Streit um sächsischen Verfassungsschutz

Erstveröffentlicht: 
08.05.2015

Rechtes Terror-Netzwerk: SPD und Opposition kritisieren Geheimdienst / CDU und Innenminister verteidigen Behörde

 

Von Andreas Debski


Dresden. Nach dem Auffliegen der mutmaßlichen Neonazi-Terrorgruppe Oldschool Society (OSS) wird in Sachsen über das Landesamt für Verfassungsschutz gestritten. Während das Innenministerium und die CDU die Arbeit des Geheimdienstes loben, hagelt es von den oppositionellen Grünen und Linken wie auch von der mitregierenden SPD massiv Kritik. Der Vorwurf lautet: Die Behörde habe aus dem Versagen beim Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) offenbar nichts gelernt.


Die Rechtsextremismus-Expertin der Linken, Kerstin Köditz, sieht ideologische und konzeptionelle Parallelen zwischen der OSS und dem NSU, der über Jahre hinweg von Sachsen aus Morde und Anschläge vorbereiten konnte. "Das Versagen des Landesamtes in Bezug auf neonazistische terroristische Aktivitäten scheint chronisch. In einer Zeit, in der die Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte stark ansteigen, ist diese Sehschwäche im Wortsinn brandgefährlich", macht Köditz, zugleich Vize-Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, klar.


Ähnlich hart geht Petra Zais, die Rechtsextremismus-Expertin der Grünen, mit dem Verfassungsschutz ins Gericht: "Wenn es wieder eine Gruppe von Rechtsterroristen gibt, die hier Anschläge geplant hat, ist das ein ungeheuerlicher Vorgang. Offensichtlich ist Sachsen immer noch ein Land, in dem sich Nazis wohlfühlen." Kritisiert wird insbesondere, dass im Verfassungsschutzbericht, der ganze zwei Wochen alt ist, kein Wort von rechtsterroristischen Gefahren und zur OSS im Besonderen steht.


Selbst die SPD, die in der Landesregierung mit der CDU verbunden ist, übt kaum koalitionäre Zurückhaltung. "Die Festnahmen zeigen zwar, dass gehandelt wird - doch es gibt offensichtlich kein umfassendes Lagebild. Der Verfassungsschutz hält sich häufig im Allgemeinen auf, während die Experten vor Ort sehr genau wissen, welche Gruppierungen bestehen und deren Gefahr einschätzen können", sagt die SPD-Innenpolitikerin Sabine Friedel. Man müsse "leider den Eindruck gewinnen", dass die kleinteiligen Strukturen vom Geheimdienst kaum zu überblicken seien. "Dabei sind rechtsextreme Gruppierungen in vielen Landkreisen bekannt."


Dagegen verteidigt der CDU-Innenexperte Christian Hartmann das gescholtene Landesamt: Die Sicherheitsbehörden hätten "sensibel und professionell" reagiert. Aus den Fehlern der Vergangenheit sei eindeutig gelernt worden, steht für Hartman fest, der zugleich vor einer Stigmatisierung des Freistaates als "Hort des Rechtsextremismus" warnt. Auch Innenminister Markus Ulbig (CDU) wertet den Geheimdienst als "verlässliches Frühwarnsystem". Sachsens Verfassungsschutzchef Gordian Meyer-Plath weist schließlich den Vorwurf der Sehschwäche zurück - dass die Gruppierung nicht im aktuellen Bericht erwähnt wird, sei aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht verwunderlich. Die OSS hatte für das kommende Wochenende einen Anschlag auf ein Flüchtlingsheim in der Bornaer Region geplant.