Linksautonome Krawalle: Ulbig fordert Leipziger zum Handeln auf

Erstveröffentlicht: 
11.06.2015

Minister lehnt höhere Polizeipräsenz ab / OBM Jung kritisiert Landesregierung und verlangt Verstärkung

 

Von Andreas Debski, Björn Meine und Jürgen Kochinke


Dresden/Leipzig. Nach den linksextremistischen Ausschreitungen in Leipzig macht Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) Druck auf die Stadt: "Es ist einfach der Zeitpunkt gekommen, wo innerhalb Leipzigs eine Diskussion beginnen muss: Soll das, was sich in bestimmten Stadtteilen abspielt, wirklich zur Normalität werden?", sagte Ulbig der Leipziger Volkszeitung. Offenkundig habe es in den vergangenen Jahren eine Entwicklung gegeben, die für den Linksextremismus förderlich gewesen sei. Deshalb forderte der Innenminister: "Es ist jetzt Aufgabe von Stadt, Polizei und Bürgern, Konzepte zu entwickeln, um konsequenter gegen diese Umtriebe vorzugehen. Dabei muss man sich unter anderem überlegen, wie gewisse Bündelungen und Konzentrationen zerschlagen werden können." Mit der Soko Johannapark und einer noch intensiveren Arbeit des Verfassungsschutzes gehe der Staat nun ganz gezielt gegen die linksautonome Szene vor - doch auch die Leipziger Stadtgesellschaft müsse jetzt ihren Beitrag leisten, so Ulbig. Von 95 linksextremistischen Gewalttaten, die es in diesem Jahr bereits in Sachsen gab, fanden 81 in Leipzig statt. Das ist ein Anstieg um 50 Prozent.


Zugleich wehrte der Minister die Rufe nach mehr Polizei ab: "Populistische Forderungen bringen uns nicht weiter. Man muss auch mal ehrlich sagen: Mehr Polizeipräsenz wird die Linksextremisten kaum abhalten - diese Kriminellen nutzen gezielt und abgesprochen Lücken, die für einen Moment nicht abgedeckt sind. Wir können nicht an jeder Straßenecke Polizisten stationieren."


Leipzigs OBM Burkhard Jung (SPD) widersprach Ulbig heftig und forderte den Minister seinerseits zum Handeln auf: "Es ist doch unerträglich, dass Polizeiposten angegriffen werden und die Beamten Ewigkeiten auf Verstärkung warten müssen. Hier stimmt etwas nicht. Es ist nicht nur leichtfertig, dies im Innenministerium regelmäßig zu übersehen, es ist auch unfair den eigenen Polizisten gegenüber." Zudem wehrte sich Jung gegen den Vorwurf, die Stadt habe in Connewitz und Plagwitz ein linksextremistisches Klientel herangezüchtet. "Die jetzigen Gewalttäter haben nichts mit der Hausbesetzer-Szene der Neunziger zu tun."


Auch die Opposition konterte: Die eigentliche Gefahr für die Demokratie gehe weniger von hundert autonomen Randalierern aus als von CDU, SPD und Innenministerium, die nun auf mehr Überwachung drängten, sagte der Innenexperte der Linksfraktion, Enrico Stange. "Wer dem Überwachungsstaat Tür und Tor öffnet, weiter die Polizeipräsenz zurückfährt und jegliche Idee für eine stärkere Zivilgesellschaft vermissen lässt, der gefährdet die freiheitlich-demokratische Grundordnung." Ähnlich äußerte sich Grünen-Landeschef Jürgen Kasek. Bei den Randalierern handele es sich ganz klar um Straftäter, die verfolgt und bestraft werden müssten - "aber es ist unsinnig, so zu tun, als handele es sich dabei bereits um Terror". Vielmehr könnten diese hundert Autonomen den Rechtsstaat nicht ernsthaft in Gefahr bringen. Wer anderes behaupte, werte sie unnötig auf, so Kasek.