlament zugebracht hat und dabei nur selten auftrumpfen konnte, steht er nun mal im Mittelpunkt - in der Rolle des Volkstribuns, die so gar nicht zu ihm passt.


Dabei wird es weder ihn noch die CDU insgesamt großartig stören, dass die Opposition jetzt einen neuen Lieblingsfeind hat. Zu denken geben dürfte ihnen aber die Tatsache, dass auch der Koalitionspartner auf Distanz geht. "Der Ministerpräsident hat letzte Woche deutlich gemacht, dass auch Menschen, die nicht dauerhaft hier bleiben können, menschenwürdig zu behandeln sind", meint SPD-Fraktionschef Dirk Panter noch moderat im Ton, doch dann wird er hart: "Ich empfehle Herrn Krauß, sich die Regierungserklärung noch mal durchzulesen, bevor er sich äußert." Das ist genau dasselbe, was auch Linke-Fraktionschef Gebhardt meint.