Ein 48-Jähriger Musiklehrer hat gestanden, den Anschlag auf das Kanzleramt in der Nacht zum Donnerstag verübt zu haben. Weiterhin räumte er sieben ähnliche Taten ein. Seit August 2014 hatte er in Berlin Gebäude mit besonderer politischer Bedeutung attackiert.
Der Schaden war gering und ruft doch größere Sorge hervor. Bei dem Brandanschlag eines Rechtsextremen auf das Kanzleramt in der Nacht zu Donnerstag wurde nur ein Stück Mauer verrußt, aber dass die Tat im umzäunten und bewachten Gelände möglich war, erschreckt die Politik. Nahezu wortgleich sprechen Abgeordnete aus Koalition und Opposition von einer Sicherheitslücke. „Man wird das Sicherheitskonzept überprüfen müssen“, sagt Wolfgang Bosbach (CDU), der den Innenausschuss des Bundestages leitet. Volker Beck, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, hält es für „erklärungsbedürftig, wie jemand auf das Gelände vordringen konnte“. Es müsse geprüft werden, „ob es Defizite in der Bewachung gab“. Der Linken-Abgeordnete Frank Tempel sagte, der Innenausschuss werde beim Bundesinnenministerium einen Bericht anfordern.
In der Nacht zu Donnerstag hatte ein 48-jähriger Mann, wie berichtet, mit einer Strickleiter den Zaun um das Kanzleramt überwunden und eine Brandflasche gegen die Außenwand des Kantinentrakts geschleudert. Außerdem legte er Flugblätter einer „Deutschen Widerstandsbewegung“ ab. Der Mann kletterte über die Strickleiter wieder raus und floh mit einem Fahrrad, wurde aber von Beamten der Bundespolizei auf der nahen Moltkebrücke festgenommen. Angela Merkel hatte sich nicht im Gebäude aufgehalten.
Am Freitag schickte ein Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Tiergarten den Täter in Untersuchungshaft.
Lehrer gestand acht Brandanschläge
Der Mann aus Steglitz, nach Informationen des Tagesspiegels ein freiberuflicher Musiklehrer namens Ralph K., hat bei der Polizei acht Brandanschläge gestanden. Seit August 2014 hatte er in Berlin Gebäude mit besonderer politischer Bedeutung attackiert. Brandflaschen flogen gegen den Bundestag, gegen den Amtssitz des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue, gegen die CDU-Bundesgeschäftsstelle und nun auch gegen das Kanzleramt. Hier hatte er schon am 8. Juni versucht, über eine Strickleiter einzudringen, war dann aber verschwunden.
Er habe „ein Zeichen setzen“ wollen, sagte K. im Verhör. An den Tatorten hatte er Flugblätter hinterlassen, in denen im Namen der „Widerstandsbewegung“ gegen Migranten gehetzt wird - in gestelzter Sprache. Sicherheitsexperten gehen davon aus, dass die „Widerstandsbewegung“ nur aus K. bestand.
Die Bundespolizei äußerte sich nur knapp zu einer Sicherheitslücke im Kanzleramt. „Der Beschuldigte befand sich nur wenige Sekunden auf dem Gelände des in Rede stehenden Schutzobjektes und wurde wenige Sekunden später festgenommen“, heißt es in der Mail des Bundespolizeipräsidiums. In einer internen Mitteilung ist jedoch von zwei Minuten die Rede, die der Brandstifter im Bereich des Kanzleramtes verbrachte. Außerdem wurde er erst bei einer Nahbereichsfahndung festgenommen.