Linksautonome drohen Leipzig: "Der Aufstand wird kommen"

Erstveröffentlicht: 
17.06.2015

Offener Brief nach jüngsten Krawallen richtet sich an Spitzen von Stadt und Polizei / Verfasser kündigen weitere Aktionen an

 

Von frank döring


Es ist eine Kampfansage: Nach den schweren Krawallen am 5. Juni haben sich mutmaßliche Linksautonome mit einem offenen Brief erstmals direkt an die Spitzen von Stadt und Polizei gewandt. Im Unterschied zu einem Beitrag, der am vorigen Freitag veröffentlicht worden war (die LVZ berichtete), kommt der aktuelle Text offenbar direkt aus der Gruppe der Gewalttäter. "Vor etwas mehr als einer Woche zogen wir auf unsere unverwechselbare und unversöhnliche Art und Weise vom Johannapark Richtung Innenstadt, um dort dann Richtung Bundesverwaltungsgericht abzubiegen", so die anonymen Verfasser auf dem linken Szeneportal Indymedia, Ziel sei nicht das Stadtfest gewesen. "Unser Ziel wart ihr", so die Autoren des offenen Briefes, der sich namentlich an Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) und Polizeipräsident Bernd Merbitz sowie an den Stadtrat, die Polizei, den Verfassungsschutz, die Staatsanwaltschaft, die Gerichte und "die Parteien von rechts bis links" richtet.


Die Polizei wertet den Text als Bekennerschreiben. Dies legten der Stil und die inhaltliche Ausrichtung nahe, sagte Polizeisprecher Andreas Loepki auf LVZ-Anfrage. "Ein Zusammenhang besteht definitiv."


Nach Logik der Autonomen geht die Gewalt zuerst vom Staat und seiner Politik aus: durch Hartz IV und Einkommen unterhalb des Existenzminimums, durch die Abschiebepraxis, durch steigende Mieten und Gentrifizierung, durch eine vermeintliche Nähe zu Rechtsextremen. "Die Gewalt richtet sich gegen euch", heißt es in dem Brief. "Sie richtet sich gegen die Bullen, gegen die, die abschieben, gegen die Ausbeuter und Verdränger, gegen euch und eure Strukturen, gegen die Gerichte, die Staatsanwaltschaft, die Behörden."


Das deckt sich mit jenem Gewaltaufruf, der im Dezember 2014 mit einer Liste von 50 konkreten Angriffsobjekten in der Stadt, etwa Arbeitsamt, Ausländerbehörde, Polizeidienststellen, Gerichte, Parteien veröffentlicht worden war. Seither haben Linksextremisten zumindest einen Teil davon abgearbeitet: Es gab Anschläge auf Polizeidienststellen in Connewitz und Plagwitz, das Amtsgericht, das Gebäude der Staatsanwaltschaft, die Ausländerbehörde der Stadt Leipzig im Technischen Rathaus. Bei der bislang letzten Aktion am 5. Juni schleuderten rund 100 Vermummte Steine und Brandsätze auf Fahrzeuge und mehrere Gebäude am südlichen Innenstadtring, unter anderem das Bundesverwaltungsgericht, mehrere Polizisten wurden verletzt. "Wir hoffen, dass wir beim nächsten Mal mehr sein werden", so die Autonomen, "dass jene, die den Weg noch nicht zu uns gefunden haben, ihn finden werden und an unserer Seite stehen, wenn wir euch wieder einmal besuchen kommen." Der Text schließt mit einer düsteren Drohung: "Haltet den Blick immer auf die Dunkelheit gerichtet. Der Aufstand wird kommen."


Hinweise zur Identifizierung der Gewalttäter vom 5. Juni nimmt die Kripo unter 034196646666 entgegen.